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Lockruf der Finsternis

Lockruf der Finsternis

Titel: Lockruf der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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geklungen.
    Wie ein junger Welpe war er gezwungen gewesen, seine Familie zu Hilfe zu rufen. Sein Vater hatte nur gelacht und ihm den Rücken zugekehrt … und genau das hatten auch alle anderen getan. Sein Bruder Zakar war der Einzige gewesen, der Mitleid mit ihm gehabt hatte. Wenn er nicht gewesen wäre, würde Sin noch heute in der Wüste liegen.
    Er wäre verrottet oder Schlimmeres.
    Natürlich war das Gelächter schnell genug verhallt. Artemis hatte ihr Versprechen wahr gemacht. Fast jedes Mitglied seiner Familie war von den griechischen Göttern erledigt worden. Die Griechen hatten entweder die Kräfte ihrer Gegner inkorporiert und ihren Platz eingenommen, oder sie hatten sie alle gegeneinander aufgehetzt, bis niemand mehr übrig war. Das alles hatte vor dreitausend Jahren stattgefunden.
    Jetzt war es an der Zeit, diese Rechnung zu begleichen.
    Er packte das Netz und ging zur Couch.
    Artemis lag noch immer genau auf der gleichen Stelle und war bewusstlos. Gut so. Du könntest sie eigentlich auch gleich hier und jetzt töten …
    Die Versuchung war stark. Aber wo war der Spaß an der Sache? Sie war nicht bei Bewusstsein und würde nichts spüren, sie würde es nicht einmal merken. Außerdem war sie eine Göttin. Wenn er sie tötete, während sie noch ihre göttlichen Kräfte hatte, würde das eine Kluft ins Universum reißen.
    Der einzige Weg, Götter zu zerstören, bestand darin, ihre Kräfte entweder zu zersplittern oder sie in sich aufzunehmen. Erst dann konnte man sie töten.
    Und er wollte sehen, wie sie litt. Er wollte ihr in die Augen schauen, wenn er ihr ihre Kräfte aussaugte und seine Göttlichkeit wiedergewann – er wollte, dass auch sie die äußerste Demütigung und den Schmerz erfuhr, wie es war, so schrecklich verwundbar zu sein.
    Und das konnte er nur tun, wenn sie lebendig und bei Bewusstsein war.
    Das hatte er im Kopf, während er sich die Zeit nahm, sie in das Netz einzuspinnen. Sie würde von ihrer eigenen Waffe außer Kraft gesetzt sein. Das war nur gerecht. Wenn er Glück hatte, würde sie weinen wie ein kleines Kind und um Gnade flehen. Und er hatte nicht die Absicht, ihr die zu gewähren.
    Er konnte sie schon hören …
    »Bitte, Sin, bitte lass mich frei, ich tue auch alles, was du willst.«
    »Dann belle wie ein Hund!«
    Auch das würde sie tun. Sie würde heulen und hysterisch werden. Und er würde einfach nur dasitzen und sie auslachen. Er genoss diese Vorstellung.
    Als er ihre Füße fesselte, hielt Sin kurz inne und warf einen Blick auf ihr Gesicht. Zu seinem großen Kummer musste er zugeben, dass sie tatsächlich schön war – auf eine tödliche und giftige Art wie eine Schlange. In seinen mordlüsternen Träumen hatte er vergessen, wie ungeheuer anmutig und attraktiv sie war.
    Aber auf einmal konnte er sich an Dinge erinnern, die er vor dreitausend Jahren tief vergraben hatte. An diesem Tag war er zu ihrem Tempel gegangen, weil sie ihn fasziniert hatte. Zugegeben, Göttinnen waren schön, aber Artemis war außergewöhnlich attraktiv gewesen – sogar an den hohen Standards der Götter gemessen. Sie hatte ihm gesagt, wie einsam sie sei. Wie sehr sie sich jemanden wünschte, der sie wirklich verstand. Er hatte dummerweise angenommen, sie sei eine verwandte Seele.
    Und wie bei jedem anderen, dem er je begegnet war, hatte sie sich gegen ihn gewendet. Von wegen Seelenverwandtschaft! Sie hatte ihm ins Gesicht gelacht und ihn auf einen armseligen Sterblichen reduziert.
    Jetzt sah er nichts Schönes mehr in ihr. Aber er fand es merkwürdig, dass sie blondes Haar hatte anstelle des leuchtend roten Haares, für das sie bekannt war. Vielleicht lag es daran, dass sie in der Welt der Menschen gewesen war und aus irgendeinem Grund versuchte, als Mensch durchzugehen.
    Doch ihr Körper war noch immer der gleiche. Sie sah aus, wie nur eine Göttin aussehen konnte: groß, anmutig und gut gebaut. Jeder Mann, unsterblich oder nicht, würde töten, um sich einer solchen Frau nähern zu können. Und Sin erinnerte sich an eine Zeit, als er sich so stark von ihr angezogen fühlte, dass er absolut alles getan hätte, um sie glücklich zu machen.
    Und jetzt war alles, was er wollte, einzig ihr Tod.
    »Sin?«
    Er hielt inne, als er seinen Diener Kish ins Zimmer kommen sah. Kish war knapp ein Meter achtzig groß und schien Mitte zwanzig zu sein, aber in Wirklichkeit war der Mann fast dreitausend Jahre alt. Genau wie Sin hatte er pechschwarzes Haar und olivfarbene Haut, aber im Gegensatz zu Sin trug er sein

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