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Liebe läßt alle Blumen blühen

Liebe läßt alle Blumen blühen

Titel: Liebe läßt alle Blumen blühen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bar! Nach der Gewerbeordnung bin ich verpflichtet, jeden zu bedienen, der zahlen kann! Wenn aber nun die Polizei …«
    »Ich kann nur eingreifen, wenn Bondeau die öffentliche Ordnung oder Ruhe stört.«
    »Das tut er nicht.«
    »Grölt er wenigstens?«
    »Nein, nein, er säuft still vor sich hin.«
    »Spuckt er in die Gegend? Verstößt er irgendwie gegen die guten Sitten?«
    »Nichts dergleichen! Er benimmt sich mustergültig. Ich sage ja, es ist unheimlich. Was soll ich nur tun?«
    »Ich komme!«
    »Danke, Emile.«
    Aber auch Sergeant Andratte fand keinen Grund einzugreifen, als er bei Dupécheur erschien. Im Gasthaus stierte ihm Marcel Bondeau bereits volltrunken entgegen, aber er legte trotzdem, höflich die Obrigkeit grüßen, die Hand an die Stirn und lallte: »Vive la France, Sergeant!«
    Andratte schluckte. Dagegen war man machtlos. Man kann einen Menschen nicht verhaften, weil er sein Vaterland hochleben läßt. Wie alle, so blickte auch Andratte ungläubig drein, als Bondeau eine neue Flasche bestellte und das Geld dafür auf die Theke legte.
    »Geh nach Hause, Marcel!« meinte Andratte gütig. »Genug für heute!«
    »Monsieur Bondeau«, erwiderte Marcel erschreckend ruhig. »Ich heiße Monsieur Bondeau, Sergeant. Als Bürger der großen französischen Republik habe ich das Recht, mit Monsieur angeredet zu werden. Was sagten Sie bi- bitte, Sergeant?«
    Andratte schluckte einen Fluch hinunter und wurde rot.
    »Keine weiteren Worte!« Bondeau winkte ab, klopfte auf die Theke, worauf Dupécheur mit rollenden Augen die nächste Flasche hergab.
    Aus der Küche, von deren Fenster man die Straße übersehen konnte, kam Florence gelaufen. »Sie kommen!« rief sie, »Emile, ich flehe dich an: greife ein! Entferne den Kerl! Gibt es kein Gesetz, Betrunkene aufzusammeln?«
    »Nur wenn sie eine Belästigung darstellen …«
    »Ich fühle mich belästigt!« schrie Dupécheur, aber es war zu spät. Vor der Tür knirschten Bremsen, Dupécheur zuckte zusammen. »Aus! Es ist aus! Wenn man schon mal von der Polizei Hilfe verlangt …«
    »Ich habe meine Vorschriften!« bellte Andratte zurück, straffte sich, stellte sich wie eine Wand vor Bondeau und grüßte stramm.
    Raoul de Formentiére und seine beiden Gäste betraten das Lokal.
    Nun kann man von Marcel denken, was man will – meistens ist es nichts Gutes –, aber trotz Betrunkenheit und fehlender moralischer Bremse hatte er in den letzten tiefen Falten seines Herzens einen Hauch von altfranzösischer Galanterie bewahrt. Man soll es nicht glauben, aber es ist wirklich so! Über die breite Schulter des Sergeanten Andratte warf Bondeau einen Blick auf Kathinka Braun und – fühlte sich plötzlich seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen! Bisher hatte er immer Frauen oder Mädchen angepöbelt, die darauf mit einem Kreischen oder einer saftigen Gegenpöbelei antworteten, die also aus einem Milieu stammten, in dem ein Griff an den Busen nicht als Körperverletzung angesehen wird und auch vom moralischen Standpunkt aus nicht unbedingt zu den Kapitalverbrechen gezählt wird.
    Nie aber hatte bisher Marcel einer wirklichen Dame etwas Unschickliches angetan. Hier spürte er mit feinem Instinkt die Grenze. Vornehme Damen würden zutiefst beleidigt sein oder Rechtsanwälte einschalten … Die Mägde der Camargue hingegen quietschten oder konnten mit Ausdrücken schimpfen, die schon reif für eine Beichte waren. Im extremsten Fall aber traten ein paar Burschen auf den Plan und prügelten sich mit Marcel herum. Hier aber war alles anders, das sah Bondeau sofort. Es handelte sich um eine Dame von besonderer Schönheit und Vornehmheit. Zwar kniff ihm der Marquis ermunternd ein Auge zu, aber das war kein Ersatz für die Hemmung, die Bondeau überfallen hatte. Er griff zu der neuen Flasche, setzte sie an den Mund, trank einen gewaltigen Schluck und hustete dann dem Sergeanten in den dicken Nacken.
    Andratte zog die Schultern hoch, verfärbte sich, aber angesichts der hohen Herrschaften unterließ er es, herumzufahren und Bondeau zur Ordnung zu rufen.
    Dupécheur betete still in seinem Herzen um die Gnade des Herrn, diesen Tag zu überleben. Seine Frau geleitete unterdessen die Gäste an den reservierten Tisch in der Ecke des Lokals und wiederholte immer wieder, wie glücklich sie seien, daß man gerade zu ihnen zum Essen gekommen sei.
    Bondeau rülpste laut in Andrattes linkes Ohr, schob sich dann um den Sergeanten herum, bevor es dieser verhindern konnte, und schwankte ziemlich rasch aus

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