Liebesmaerchen in New York
Gewohnheit zu werden. Ich habe dich geküsst, und du hast mich einfach wiedergeküsst. Da es uns beiden gefallen hat, sehe ich keinen Grund, weshalb sich einer von uns jetzt entschuldigen sollte.«
»Ich hätte es von Anfang an klarmachen sollen.« Sie machte einen Schritt zurück, stolperte wieder über einen Stapel Zeitungen und ging dann darum herum. »Ich bin Ihnen dankbar für das, was Sie für Red tun …«
»Lass um Himmels willen endlich den Jungen aus dem Spiel.«
»Das kann ich nicht.« Sie hatte diese Worte viel zu laut gesagt und war über sich selbst erschrocken. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, die Selbstkontrolle zu verlieren. »Ich erwarte nicht, dass Sie das verstehen, aber ich kann ihn da nicht herauslassen.« Sie rang um Haltung. »Ich habe kein Interesse an flüchtigem Sex. Ich muss an Red denken und an mich selbst.«
»Das ist nur fair.« Er hätte sich gern hingesetzt, um sich zu erholen, erkannte aber, dass die Situation eine Auge-in-Auge-Aussprache erforderte. »Mir war eigentlich nicht sehr flüchtig dabei zumute«, gestand er.
Das war es ja gerade, was ihr Sorgen machte. »Wir wollen es lieber vergessen.«
Zorn konnte ein erstaunliches Stimulans sein. Mitch trat vor und legte ihr die Hand unters Kinn. »Kommt überhaupt nicht infrage.«
»Ich möchte mich nicht mit Ihnen streiten. Ich meine nur, dass …« Das Klopfen an der Tür kam Hester vor wie ein Geschenk des Himmels. »Das sind die Jungen.«
»Ich weiß.« Mitch ließ sie trotzdem nicht los. »Du solltest vielleicht darüber nachdenken, ob du nicht zugunsten gewisser Wünsche, Interessen – oder was auch immer es sei – gewisse Zugeständnisse machen müsstest.« Er war nun wirklich wütend, dabei war es sonst gar nicht seine Art, so schnell aus der Fassung zu geraten. »Das Leben verlangt Kompromisse, Hester.« Er ließ sie los und öffnete die Tür.
»Es war klasse!« Mit roten Wangen und leuchtenden Augen kam Red vor Josh und dem Hund hereinmarschiert. »Wir haben ihn sogar einmal zum Rennen gekriegt – für eine Minute.«
»Nicht möglich.« Mitch bückte sich, um die Leine zu lösen. Taz keuchte vor Erschöpfung, wankte zu seinem Platz am Fenster und brach förmlich zusammen.
»Ihr müsst ja frieren.« Hester küsste Red auf die Stirn. »Zeit für eure heiße Schokolade.«
»Au ja.« Radley wandte Mitch sein strahlendes Gesicht zu. »Willst du auch welche? Mom macht sie wirklich gut.«
Die Versuchung, ihr gründlich seine Meinung zu sagen, war groß. Aber vielleicht wäre es für sie beide besser, wenn sein Zorn sich erst verflüchtigte.
»Nächstes Mal.« Er zog Red die Mütze über die Augen. »Ich habe noch zu tun.«
»Danke, dass wir Taz mitnehmen durften. Das war wirklich toll, nicht, Josh?«
»Und wie. Danke, Mr Dempsey.«
»Gern geschehen. Bis Montag, Red.«
»Okay.« Die Jungen liefen davon. Mitch sah sich nach Hester um, doch sie war schon gegangen.
4. K APITEL
Mitchell war als verwöhntes Kind reicher Eltern aufgewachsen, als ein Kind, das nach Ansicht seiner Eltern mit übermäßiger Fantasie begabt war. Wahrscheinlich war Letzteres der Grund dafür, dass er sich so spontan zu Red hingezogen gefühlt hatte. Der Junge war nicht reich und nicht einmal so verwöhnt, beide Eltern um sich zu haben, aber seine Fantasie war bemerkenswert.
Mitch war gern unter Menschen. Dennoch hatte er es immer vorgezogen, alleine zu arbeiten, am liebsten zu Hause, weil er es nicht mochte, wenn ihm jemand bei der Arbeit über die Schulter sah und seine Fortschritte überprüfte. Er hatte nie in Betracht gezogen, seine Gewohnheiten in dieser Hinsicht zu ändern. Doch dann kam Radley.
Sie schlossen schon am ersten Tag einen Vertrag. Sobald Red seine Hausarbeiten gemacht hatte – mit oder ohne Mitchs zweifelhafter Hilfe –, konnte er sich aussuchen, ob er mit Taz spielen oder mit seinen Ideen zu Mitchs letzter Story beitragen wollte. Sobald Mitch mit der Arbeit Schluss machte, beschäftigten sie sich entweder gemeinsam mit Mitchs Videorekorder oder Radleys wachsender Armee von Plastikfiguren.
Für Mitch war das ganz selbstverständlich, Red fand es fantastisch. Zum ersten Mal gab es in seinem jungen Leben einen Mann, einen, der mit ihm redete und ihm zuhörte. Gegen Ende der ersten Woche war Mitch für ihn nicht nur ein Held, der Schöpfer von Zark und Besitzer von Taz, sondern der Mensch, auf den er sich am meisten verließ und dem er am meisten vertraute – abgesehen von seiner Mutter natürlich, die er ohne
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