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Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Punkte.«
    »Ich möchte aber keine Punkte, sondern den Toaster.«
    Endlich verliert auch die Kassiererin die Geduld, und ihr Lächeln erlahmt. Genervt beginnt sie, mit dem Zeigefinger auf das Bonusheftchen zu tippen.
    Geschieht dir ganz recht. Warum hast du Omi auch nicht einfach gehen lassen?
    »Das geht nicht. Ohne die Punkte können Sie keinen Toaster mitnehmen. Und Sie haben noch nicht genug Punkte gesammelt.«
    »Warum bieten Sie ihn mir dann erst an?«
    »Aber ich habe doch nur …«
    »Das ist ja unerhört«, schimpft Omi, zieht ihren Trolley hinter sich her und verlässt den Supermarkt.
    Endlich bin ich dran! Das denke ich zumindest, doch die Kassiererin hebt abwehrend die Hände.
    »Entschuldigen Sie, ich muss die Kassenrolle wechseln.«
    »Nein.«
    Ein weiteres Phänomen von Kassenschlangen. Die Bonrolle, die ausgerechnet immer genau vor mir ihre verräterischen roten Streifen über den Beleg ziehen muss. Hilfe suchend schaue ich mich um und erkenne, dass die Kasse nebenan in diesem Moment aufmacht. Ich schnappe mir meine Sachen und dränge mich noch knapp vor einem Mann mit vollem Wagen als Erster an das Band. Sofort versuche ich, etwas Zeit zurückzugewinnen, während ich meine Waren auflege. »Entschuldigen Sie, ich habe nicht viel Zeit. Ich brauche weder einen Kassenbeleg, noch möchte ich irgendwelche Treuepunkte für Porzellanwaren oder Toaster sammeln. Und die Tierwelt ist mir heute ausnahmsweise auch egal. Aber ich habe eine persönliche Frage an Sie.«
    Die dunkelhaarige Frau an Kasse vier schaut mich kritisch an. Fragen von fremden Männern sind hier wohl nicht sehr geläufig. »Isch hab Arbeitserlaubnis«, sagt sie.
    Ich schaue auf ihr Namensschild. Frau Sajasevic steht darauf. Ich tippe auf Kroatin. »Ja, das bezweifle ich auch gar nicht. Ich wollte nur wissen, ob Sie katholisch sind.«
    Frau Sajasevic scannt meine Eiernudeln und nickt. »Ja, bin ich katholisch.«
    »Super.« Ich halte Frau Sajasevic zwei Packungen Oblaten vor die Nase. In der linken Hand die weißen, in der rechten die braunen. »Ich möchte nämlich wissen, welche Oblaten Sie beim Abendmahl bevorzugen.«
    Verständnislos blickt sie mich an. »Also bei uns zu Hause nix gibt Oblaten zu Abendmahl, nur Toastbrot mit Wurst und Käse. Vielleicht auch mal Cevapcici.«
    »Ich meine nicht bei Ihnen zum Abendessen, sondern … Ach, schon gut, ich nehme jetzt einfach die weißen.« Ich gebe resigniert auf. Doch Frau Sajasevic hat in ihrem Übereifer bereits auch die Vollkornoblaten gescannt. »Äh, stopp, Frau Sajasevic, ich wollte nur die weißen Oblaten. Sie haben die anderen jetzt auch noch gescannt.«
    »Ah. Moment, da muss isch Storno machen.«
    Ein Mann mit einer Staude Bananen und einem Kasten Bionade in den Händen fragt, ob es denn noch lange dauere.
    Ich schüttele den Kopf und wende mich an Frau Sajasevic. »Ach, lassen Sie, dann nehme ich eben …«
    Doch Frau Sajasevic ist bereits in ihrem Stornomodus, dreht sich zum Mikro für die Durchsagen, und schon hallt es kratzend durch die Einkaufshalle.
    »Herr Ivanovic, bitte Stornoschlüssel für die vier, Herr Ivanovic, bitte Stornoschlüssel für die vier.«
    Hinter mir staut sich die Schlange mittlerweile bis zur Kühltheke, und die Anspannung ist mit Händen zu greifen. Alles wartet auf mein Vollkornoblaten-Storno.
    »Der Herr Ivanovic kommt gleisch.«
    Während wir warten, tippelt sie mit ihren Fingernägeln gelangweilt auf der Wechselgeldkasse herum. Ein kroatisches Nagelballett.
    Herr Ivanovic kommt schließlich mit dem heiß ersehnten Stornoschlüssel und storniert meine Vollkornoblaten.
    »Vielen Dank, Herr Ivanovic«, sage ich, und der Landsmann von Frau Sajasevic nickt freundlich.
    »Gern geschehen. Brauchen Sie den Kassenbon?«
    »Nein danke.«
    »Sammeln Sie die Treuepunkte?«
    »Nein, auch nicht.« Ich winke ab. »Besten Dank.«
    Ich packe alles schnell in meine Einkaufstasche und möchte los. Doch der Abfragekatalog ist noch nicht ganz abgearbeitet.
    »Möchten Sie denn nicht Ihre WWF -Tiere-in-der-Not-Sammelbildchen mitnehmen und die Tierwelt damit unterstützen?«
    »Heute nicht. Danke.«
    »Aber Sie würden drei Päckchen bekommen.«
    Jetzt habe ich genug.
    »Verdammt noch mal … NEIN . Ich wollte doch nur wissen, ob katholische Oblaten weiß oder braun sind.«
    In diesem Moment trifft mich ein Duplo am Hinterkopf, und ich ziehe schleunigst meiner Wege.

21 What a mess
    D as Hauptschiff der St. Blasius-Kirche ist erstaunlich gut gefüllt. Es haben sich deutlich

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