Löwenherz. Im Auftrag des Königs
müssen: ›Habt Ihr ein Almosen für mich, heiliger Bruder?‹«, monierte Brion.
»Du hättest antworten müssen: ›Dies obliegt mir zu sagen‹«, gab der Tempelritter zurück.
Sie sahen sich an. Dann grinsten beide.
»Wer denkt sich diese blöden Parolen aus?«, fragte Brion. »Und – welche Neuigkeiten gibt es über Kerak und Wilfrid de Kyme?«
Das Lächeln des Ordensbruders erlosch auf der Stelle.
Er ließ Brion O’Heney so nachdenklich zurück, dass er gar nicht bemerkte, an wem er vorüberging. Sein Unglück war, dass der Mann Brion sofort wiedererkannte.
3
D as ist eine Demütigung, nichts anderes. Es ist eine verdammte Demütigung! Geh mir aus dem Weg, du Trottel!«
Roger FitzRos eilte unglücklich hinter seinem Lehensherrn her, der jeden verfluchte, der ihm in die Quere kam. Er hasste es, wenn der Seigneur schlechter Laune war. Nicht, dass man nicht genügend Gelegenheit gehabt hätte, sich daran zu gewöhnen. Der Seigneur war meistens schlecht gelaunt. Aber der Mann wurde, je wütender er war, desto unberechenbarer, und dann geschah in der Regel irgendetwas, was völlig aus dem Ruder lief, und alle hatten darunter zu leiden. Wer litt am meisten? Richtig: diejenigen am Fuß der Hierarchieleiter. Und wer stand ziemlich weit unten auf dieser Leiter? Auch richtig: er, Roger FitzRos, unehelicher Sohn von Balduin de Ros, unbedeutender Bastard eines unbedeutenden normannischen Adligen!
Der Seigneur hatte ja Recht: Es war eine Demütigung. Das Vertrackte daran war, dass es zugleich eine Bewährungsprobe darstellte. Wenn der Seigneur sich weiter in seine Wut hineinsteigerte, würde er die Bewährungsprobe genauso vermasseln wie die Aktion, die überhaupt erst dazu geführt hatte, dass sie hier durch den vermaledeiten, nach faulem Seetang und noch faulerem Fisch riechenden Hafen stolperten und auf das Schiff warteten, dessen Ladung zu empfangen ihr Auftrag war.
»Ihr müsst es anders sehen«, versuchte es Roger. »Wem würde der Sheriff diese Mission anvertrauen, wenn nicht dem Mann, der sein volles Vertrauen genießt?« So , dachte er, auf die Schmeichelei muss jetzt gleich noch eine unmissverständliche Warnung folgen. »Könnte es sich der Sheriff wohl leisten, diese Ladung zu verlieren? Oder stellt Euch nur mal vor: Was wäre, wenn allgemein bekannt würde, dass Roger de Laci sich aus Frankreich Waffen für ein ganzes Heer liefern lässt …«
»Bin ich etwa der Verwalter des Sheriffs, dass er mich auf Botengänge schickt? – Was glotzt du so blöd, du angelsächsischer Bauer?«
Roger FitzRos trat geistesgegenwärtig zwischen Sire Guy de Gisbourne und den muskulösen Fischer, den sein Seigneur gerade angeschnauzt hatte. Hastig zog er Sir Guy weiter. Das fehlte gerade noch, dass sein Herr hier die Peitsche zückte! Das Verhältnis von Angelsachsen zu Normannen hier am Kai von Melcombe betrug gefühlte dreihundert zu zwei – und diese zwei waren er, Roger, und Sire Guy.
Roger FitzRos seufzte.
Da packte ihn Sir Guy plötzlich vorne an der Tunika. »Habt Ihr den gesehen?«, zischte der Normanne.
»Den Mönch meint Ihr?«
»Ich kenne ihn!«
Roger zuckte mit den Schultern. Sire Guy ließ ihn ruckartig los und streckte aufgeregt den Arm aus. »Da, er geht in die kleine Gasse links hinein! Den kaufen wir uns.«
»Warum sollten wir das tun?«, fragte Roger alarmiert.
»Weil er – er, er, er! – daran schuld ist, dass die Gesetzlosen mich entwaffnen konnten! Der irische Schweinehund!«
Roger, der im Barnsdale Forest nicht dabei gewesen war, war ratlos. »Seid Ihr sicher? Wie sollte der Kerl denn hierherkommen?«
»Wie kommen wir denn hierher? Wen interessiert das schon?«
Die Gasse war menschenleer. Der Mönch drehte sich freundlich lächelnd um, als Sire Guy rief: »He, Bruder, ich möchte Euch etwas geben!« Doch im selben Moment schlug der Ritter ihm den schweren Schwertknauf zwischen die Augen. Der Mönch fiel um wie ein Baumstamm. Sire Guy stand schwer atmend über ihm. Langsam drehte er das Schwert in der Hand herum, sodass die Klinge nach unten und zeigte genau auf das Herz des Bewusstlosen.
»Schade, dass er es nicht richtig mitkriegt«, knurrte Sire Guy. »Ich sollte warten, bis er wieder zu sich kommt, und ihm dann die Klinge ganz langsam reintreiben. Oder ich steche ihn mit der Schwertscheide ab!«
»Warum mit der Schwertscheide, Seigneur? Die ist doch ganz stumpf.«
»Eben deshalb! Weil es dann noch viel mehr wehtut!«, brüllte Sire Guy.
Roger zuckte zusammen und
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