Liebeslüge, Liebesglück? (Julia) (German Edition)
es in seinen Augen.
Marisa sprang auf. „Oh nein!“, rief sie. „Ich … ich glaube, ich habe vorhin den Ofen angelassen!“ Sie rannte in die Küche.
Der Ofen war ausgeschaltet, wie ihr natürlich klar gewesen war. Doch sie hatte einfach den Bann brechen müssen, damit nicht das geschah, was gerade zum Greifen nahe gewesen war. Denn wenn Athan blieb …
Darüber durfte Marisa gar nicht nachdenken. Stattdessen ging sie zurück ins Wohnzimmer und stellte lächelnd fest, wie spät es geworden war.
Leicht amüsiert stand Athan auf, als wüsste er genau, warum sie plötzlich so betont fröhlich und hyperaktiv war. Als er an der Tür noch einmal stehen blieb, sah sie wieder dieses Glühen in seinen Augen. „Schlafen Sie gut“, sagte er leise. Sein Akzent war deutlicher zu hören als sonst – oder vielleicht nahm Marisa ihn auch nur besonders intensiv wahr.
„Danke, Sie auch“, erwiderte sie angespannt und wünschte, er würde endlich aufhören, sie so anzusehen. Dann streckte Athan plötzlich, wie in Zeitlupe, die Hand aus und strich ihr ganz leicht über die Wange.
Es war eine hauchzarte Berührung, die nur einen winzigen Moment lang gedauert hatte. Doch Marisa spürte sie noch, als Athan die Hand längst wieder hatte sinken lassen. Hilflos sah sie ihn an und bemerkte sein breites, amüsiertes Lächeln. Fast wäre sie jenen kleinen verhängnisvollen Schritt auf ihn zugegangen. Dann hätte er sie an sich gezogen und sie geküsst, das war ihr völlig klar. Doch sie tat es nicht, auch wenn es ihr unendlich schwerfiel. Stattdessen nahm sie all ihre Kraft zusammen und wich zurück. „Gute Nacht“, sagte sie.
Das Glühen in Athans Augen war verschwunden. „Gute Nacht“, erwiderte er höflich, fast ein wenig kühl. Dann nickte er ihr zu und ging.
Als Athan sein Apartment betrat, musste er sich eingestehen, dass er besorgt war.
Denn er konnte es nicht leugnen: Er begehrte Marisa Milburne. Diese wunderschöne, auf zurückhaltende Weise verführerische Frau, die er nur aufgrund der Charakterschwäche seines Schwagers kennengelernt hatte.
Dass es ihm nicht widerstreben würde, sie zu verführen, war ihm beim ersten Blick auf ihr Foto klar gewesen. Doch nun wünschte er bei jedem Treffen, sie hätte sich niemals mit Ian eingelassen – und das nicht nur um seiner Schwester
willen.
Athan wollte Marisa ganz für sich, ohne Intrigen oder irgendwelche taktischen Hintergedanken. Aber was er wollte, war nicht relevant. Es ging um Eva, das durfte er nie vergessen. Und langsam wurde die Zeit knapp. Ian und Eva würden nur kurze Zeit in den USA sein und ihm damit die Gelegenheit geben, Marisa zu verführen und seinem Schwager auszuspannen.
Genau deshalb saß er heute, zwei Tage nach dem gemeinsamen Essen, ihr gegenüber in einem Restaurant in der Nähe der Holland Park Avenue und wartete darauf, dass Marisa den weißen Umschlag öffnete, den er ihr gereicht hatte.
Zögernd betrachtete Marisa den Umschlag. Sie hatte die Essenseinladung nur widerstrebend angenommen. Denn ihr war klar, dass das mit Athan aufhören musste, bevor sie sich noch mehr darauf einließ.
Am Vortag hatte sie sich endlich mit Ian zum Mittagessen treffen können. Sein Gesichtsausdruck hatte ihr gesagt, was sie schon befürchtet hatte.
„Ich muss nach San Francisco. Leider kann niemand anders das für mich übernehmen. Anweisung von ganz oben.“
„Wie lange wirst du weg sein?“, hatte Marisa unglücklich gefragt.
„Ich weiß nicht, wahrscheinlich mindestens eine Woche. Es ist so …“ Ian hatte tief eingeatmet und leicht zerknirscht erwiderte: „Eva hatte die Idee, dass wir aus der Reise einen Urlaub machen und von San Francisco weiter nach Hawaii fliegen. Es könnten also auch gut drei Wochen oder länger werden.“
Bei dem Gedanken an Hawaii war Marisa von Neid erfüllt worden. Die Sonne … Traumstrände … Palmen …
Und sie würde in London bleiben müssen, wo das Wetter inzwischen ziemlich ungemütlich geworden war: durchdringende Kälte, Wolken und eisiger Wind. Schon auf dem kurzen Weg vom Taxi, mit dem sie und Athan ins Restaurant gefahren waren, hatte sie die Kälte gespürt.
Nun wies Athan fragend auf den Umschlag und sah Marisa mit einem Ausdruck an, den sie nicht deuten konnte.
Als sie ihn öffnete und den Inhalt herausnahm, wurden ihre Augen groß.
„Du wolltest doch irgendwohin, wo es warm ist und es einen Strand gibt.“
Sprachlos betrachtete sie den Prospekt, auf dem man Palmen, tiefblaues Meer und einen
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