Liebe auf den ersten Klick
(das wird es nicht besser machen).
6. Du sollst deine Gründe offen darlegen, dich aber nicht in sinnlose Diskussionen verstricken lassen … zum x-ten Mal.
7. Du sollst nicht um der alten Zeiten willen mit ihm ins Bett gehen, nur um danach gleich wieder Schluss zu machen.
8. Du sollst weder Geschenke noch Einladungen von jemandem annehmen, den du abservierst.
9. Du sollst weder Schimpfworte benutzen noch ihn anschreien, völlig egal, was passiert. Bleib ruhig.
10. Du sollst niemanden mit deinem Stiletto verletzen.
Wow. Gleich zwei Männer wollen mit mir zusammen sein. Wie oft habe ich davon geträumt, in so einer Situation zu sein. Na ja, nicht exakt in dieser Situation – mein Traum drehte sich eher um Ritter und ehrenvolle Zweikämpfe und so.
Aber was ich gerade erlebe, fühlt sich wesentlich weniger angenehm an, als man glauben könnte. Ich kann zwar nicht leugnen, dass es mir einen gewissen Kick gibt, aber mal ganz ehrlich – in Wahrheit komme ich mir ziemlich schäbig und verlogen vor. Wie ein Feigling.
Um Mitternacht hat Max noch eine SMS geschickt: » Halt dir den Abend morgen für mich frei, meine Schöne. Ich habe eine Überraschung für dich. M x«
Gott, ich muss ihn unbedingt treffen und ihm alles erklären. Ich muss ihm sagen, dass ich ein bisschen Zeit brauche, um mir alles in Ruhe zu überlegen. Bestimmt versteht er mich und hat Geduld.
» Ich will heute Abend mit dir essen gehen. Zieh dir etwas Hübsches an «, stand auf dem Zettel, den Rob heute Morgen hinterlassen hat.
Er war längst weg, als ich aufgewacht bin, hatte aber seinen Kulturbeutel auf den Waschbeckenrand und seine Schuhe neben die Tür gestellt, als wolle er sein Revier markieren. Ich dachte immer, wenn er zurückkäme, würde es zwischen uns genauso sein wie vorher – oder vielleicht sogar noch besser –, aber jetzt frage ich mich, ob das Ganze überhaupt funktionieren kann. Es ist nicht mehr dasselbe. Und definitiv nicht besser. Sondern merkwürdig.
Wahrscheinlich werden wir eine ganze Weile brauchen, um wieder zueinanderzufinden … falls wir tatsächlich füreinander bestimmt sind. Ich denke an Max.
Schließlich mache ich mich auf den Weg zur Arbeit. Die Straßen Londons ziehen am Busfenster vorbei. Der Himmel ist gelblich grau, es ist warm und dunstig. Gibt es irgendeine Möglichkeit, den Abend mit beiden zu verbringen? Zuerst mit Rob zu Abend essen und mich anschließend mit Max treffen? Ich rufe Max an, doch auch nach mehrmaligem Klingeln meldet sich niemand. Der Bus rumpelt am Regent’s Park mit all den Joggern vorbei. Touristen stehen am Straßenrand und warten auf den Bus für die Stadtrundfahrt. Als Nächstes erreichen wir das obere Ende der Marylebone High Street. Ich zähle die Ferraris und denke an Rob. Dann biegt der Bus in die Baker Street ein. An der nächsten Haltestelle steige ich aus. Auf dem Weg ins Büro komme ich zwar bei Angelo’s vorbei, verzichte jedoch auf einen Kaffee – heute steht gleich als Erstes ein Meeting mit den Einkäufern auf dem Programm – und überquere zwei weitere Straßen. Im Vorbeigehen werfe ich einen prüfenden Blick in die dunklen verglasten Eingangstüren – eigentlich hatte ich ja den klassischen Audrey-Hepburn-Look im Auge gehabt, doch nun frage ich mich, ob das Halstüchlein nicht ein klein wenig übertrieben ist.
In letzter Sekunde hechte ich in den Aufzug und ent locke den Leuten, die bereits gewartet hatten, einen frustrierten Seufzer. Ein Mann mit struppigem Haar hämmert auf die Türschließtaste ein, als spucke sie Banknoten aus. Ich werfe einen entschuldigenden Blick in die Runde und entdecke Michael. Er steht da, eng gegen Miss Bojes fleischigen Arm gepresst, und grinst mich kaugummikauend an. Als der Aufzug in seinem Stockwerk stehen bleibt, registriere ich mit Entsetzen, dass er ihren Schenkel drückt, ehe er sich nickend in einer Patschouliwolke an mir vorbeischiebt. Ich wende mich Miss Boje zu, die ebenfalls lächelt – auf ihren Zähnen klebt Lippenstift in der Farbe von geronnenem Blut.
»Hi, Viv. Zwölfter Stock, richtig?«
Alle Blicke richten sich auf mich.
»Das Meeting? Ja, genau.«
Dann richten sie sich auf Miss Boje.
»Hoffen wir mal, dass es etwas zu futtern gibt!«, tönt sie. Nickend studiere ich die Aufzugknöpfe und sehe zu, wie die Zahlen im Zeitlupentempo von der 2 zur 10 schalten und der Aufzug immer leerer wird. Schließlich steigen wir im zwölften Stock aus. Miss Boje trippelt auf ihren erstaunlich winzigen, in roten Samtpumps
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