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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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um.
    »Hier ist Euer Sohn, hoher Lord.«
    Levarda hob das Baby von ihrer Schulter in ihre Arme. Im Gegensatz zur hohen Gemahlin hatte sie noch keine Zeit gehabt, sich umzuziehen. Sie hatte die oberen Bänder ihres mintranischen Kleides gelockert, weil die Hilfestellung für die Geburt sie erhitzt hatte. Ihre Ärmel waren hochgekrempelt. Die Haare hatte sie geknotet und am Kopf mit mehreren Holzstäben fixiert. Strähnen hingen ihr ins Gesicht. Um sich flinker bewegen zu können, hatte sie einen Teil des Rockes einfach in den Taillengürtel gestopft.
    Als sie auf nackten Füßen zum hohen Lord hinübertapste, ließen sie sein irritierter Blick und die Haltung von Lord Otis innehalten, dessen Arme sich aus ihrer Verschränkung gelöst hatten.
    »Levarda!«, merkte Lady Smira auf. »Verzeiht, Gregorius, wir hatten nicht mit männlichem Besuch gerechnet.« Sie lächelte ihren Sohn an. »Jedenfalls nicht mit so großem.«
    Damit lenkte sie die Blicke ihres Mannes von Levardas nacktem Bein weg auf seinen Sohn in deren Armen.
    Der hohe Lord stand auf. »Darf ich ihn halten?«
    Vorsichtig legte Levarda das Baby in seine Arme.
    Er war kein Mann, der Energie von den Elementen besaß, doch noch nie hatte sie einen Mann so hell strahlen sehen. Sie konnte die Liebe zu seinem Sohn spüren, ebenso wie das Baby, das mit ernster Miene das Gesicht des großen Mannes musterte.
    »Kommt her, Lord Otis, und schaut Euch dieses kleine Wunder an.«
    Widerstrebend kam Lord Otis näher.
    Levarda zuckte zusammen, als sie seine Hand an ihrer Taille spürte, die ihren Rocksaum aus dem Gürtel löste. Das Kleid rutschte herunter und bedeckte ihre Beine. Er sah sie dabei nicht an. Sein Blick war mit düsterer Miene auf das Baby geheftet.
    »Er sieht Euch leider überhaupt nicht ähnlich, Mylord«, sagte er mit kalter Stimme.
    Levarda blieb beinahe das Herz stehen. Ein scharfer Blick von Lord Otis traf sie.
    »In der Tat.« Der hohe Lord runzelte die Stirn und betrachtete seinen Sohn näher.
    »Er sieht meinem Vater ähnlich«, warf Lady Smira ein.
    Die beiden Männer musterten das Gesicht, das Baby verzog weinerlich den Mund und fing an zu schreien. Hilfesuchend sah der hohe Lord Levarda an, die ihm das Kind abnahm und es schützend an ihre Brust drückte, ihm beruhigende Worte ins Ohr flüsterte und es sanft streichelte. Sie spürte den Blick aus Lord Otis‘ Augen auf ihrem Gesicht brennen, hielt ihren eigenen auf den kleinen Kopf des Neugeborenen gerichtet.
    »Ihr habt recht, Lady Smira«, lenkte der erste Offizier der Garde unvermittelt ein, »er ist Lord Blourred wie aus dem Gesicht geschnitten.«
     
    Die nächsten Wochen waren erfüllt von Besuchen und Glückwünschen für den neuen Erdenbürger und seine Mutter. Die Stadt feierte ein Freudenfest am Tag der Geburt, von dem Levarda nichts mitbekam, weil sie bei Lady Smira und dem Baby blieb, das den Namen Agilus der Dritte erhielt. Von den Hofdamen bekamen sie erzählt, wie berauschend die Feier gewesen war. Hamada schwebte im siebten Himmel, weil Lord Otis sie zum Tanz aufgefordert hatte. Levarda lächelte. Wenn er so wählte, dann hatte er es nicht besser verdient. Mit der Geburt des Thronfolgers wuchs der Druck auf Lord Otis, sich eine Frau zu wählen, das wusste Levarda vom Klatsch der Hofdamen. Auch seine Wahl schien begrenzt auf diesen Kreis zu sein, was Levarda nicht verstand, obwohl Ilana geduldig versuchte, es ihr zu erklären.
    Für sie an Lord Otis‘ Stelle wäre nur eine Hofdame in Frage gekommen, nämlich Serafina. Die unverheirateten Offiziere, mit Ausnahme von Lemar und Timbor, schienen mit ungewohntem Eifer die Gesellschaft der Damen zu suchen.
    Immer häufiger wählte Sendad Serafina als Tanzpartnerin aus. Die beiden waren sich vom Wesen her ähnlich, und Levarda hoffte, dass Sendad den Mut finden würde, sie um ihre Hand zu bitten. Vielleicht würde sie ihm, wenn sich die Gelegenheit bot, einen kleinen Schubs in diese Richtung verpassen.
     
    Lady Smira und Levarda stellten Agilus gemeinsam den Beratern des hohen Lords vor. Die hohe Gemahlin gab sich würdevoll und strahlte in ihrer Mutterrolle Selbstsicherheit aus. Nach nur acht Wochen besaß sie fast wieder ihre gewohnte Figur, war nur ein wenig fraulicher als zuvor, was ihr aber gut stand.
    Levarda konnte sehen, wie sie die Berater mit ihrer Ausstrahlung um den Finger wickelte. Ein neuer Glanz, eine neue Fröhlichkeit herrschte in der Festung, dennoch nahm Levarda daneben schemenhaft den dunklen Schatten einer drohenden

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