Liebesfluch
schon zum zweiten Mal ein, seit ich hier in Deutschland angekommen bin. Der hatte sich einen falschen Gips zugelegt und bei seinen Opfern einen auf Mitleid gemacht – und es hat mehr als vierzig Mal geklappt.
Du spinnst, Blue! Das Blut tropft dem Typen vom Knie, er ist bleich und schwitzt wie verrückt. Er ist bloß ein harmloser, verletzter Jogger.
»Ich glaube, es ist sinnvoller, hier zu warten, als zusammen den ganzen Weg zurückzuhumpeln«, sage ich dann trotzdem, denn irgendwie kann ich mein Misstrauen doch nicht ganz beiseiteschieben.
»Schade. An deiner Seite würde ich glatt bis ans Ende der Welt humpeln.«
Wow, und das sagt dieser Schönling zu mir. Obwohl mir klar ist, dass er mir schmeicheln wollte, komme ich mir jetzt doch gemein vor, ihn hier allein sitzen zu lassen, nur weil ich leicht paranoid bin.
»Das wäre mir dann doch zu weit«, sage ich lachend und dränge meine Zweifel ganz weit weg. »Also gut, probieren wir es eben einfach mal.«
»Ist das deine Kleine?«, fragt er und zeigt zum Wagen.
»Nein, spinnst du?«
»Was hast du gegen Babys?«
»Gar nichts, sonst wäre ich wohl kaum als Au-pair-Mädchen nach Deutschland gekommen«, sage ich lachend.
»Oh, du bist Au-pair? Das ist ja interessant!«, sagt er überrascht und ich bilde mir ein, in seinen Augen tatsächlich ein aufgeregtes Funkeln erkennen zu können.
»Ja. Aber abgesehen davon, dass die Kleine nicht mein Baby ist, fühle ich mich auch definitiv noch zu jung für Kinder – schließlich bin ich erst siebzehn.«
»Ich bin achtzehn – und heiße übrigens Ju, also Julius – und du?«
»Blue.«
»Echt?«
Ich nicke, wir grinsen uns an. Seine Augen werden fast ganz schwarz. Ich muss mich richtig zwingen, mich davon loszureißen.
»Okay! Ju und Blue also. Und sie, wie heißt sie?« Er zeigt auf Mia. »Lu?«
Jetzt lachen wir beide. Trotzdem finde ich es merkwürdig, dass er sich so für Mia interessiert – das ist doch irgendwie nicht normal. Kein Typ, mit dem ich jemals aus war, hat sich einem Baby freiwillig auch nur auf zehn Meter genähert.
Er stöhnt, lässt den Griff des Kinderwagens los und stützt sich wieder auf meine Schulter. »Tut mir leid, aber es fühlt sich echt fies an. Lass uns losgehen. Ich versuche es einfach, und wenn ich nicht mehr kann, dann bleibe ich sitzen und du holst Hilfe.«
Er legt seinen Arm nun komplett um meine Schulter. Grannie hat gesagt, deutsche Männer würden nicht duschen, aber das stimmt gar nicht. Fast muss ich kichern – es ist eben doch schon eine ganze Zeit her, dass Grannie jung war. Ju riecht zwar schon leicht verschwitzt, aber das mischt sich mit irgendwas Frischem und Holzigherbem, was mich ganz sehnsüchtig macht. So als ob einem der Duft von frischen Pfannkuchen in die Nase steigt und man plötzlich merkt, wie ausgehungert man ist.
Sein Arm fühlt sich hart an, voller Muskeln und bei jedem Schritt, den wir zusammen humpeln, kitzelt sein langes wuscheliges dunkelbraunes Haar meinen Hals. Und dann zieht sich von dort ein angenehmes Kribbeln bis in meinen Bauch. Dabei kenne ich ihn doch gar nicht!
Plötzlich wacht Mia auf und lacht uns an, als hätte sie etwas ungemein Witziges geträumt.
»Ist die immer so süß?«, fragt er und bleibt für einen Moment stehen. Er beugt sich zu ihr und brabbelt mit ihr.
Mia betrachtet ihn interessiert.
»So lange kenne ich sie noch nicht.«
Er stützt sich wieder stärker auf mich und versucht, ein Stöhnen zu unterdrücken, aber es gelingt ihm nicht.
»Willst du dich setzen?«
»Nein, geht schon, laufen wir weiter. Es ist nicht mehr weit.«
Ich bin so mit Kinderwagenschieben und Ju stützen beschäftigt, dass ich total erschrecke, als plötzlich ein Mountainbikefahrer an uns vorbeirast.
Ich erkenne ihn erst, als er den Kopf hebt und mich anschaut.
»Oh, hallo!«, ruft er überrascht und bremst dann so schwungvoll, dass sein Hinterrad herumgeschleudert wird.
»Kennst du den?«, fragt mich Ju flüsternd.
»Kennen, nein, aber ich hab schon mal mit ihm geredet.«
Die beiden Jungs checken sich gegenseitig ab.
»Ist dieser Typ etwa dein Lover?«, fragt Felix und klingt ziemlich enttäuscht.
Ich merke, dass ich rot werde. Wie kommt Felix dazu, so etwas Peinliches zu fragen? Der spinnt wohl!
Ju starrt mich natürlich an und wartet auf meine Erklärung.
»Nein, Ju und ich haben uns gerade eben erst kennengelernt. Er hat sich verletzt.« Ich deute auf das blutende Knie von Ju.
»Uhh, das sieht echt übel aus.« Felix’ Stimme
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