Liebe auf den ersten Klick
auf die Küchenfliesen fallen, wo sie unter einem spektakulären Splitterregen zerbirst, trete mit dem Fuß die Kühlschranktür zu und gehe ins Bad, um mich anzuziehen.
Max ist ungewöhnlich früh dran. Er hat sich die Haare gekämmt, und als ich ihm einen Kuss auf die Wange gebe, steigt mir ein seltsam zitronenartiger Duft in die Nase. Außerdem ist er frisch rasiert, seine Jeans sind sauber, und er trägt ein Hemd, das ich noch nie vorher an ihm gesehen habe – blaue Vichy-Karos. Ich mustere ihn von oben bis unten.
»Na, sieh mal einer an!«
»Was ist? Habe ich was falsch gemacht?« Er sieht sich hektisch um, als hätte ich »Polizei!« gerufen.
»Gar nichts.« Ich lächle ihn an. »Du siehst nur richtig adrett aus.«
»Na ja, du weißt doch, Omis stehen auf so was, oder?« Sein Grinsen, bei dem sein angeschlagener Frontzahn zum Vorschein kommt, verleiht ihm etwas Piratenhaftes.
»Nur Omis?«
»Ach, halt die Klappe, Viv. Als was hast du dich heute verkleidet?«
»Ich? Als … Mädchen, das seine Wäsche nicht gewaschen hat und deshalb etwas aus dem hintersten Teil des Schranks ziehen musste.« Mir ist voll und ganz bewusst, dass mein Arsch in den alten ausgebleichten Jeans riesig aussieht und meine ärmellose Bluse eher Pennercharme als lässigen Retrochic verströmt.
»Lust auf einen Drink?«
»Hast du Whiskey da?«
»Nein. Außerdem ist es Sonntagmorgen.«
»Dann gar nichts.«
»Es gibt Champagner. Rosé-Champagner.«
»Cool.« Er folgt mir in die Küche. »Du hast mich am Freitag angerufen. Ich habe die ganze Zeit versucht zurückzurufen.« Meine Cowboystiefel knirschen auf den Scherben. Max kommentiert sie nicht. »Alles in Ordnung?«
»Ja.«
»Ehrlich? Du hast nicht danach geklungen.«
»Rob will den roten Sessel wegwerfen.«
Er nickt auf eine Art und Weise, die mir verrät, dass er nicht die leiseste Ahnung hat, wovon ich spreche.
»Ich habe ihm einen Sessel gekauft … An einem wunderschönen Herbsttag kamen wir während eines Spaziergangs bei diesem kleinen Trödelhändler vorbei. Da fiel mir zufällig die Armlehne unter einem Stoffhaufen auf. Es war so ein hübsches Tomatenrot.« Ich sehe Max an, der zu Boden blickt. »Na ja, eigentlich war er eher orange. Also baten wir den Besitzer, ihn freizuräumen, um ihn richtig sehen zu können. Und da stand er, ein perfekter alter Lehnsessel. Ich habe ihn heimlich gekauft und für Rob aufpolstern und reinigen lassen. Er fand ihn wunderschön. Und jetzt mag ihn seine neue Verlobte nicht. Er will wissen, was ich damit anstellen will.«
»Ihm in den Hintern schieben?«
»Einfach so. Was ich damit anstellen will, fragt er. Unfassbar. In dem Moment ist mir eines klar geworden. Sein Problem war gar nicht, dass er nicht heiraten wollte. Er wollte nur mich nicht heiraten.« Ich konzentriere mich mit aller Macht darauf, die Tränen niederzukämpfen, ehe ich langsam den Blick durch den Raum schweifen lasse und mir vorstelle, wie es wäre, den Sessel hier stehen zu haben. »Hier kann ich ihn nicht hinstellen. Das wäre, als würde ein riesiges Gespenst in der Ecke sitzen und mich an alles erinnern. Aber wegwerfen will ich ihn auch nicht …« Ich höre das Beben in meiner Stimme und frage mich, wieso die Frage nach diesem Sessel auf einmal so wichtig für mich ist.
»Okay. Ich hole ihn und stelle ihn bei mir unter, bis du schnallst, dass du diesen Sessel heiß und innig liebst, der Typ aber eine Riesenarschbacke ist. Dann schaffen wir ihn her und feiern eine Sesselparty.«
»O Mann. Und wie soll das gehen?«
»Eine Sesselparty? Na ja, dazu gehören du und ich und der Sessel und nicht allzu viele Klamotten …«
»Nein, das meine ich nicht. Wie soll ich kapieren, dass er eine Riesenarschbacke ist?«
Er legt mir den Arm um die Schultern. »Ach Viv. Ich verspreche dir, eines Tages wirst du so heiß und innig geliebt werden, dass es dich einen Scheiß interessiert.«
Ich lege den Kopf an seine Schulter. »Versprochen?«
»Versprochen.«
Nanas Straße liegt im Schatten der sommerlich grü nen Bäume. Der Asphalt auf dem Bürgersteig glüht vor Hitze. Nana reißt die Haustür auf und steht mit weit ausgebreiteten Armen in einem bodenlangen pfauenblauen Sommerkleid auf der Schwelle.
»Max! Max Kelly!«, ruft sie wie eine Shakespeare-Aktrice.
Er eilt an ihre Seite, legt den Arm um ihre Schultern und beginnt das Tanzbein zu schwingen. »Hallo, Eve.« Sie wirkt wie ein Kind in seiner bärenhaften Umarmung. »Wie schön, Sie zu sehen.«
»Und Sie sehen
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