LIEBES LEBEN
wie Kohli, es nie nötig hatten, Charakter zu entwickeln. Deshalb müssen so viele Hollywoodstars zur Schönheitschirurgie greifen und beschummeln, um nicht zu altern - denn wenn sie hässlich wären, würden die Leute merken, dass sie keinen Charakter haben, und ihre Karriere wäre vorbei. Eine schlaksige Phase durchzumachen, wie Brea früher und ich scheinbar immer noch, bewirkt eine positive Charakterentwicklung - und einen Sinn für Humor. Mann, eigentlich müsste ich inzwischen Adam Sandler sein.
»Arin hat gesagt, du würdest zum Gottesdienst kommen«, sagt Kevin.
»Sie hat mich gebeten, nach dir zu schauen«, gebe ich zu und bin sogar noch mutiger. »Weißt du, warum Arin mich darum gebeten hat? Du kannst doch allein am Gottesdienst teilnehmen.« Auwei. Das war vielleicht ein bisschen unhöflich, aber ich will, dass er mir erzählt, dass Arin denkt, ich sei eine der Gemeindeleiter. Ich will wissen, was sie von mir erzählt.
Seine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, und ich habe noch nie etwas so Schönes gesehen. Vielleicht hat er doch Charakter. Mein Herz steht kurz vor der Explosion. Was mache ich falsch, dass sich die Sache bei mir nie richtig entwickelt?
Hier ein paar Fallbeispiele aus den letzten drei Liebesgeschichten:
Freund auf dem College wollte nur das Eine - und hat es überall anders scheinbar auch bekommen.
Glatzköpfiger Ingenieur mit einer Neigung zu feurigen, langhaarigen Blondinen, und jetzt ...
Umwerfender Arzt, der eigentlich bei General Hospital mitspielen sollte und:
mit meiner Freundin befreundet war,
unter einer gescheiterten Beziehung leidet
möglicherweise keinen Charakter hat.
Momentan bin ich keine Bedrohung. Kevin erholt sich gerade von einer gescheiterten Beziehung, und dabei tendiert man immer zum genauen Gegenteil der Exfreundin. Arin ist flatterhaft und kokett; ich bin bodenständig und direkt. Aber das alles wird sich schlagartig ändern, wenn Kevin mich am Donnerstag sieht. Dann sieht er die neue Ashley, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit Scarlett haben wird (nur ohne die eleganten Haare natürlich).
Kevin sieht mich immer noch prüfend an, mit seinem Hugh-Jackman-Kinn auf seine künstlerisch anmutende Faust gestützt. Er wartet darauf, dass ich etwas Tiefsinniges sage. Die Spannung ist unerträglich, und ich fühle mich wie eine Artischocke im Dampfkochtopf. Erst am Donnerstag! Möchte ich hinausschreien. Vor Donnerstag kann ich unmöglich fabelhaft aussehen!
»Tut mir leid, dass ich heute morgen im Gottesdienst nicht da war. War alles in Ordnung?«, frage ich wie eine besorgte Mutter.
Er zuckt nur mit den Achseln. »Bestens.«
Sollte ich ihn jetzt fragen, wie er Christ geworden ist? Unser Zusammensein wird allmählich wirklich ungemütlich. Ich will nicht über seine Ex sprechen. Ich will auch nicht über meinen Fall sprechen, weil ich Angst habe, dass jemand im Flugzeug sitzt, der uns belauschen könnte, und ich bezweifle, dass Kevin hören möchte, was Jennifer Lopez diese Woche getrieben hat, also fällt das People Magazin als Gesprächsstoff auch flach.
»Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragt er. Ich schüttle den Kopf.
»Hätte ich etwas Bestimmtes sagen sollen?«
Als die Leuchte, die ich bin, schüttle ich wieder nur den Kopf.
Besser gar nichts sagen, als den schlimmsten Augenblick meiner Schulzeit noch einmal zu durchleben. Als Klassensprecherin hatte man mich gebeten, bei der Abschlussfeier eine Rede zu halten, aber als ich gerade den Mund aufmachte, um etwas zu sagen, rutschte ich mit dem Fuß von der Bühne ab. Ich schlug mit dem Kinn auf das Rednerpult, verstummte vor meinen Schulkameraden und hinterließ beim Jahrgang 1990 einen bleibenden Eindruck.
»Hat Arin dir irgendetwas von mir erzählt?«, fragt Kevin mich mit leicht zusammengekniffenen Augen.
Jetzt frage ich mich wirklich, was hätte sie mir zu sagen gehabt? Ist er Fetischist und verehrt Männerfüße oder trägt Damenunterhosen?
»Arin hat gesagt, du lernst zu viel«, entgegne ich achselzuckend. »Das ist alles, was sie über dich gesagt hat. Gibt es noch etwas, das ich wissen sollte?«
»Ich konzentriere mich ganz auf eine Sache«, sagt Kevin. »Arin mag das nicht. Ich habe mich nicht genug auf sie konzentriert, aber ich will nicht, dass du denkst ...« Er hält mitten im Satz inne.
»Ich denke gar nichts, und ich werde mir jedes Urteil bis nach unserem Tag in San Francisco aufheben. Bist du mit diesen Bedingungen einverstanden?«
Oh, da ist wieder dieses Lächeln. Du
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