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Lockende Flammen

Lockende Flammen

Titel: Lockende Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PENNY JORDAN
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das weißt du auch. Meiner Meinung nach sind wir verpflichtet, die Menschen in die Freiheit zu entlassen. Was unser Vater ihnen und ihren Familien angetan hat, ist eine Schande.“
    „Das sehe ich genauso wie du. Aber manche – die älteren unter ihnen – haben Angst vor der Freiheit, weil sie auch eine große Verantwortung und Veränderung bedeutet. Deshalb ziehen sie es vor, lieber weiterhin in Unfreiheit zu leben.“
    „Ich bin wirklich froh, dass ich nicht in deiner Haut stecke, Falcon. Von mir erwartet zum Glück niemand, dass ich die Schandtaten meines Vaters rechtfertige, dem Himmel sei Dank.“
    „Nun, vielleicht ist es ja die gerechte Strafe für einen Erstgeborenen. Wir sind alle gehalten, eine bestimmte Rolle zu spielen, das ist nun mal nicht zu ändern. Aber zumindest haben wir einen Einfluss darauf, wie wir diese Rolle ausfüllen. Du bist entschlossen, der Welt zu zeigen, dass du dir von nichts und niemandem etwas vorschreiben lässt. Trotzdem bist und bleibst du ein Leopardi. Durch deine Adern fließt dasselbe Blut wie durch unsere …“
    „Das Blut unseres Vaters“, unterbrach Alessandro ihn bitter.
    „Das Blut vieler verschiedener Leopardis“, hielt Falcon dagegen. „Du bist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass der Mensch seine Fesseln abwerfen kann, während ich dafür plädiere, Veränderungen lieber behutsam anzugehen, mit Rücksicht auf die Erfahrungen und Bedürfnisse älterer Generationen. Ich wünsche mir sehr, dass wir dieses Wochenende nutzen, um der Welt zu zeigen, dass die Leopardis auch ihre Verdienste haben.“
    Falcon Leopardi sprach weniger bestimmend als Alessandro, obwohl an seiner Entschlossenheit kein Zweifel bestand. Er war der älteste der Brüder, der durch seine ganze Art deutlich machte, dass er das, was ihm richtig und wichtig erschien, auch durchsetzen würde, gleichzeitig zeugte sein Verhalten Alessandro gegenüber von Respekt und brüderlicher Zuneigung. Ob das einem Mann wie Alessandro allerdings je reichen würde, war fraglich, weil er besessen war von dem Gedanken, immer nur Zweiter zu sein.
    Noch während ihrer Unterhaltung hatten sich die großen Doppeltüren geöffnet, durch die sie jetzt alle zusammen hindurchgingen. Alessandro hielt Leonora immer noch eng an seiner Seite.
    Vor ihnen entfaltete jetzt die riesige Eingangshalle in einem überladen wirkenden vergoldeten Rokokodekor ihren prahlerischen Glanz, mit buntbemalter Stuckdecke sowie einem schweren funkelnden Kronleuchter, der einen imposanten Treppenaufgang überstrahlte. Der gesamte Eingangsbereich kündete von Reichtum und Macht.
    Durch eine breite Doppeltür schaute man in eine Zimmerflucht mit auf Hochglanz gewienerten Parkettböden, in denen sich die Sonnenstrahlen brachen. Das ist kein Zuhause, schoss es Leonora durch den Kopf. Das war eine schiere Demonstration der Macht, das Reich eines selbst ernannten Königs.
    Falcon schaute auf die Uhr.
    „Gleich vier. Ich nehme an, ihr wollt euch jetzt erst mal ein bisschen frisch machen und eine Weile entspannen, solange das noch möglich ist“, sagte er und fuhr, an seinen Bruder gewandt, fort: „Ich schlage vor, wir treffen uns um halb sechs in der Bibliothek und klären, was noch zu klären ist.“
    „Hier geht’s lang.“ Alessandro veranlasste Leonora kehrtzumachen und verließ mit ihr das Haus. Er führte sie durch den Garten, hin zu einer kleinen Tür in der Turmmauer und öffnete sie. „Natürlich gibt es auch einen Weg durchs Haus, aber hier ist es kürzer“, erklärte er, als Leonora ziemlich skeptisch auf die schmale steile Wendeltreppe schaute, die nur schwach erhellt war von dem Tageslicht, das durch schmale, schießschartenartige Schlitze im Gemäuer fiel.
    Kurzentschlossen schlüpfte Leonora aus ihren hochhackigen Schuhen und nahm sie in die Hand. Als Alessandro sie fragend anschaute, erklärte sie mit einem Schulterzucken: „Lieber schmutzige Füße als einen gebrochenen Knöchel.“
    Tatsächlich aber waren die Steinstufen makellos sauber, wenn auch so schmal, dass sie nur hintereinander hinaufsteigen konnten. Alessandro bedeutete Leonora voranzugehen und folgte ihr dicht auf dem Fuß. Doch daran lag es nicht, dass Leonora Herzklopfen bekam, sondern weil sich die Treppe so lang und steil vor ihr in die Höhe schraubte, dass ihr die Puste ausging und ihr Kopf ganz leer wurde.
    Endlich oben angelangt, sah sie einen leeren runden Raum mit weißgekalkten Wänden. Der Fußboden war mit Holzdielen belegt, die im Lauf der Zeit

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