Liebe ist der größte Schatz
Art, wie sie sich in Gesellschaft bewegte.
Sie hatte das Mitleid in Wellinghams Miene gesehen, als sein Blick über die verschlissene Spitzenbordüre an ihren Handschuhen und ihrem schlecht sitzenden Kleid geschweift war. Emerald seufzte unhörbar und bemühte sich, einen klaren Kopf zu bewahren. „Sie denken, ich habe Geheimnisse?“, brachte sie aufgesetzt gleichmütig hervor.
„Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie nicht vom Lande kommen, sondern aus Jamaika.“
Sie lachte und ärgerte sich noch im selben Moment über ihr unüberlegtes Gebaren. „Ihre Quelle scheint zuverlässig zu sein. Ich bin nach England gereist, um mich um den Nachlass meines Vaters zu kümmern.“
„War Ihr Vater ein Gelehrter?“
Gütiger Himmel, dachte sie, worauf spielt er jetzt wieder an? Und woher mochte er die Information haben, dass sie aus Jamaika stammte? Zu ihrer größten Erleichterung gesellte sich in diesem Augenblick Lord Henshaw zu ihnen und richtete das Wort an sie.
„Lady Emma. Geht es Ihnen besser?“
„Oh, danke, Euer Lordschaft, ich bin komplett wiederhergestellt.“ Was für ein höflicher Gentleman, überlegte sie, während sie ihre Hand ausstreckte.
„Hast du gehört, was Stephen Eaton vorgestern Nacht widerfahren ist, Asher? Straßenräuber haben ihm bei den Docks aufgelauert und ihn angegriffen. Er hat eine enorme Beule am Kopf. Die Konstabler aus der Bow Street sind eifrig dabei, die Bösewichte zu finden. Es heißt, dass es der Stadt nicht besonders gut zu Gesicht steht, wenn ein Gentleman nicht mehr durch die Straßen flanieren kann, ohne ausgeraubt und niedergeschlagen zu werden.“
„Behauptet er, dass er ausgeraubt wurde?“
„Ja, obwohl ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, was er um diese Zeit an einem solchen Ort zu schaffen hatte, bedenkt man, dass er mein Haus recht spät verließ. Angeblich hat man ihm seine Uhr abgenommen, wie auch seine Pistole und einen wertvollen Ring, der mit Diamanten besetzt war, wenn ich mich nicht irre, und den er seinem Erben vermachen wollte. Er will für ein paar Monate auf Reisen gehen, um sich von dem Schock zu erholen, wie mir seine Mutter erklärte. Ich habe ihr heute Morgen einen Besuch abgestattet.“
„Ein netter Vorwand. Ich hoffe sehr, dass er sich viel Zeit nimmt, sich zu erholen. Wenn du seine Eltern siehst, übermittle den Herrschaften meine Anteilnahme und sage ihnen, dass ich mich nach seinem Befinden erkundigt habe.“
„Das werde ich tun“, gab Jack verwundert zurück. „Weiß deine Schwester von dem Unglück?“
„Meine Schwester?“
„Lucinda, ja. Sie hat des Öfteren mit Eaton getanzt – auf verschiedenen Bällen, und ich dachte, zwischen den beiden habe sich eine spezielle Freundschaft …“
Jacks Stimme war immer leiser geworden, bevor er schließlich verstummte. Ihm musste ein Licht aufgegangen sein, und er schien erkannt zu haben, dass dies weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt war, über ein Thema zu plaudern, das sich als ungemein brisant herausstellte.
Nachdem er einen besorgten Blick in Richtung Charlotte Withers geworfen hatte, wandte er sich wieder Asher zu. „Meine älteste Schwester hofft, Annabelle Graveson im nächsten Monat zu sehen, Asher. Wie geht es ihr?“
„Sehr gut“, erwiderte Asher sichtlich amüsiert, nachdem er einen Schluck von seinem Brandy genommen hatte. „Sie werden die Gravesons am nächsten Wochenende bei mir in Falder kennenlernen, Lady Emma.“
„Sind es Verwandte von Ihnen, Euer Gnaden?“
„Nein, Annabelle Graveson ist die Witwe eines Freundes meines Vaters, Gott hab ihn selig. Bevor er starb, äußerte er den Wunsch, dass ich mich um die Angelegenheiten der Dame kümmere.“
Lord Henshaw wandte sich Emerald zu. „Der alte Duke war ein Menschenfreund, und er hat Asher seine ganze Schar bedürftiger Leute vererbt.“
Asher sagte nichts darauf, doch Emma spürte, dass er nicht erbaut war von der Bemerkung seines Freundes. Plötzlich neigte Asher sich zu ihr vor und flüsterte ihr zu: „Eaton gibt vor, überfallen und ausgeraubt worden zu sein. Wie ehrlich ist Ihr Vetter?“
„So ehrlich wie ich selbst“, platzte es aus ihr heraus. „Die Zehn Gebote sind uns seit unserer Kindheit heilig.“
„Sie lügen nie?“
„Mein Vater brachte uns bei, wie wichtig es ist, aufrichtig zu sein“, erwiderte sie, während das schlechte Gewissen sich wie ein Bleigewicht auf ihren Magen zu legen schien.
Unvermittelt erlaubte Carisbrook sich die Unverfrorenheit, das
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