Lockruf der Finsternis
hasst mich?«
Sie lachte, und es trieb ihm einen Schauer über die Haut. »Das tue ich auch.« Sie schaute mit einer Offenheit zu ihm auf, die ihn fast versengte. »Du weißt genau, dass du es nicht dulden solltest, dass Daimons für dich arbeiten.«
»Meine paar Daimons haben nicht annähernd so viele Leben ruiniert wie deine Mutter und dein Onkel. Und mir fällt auf, dass du diese beiden noch immer liebst.«
Da hatte er recht. »Fast immer.« Kat räusperte sich und trat einen Schritt von ihm weg. »Du wolltest mir beibringen, wie man gegen die Gallu kämpft.«
Noch während sie diese Worte aussprach, sah sie das Bild seiner Tochter vor sich. Ishtar war von den Dämonen aufgeschlitzt und regelrecht zerrissen worden. Und als Kat Sins Gesichtsausdruck sah, wusste sie, dass er an das Gleiche dachte.
»Mach dir keine Sorgen«, versicherte sie ihm. »Ich komme mit ihnen klar. Ich bin die Tochter zweier Götter.«
Er schnaubte bei ihrer draufgängerischen Haltung. »Das war Ishtar auch.«
Ja, aber sie war nicht Ishtar, und sie hatte nicht die gleichen Gene. »Mein Vater ist der Bote des Todes und der Zerstörung. Meine Großmutter ist die Große Zerstörerin. Meine Mutter ist die Göttin der Jagd. Ich glaube, ich bin gut genug vorbereitet.«
»Ja«, seufzte er und trat einen Schritt von ihr weg. »In deinen Adern fließt die Geschichte von Gewalt und Grausamkeit.«
Sie zwinkerte ihm zu. »Denk daran, wenn du je zwischen mich und einen Schokoriegel trittst.«
»Ich werd’s versuchen.« Das klang nicht gerade überzeugend. Er glaubte nicht, dass sie eine besonders gute Kämpferin war, aber da würde sie ihn eines Besseren belehren. Sie würde ihm zeigen, was in ihr steckte.
»Wie viele Daimons beschäftigst du in deinem Kasino?«, fragte sie.
Er zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht genau. Ich schau sie mir nicht besonders gründlich an und mache mir keine Gedanken darüber. Damien hält bei ihnen Ordnung. Wenn sie jemals einen falschen Touristen töten, dann tötet er sie.«
»Und damit fühlst du dich wohl?«
»Ich vertraue Damien mehr als irgendjemandem sonst.«
Das ergab für sie keinerlei Sinn. Andererseits war ihre Großmutter die Herrscherin über eine ganze Armee von Daimons und sagte nie etwas zu den Seelen, die sie zu sich nahmen, um am Leben zu bleiben. Natürlich plante der Anführer der Daimons, Stryker, jetzt ihren Tod, aber das war ein anderes Kapitel.
Kat brauchte eine Zeit lang, um zu verstehen, warum Sins Toleranz sie so sehr beschäftigte. Es lag daran, dass sie sich hier in der gleichen Welt befanden wie die Menschen. Stryker und seine Armee mussten erst hierherkommen, um sich zu ernähren, und sie war nie Zeugin davon geworden. Irgendwie schien es noch falscher zu sein, den Daimons mitten in der Sphäre der Menschen eine Zuflucht zu geben.
»Ich denke, du vertraust niemandem«, sagte sie.
»Ich habe nie gesagt, dass ich Damien in meinem Rücken haben möchte oder dass ich ihm mein Leben anvertraue. Ich vertraue ihm nur mein Geld an.«
»Und mich möchtest du in deinem Rücken haben?«
»Nicht ganz. Du sollst an meiner Seite bleiben, sodass ich dich im Auge behalten kann. Glaub nicht, dass ich auch nur eine Minute lang vergesse, dass du das Gesicht und die Stimme der einen Frau hast, die ich lieber töten würde als jede andere.«
Es war wirklich zu viel verlangt zu hoffen, dass er darüber hinwegkommen würde. Andererseits: Wenn ihr jemand ihre Göttlichkeit geraubt hätte, wäre sie auch ein bisschen aus der Fassung. »Alles klar. Wie lautet nun unser Plan – abgesehen davon, dass wir Deimos und meiner Mutter aus dem Weg gehen wollen?«
»Wir müssen den Hayar Bedr finden.«
Kat runzelte die Stirn. »Wer oder was ist das?«
»Der Vergessene Mond.«
»Ein Tier, eine Pflanze, ein Mineral?«
»Tier, ganz eindeutig ein Tier.«
Warum überraschte sie das? Ach, Moment, weil es völlig normal war, ein Tier den Vergessenen Mond zu nennen, klar … »Ach wirklich? Was für eine Art von Tier sollte man denn den Vergessenen Mond nennen?«
»Meinen Zwillingsbruder.«
Kat war von dieser Enthüllung verblüfft. Davon hatte sie nichts gesehen, als sie in seinen Gefühlen gewesen war. »Es gibt zwei von euch?«
Sein Gesicht wurde finster. »Sozusagen. Eigentlich waren wir drei. Meine Mutter war eine Menschenfrau, ein Bauernmädchen, das meinem Vater gefiel. Wir waren noch Kinder, als die Prophezeiung erging, dass wir einst das sumerische Pantheon zerstören würden. Vor Wut
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