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Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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die letzte Chance ist, um meine Mission zu erfüllen und Falco zu überführen. Ich gehe zurück zum Telefon und blättere in den Flyern nach der Telefonnummer. Ich finde sie auf Anhieb und will wählen. Ich benötige jedoch mehrere Versuche, da meine Hand steif gefroren ist. Dann gelingt es mir endlich.
    »Süßemilch, guten Tag. Hätten Sie für morgen früh noch einen Termin frei?«

39 Eine neue Leber ist wie ein neues Leben
    D er Abend setzt sich weitgehend ähnlich grausam fort, wie der Mittag begonnen hat. Nein, es wird ehrlich gesagt sogar noch schlimmer. Die feiernde Gemeinde zieht weiter in die hoteleigene Diskothek Wald-Else, wo uns laut Plakatanschlag an diesem Tag ein Überraschungs-Liveact der internationalen Spitzenklasse erwartet. Ich stelle mich vor eines der vielen Plakate in der Lobby des Hotels und unterziehe es einem prüfenden Blick. Und bereits an der ersten Niveauhürde strauchelt die Veranstaltung ganz bedenklich, denn meine Hoffnungen auf Shakira oder Beyoncé werden mit den Hinweisen bekannt vom Ballermann und 10 Liter Freibier für die beste Dönerkostümierung sogleich im Keim erstickt. Das sieht mir weniger nach Latino-Hüftschwung als nach germanischem Hüftgold aus. Die Schwänze sind jedoch hellauf begeistert und ziehen mich mit zur Diskothek.
    Der Eingang der Wald-Else liegt ein paar Meter vom Haupteingang des Hotels entfernt und wird bereits von einer Horde angesoffener Personen belagert, die sich in einer Schlange zum Eingang schieben. Noch vor der Tür übergibt sich die Motto-Shirt-Gruppe Hart, Härter, Hertha BSC mit kanonartigen Kotzlauten in einen Schirmständer.
    O Gott! Ich möchte wieder nach Hause!
    Endlich betreten wir die Wald-Else , wo der Überraschungs-Liveact der internationalen Spitzenklasse bereits auf einer Bühne ordentlich Gas gibt. Zu meiner Verwunderung handelt es sich dabei um Schlagerbarde Tim Toupet. Nachdem er seine »Dönerhymne« und den Hit »Eine neue Leber ist wie eine neues Leben« anstimmt, beschließe ich, mich dem flachen Niveau saufend anzunähern. Doch sosehr ich mich auch druckbetanke, das ständig fallende Niveau ist mir immer einen Schritt voraus. Das ist aber nur eines meiner Probleme. Die Musik dröhnt wie auf einem Schwerhörigen-Kongress, und der Bass hämmert mir die Falten aus dem Sack. Meine Mundwinkel beginnen bei jedem neuerlichen Schlag, im Takt zu zucken, als würde ich über einen Unendlich-Witz lachen. Die Schwanz-Jungs finden es super und haben sich im Raum verteilt. Selbst Falco schiebt sich ein Bier nach dem anderen rein. Das kann aber auch nur Taktik sein. Ich behalte dich ganz genau im Auge, Brummelbärchen. Mittlerweile habe ich mich aus taktischen Gründen dorthin abgesondert, wo die Jungs mit ziemlicher Sicherheit nicht aufschlagen werden. Wo Männer grundsätzlich aus genetischen Gründen schon selten anzutreffen sind: auf der Tanzfläche.
    Ein absolut sicheres Gebiet, denn es befinden sich fast nur Frauen und einige dudeldicke Vollspacken auf dem Parkett. Perfekt! Von hier aus kann ich nicht nur die gesamte Diskothek überblicken, sondern meine Überwachung auch aus strategisch günstiger Position fortsetzen.
    »Na, haste Spaß?«
    Ich wende mich um. Zunächst erkenne ich nur die Textzeile eines weiteren Motto-Shirts vor mir: Wer nicht kotzt, säuft nicht am Limit.
    Dann muss sich mein Blick neu justieren, um den restlichen Körper der vor mir stehenden Person grob umreißen zu können. Die Gestalt ist mindestens zwei Meter groß und verdunkelt die Tanzfläche. Ich muss schlucken, und mir fällt es im ersten Moment schwer, die exakte Gattung des Wesens zu erkennen, ich tippe aber auf ein menschenähnliches Weibchen.
    Eine Laune der Natur, ein Streich der Evolution. Halb Mensch, halb Tier.

40 Es gibt ihn wirklich, Reinhold!
    E ntschuldigung, kennen wir uns?«
    Nur langsam finde ich meine Sprache wieder. So etwas sieht man schließlich nicht jeden Tag.
    »Nö. Aber das können wir ja schnell ändern.«
    Sie hält mir eine riesige Pranke hin, und ich muss erkennen, dass Reinhold Messner recht hatte: Der Yeti existiert wirklich. Hier in Oberhof.
    »Ich bin die Sherine aus Castrop-Rauxel, und das ist meine Freundin, die Paula. Aber alle nennen sie nur Paul.«
    Erst jetzt erkenne ich im Körperschatten des Yeti noch eine zweite Person. Auch über ihrem mächtigen Oberkörper prangt einer der unvermeidlichen T-Shirt-Slogans: Männer sind wie Wolken: Wenn sie weg sind, wird es meistens schön.
    Sherine und Paula, die alle nur

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