Liebe auf den ersten Klick
zurückzunehmen.
»Dann los«, sage ich.
»Einfach die Knie anziehen und die Beine seitlich auseinanderfallen lassen«, erklärt sie.
Ich muss zugeben, dass es ziemlich wehtut. Ich bin froh, als sie endlich fertig ist und mit der Pinzette die letzten widerspenstigen Härchen wegzupft. Alles weg bis auf ein sorgfältig geformtes Herz auf dem Venushügel. Die anschließende Behandlung der Beine und Augenbrauen ist dagegen der reinste Sonntagsspaziergang. Trotzdem ist meine Haut gerötet, geschwollen und pocht ein wenig.
»Sie haben ziemlich viele Haare«, stellt sie fest.
»Jetzt nicht mehr«, gebe ich zurück und humple breitbeinig zur Kasse.
Wann immer ich am Nachmittag zur Toilette muss, leide ich Höllenqualen. Deshalb bin ich froh, als ich um fünf Schluss machen und in den nächsten Drogeriemarkt gehen kann, um mir eine Flasche kühlendes Aloe-Vera-Gel zu kaufen.
Sobald ich nach Hause komme, rufe ich Max an.
»Hallo?«
»Hi, ich bin’s. Alles klar mit morgen?«
»Was ist mit morgen?«
»Die Hochzeit!«
»Moment mal, Baby, ich habe dir doch gar keinen Antrag gemacht.«
»Max, hör auf mit dem Unsinn. Ich rede von Janes Hochzeit, zu der du mich begleiten wirst.«
»Na gut.«
»Du hast es vergessen, stimmt’s?«
»Nein.«
»Aber den Anzug hast du?«
»Ja.«
»Also: Du ziehst ihn morgen an und wartest, bis ich dich mit dem Taxi abholen komme. Das wird so gegen zwölf sein.«
»Gut. Und was trägst du?«
»Ein Kleid, wieso?«
»Na ja, vielleicht wäre es gut, wenn wir aufeinander abgestimmt wären.«
»Aufeinander abgestimmt?«
»Na ja, ich könnte mir eine Blume in derselben Farbe wie dein Kleid ins Knopfloch stecken, damit alle sehen, dass wir zusammen sind.«
»Wir sind nicht zusammen. Ich werde morgen Rob zurückerobern.«
»Ah, stimmt ja. Erwischt.«
»Okay. Also dann, bis morgen?«
»Sofern ich die Nacht lebend überstehe.«
»Bis dann, Max.«
Ich klappe das Handy zu und lausche einen Moment lang dem Hupen und dem Verkehr auf der Straße. In der Wohnung ist es ganz still. Ich hänge das Kleid an die Schranktür und stelle die Schuhe darunter, dann schreibe ich eine Countdown-Liste für morgen und lege sie auf meine Frisierkommode. Ich gehe zwar früh ins Bett, kann aber nicht einschlafen, deshalb lese ich bis Mitternacht in meinen Ratgebern. »Hör auf die Löwin in dir!«, lautet die Botschaft in einem von ihnen. Meine Löwin ist allerdings bestenfalls ein niedliches Kätzchen.
Miau.
5
Alles nur aus Liebe
Einmal habe ich meinen Couchtisch zwei Stockwerke hinunter und in den nächsten Park getragen. Ich hatte ein komplettes Thai-Menu gekocht, habe Kissen auf dem Boden ausgebreitet und Weißwein kalt gestellt. Dann habe ich mich hingesetzt und gewartet. Irgendwann habe ich den Wein aufgemacht und den Reis an die Tauben verfüttert. Es wurde dunkel. Ich schlief ein. Er tauchte nicht auf. Und am Ende hat mir auch noch jemand die Kissen geklaut.
Maria, 34, Battersea
Ich betreibe mit meinem Freund Andy eine kleine Bäckerei. Wir sind auf diese Minikuchen mit Buchstaben darauf spezialisiert. Eines Tages habe ich das Schaufenster mit Kuchen dekoriert, die den Satz »Heirate mich, Andy« ergaben. Anfangs dachte ich, er hätte es nicht gemerkt, aber als ich später hingegangen bin, hatte er sie umgestellt. »Ja, irgendwann« stand da.
Rachel, 30, Liverpool
Rhythmisches Hämmern reißt mich aus dem Schlaf. Sonnenstrahlen dringen durch die Jalousien – offenbar herrscht perfektes Hochzeitswetter. Ich ziehe die Jalousie hoch und spähe auf die Straße hinaus. Zwei Männer mit bunten Perücken rollen Fässer auf die Straße.
Vermutlich findet irgendein Straßenfest statt. Ich ziehe meinen Seidenkimono über, tappe ins Bad und betrachte mich im Spiegel: Meine Augen wirken müde, leider jedoch nicht auf die attraktive »Ich habe die ganze Nacht durchgefeiert und mich prächtig amüsiert«-Art. Eilig klopfe ich einen Klecks kühlendes Augengel in die Haut. Mithilfe der Maske sollten Schwellungen und kleine Fältchen im Nu verschwinden – ein echtes Wundermittel! Noch dazu für 2.49 £. Beim Anblick des Kleids an der Schranktür und der Schuhe macht mein Herz einen Satz. Ich fühle mich wie eine tapfere Gladiatorin, die nervös ihre Rüstung beäugt, nur dass ich nicht weiß, gegen wen ich gleich in der Arena antreten werde.
Flüchtig stelle ich mir meine Widersacherin vor, wie sie in postkoitaler Seligkeit neben Rob im Bett liegt, ohne die geringste Sorge, die ihre hübsche glatte
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