Lohse, Eckart
Missbrauch, der über das Internet
angebahnt werde, betreffe nur wenige Fälle im Jahr; der Verein unterhalte weder
Kinderhäuser noch Beratungsstellen. »Dieser Verein lenkt von den wichtigen
Problemen ab«, sagt Heinz Hilgers, der Präsident des Deutschen
Kinderschutzbundes.
Stephanie zu Guttenberg sieht die
Veröffentlichung als Teil einer öffentlichen Kampagne, mit der ihre
Glaubwürdigkeit angezweifelt werden soll. »Das ist eine Verleumdungskampagne«,
sagt sie, spricht von haltlosen Vorwürfen und kündigt eine Strafanzeige gegen
die Journalisten und die verantwortlichen Redakteure des DuMont-Verlags an.
Zumindest gerät »Innocence in Danger« in Rechtfertigungszwang. Der Vorwurf,
man habe nicht das DZI-Gütesiegel, lässt sich entkräften mit dem Hinweis auf
andere bekannte Vereine, die auf das Siegel verzichten, um das Geld für dessen
Erwerb zugunsten ihrer eigentlichen Ziele zu sparen. Schließlich gibt
»Innocence in Danger« bekannt, dass der Verein 2009 rund 270000 Euro
Spenden bekommen habe sowie mehr als 100000 Euro von
Stiftungen und Lotterien. Später wird auch eine Jahresbilanz für das Jahr 2009 auf der
Internet-Seite eingestellt, die die Einnahmen und Ausgaben aufführt. Das
zumindest kann als Eingeständnis gewertet werden, dass »Innocence in Danger«
sich zuvor nicht durch sonderlich große Transparenz ausgezeichnet hat.
»Tatort
Internet«
Das positive Image von Stephanie
zu Guttenberg ist durch die Vorwürfe, ihr Verein lasse es an Transparenz
mangeln, nicht nachhaltig erschüttert worden. Weitaus heftiger ist indes die
Kritik an einem Fernsehprojekt, das mit großem medialem Aufwand beworben wird
und an dem die Ministerfrau mitwirkt. Anfang Oktober 2010 tritt
Stephanie zu Guttenberg in der Sendereihe »Tatort Internet« in RTL II als
Co-Moderatorin auf. Die »Bild«-Zeitung widmet ihr zum Sendebeginn wieder die
Hauptschlagzeile auf der Titelseite: »Stephanie zu Guttenberg jagt
Kinderschänder im TV!«. In einer Schule in Berlin-Charlottenburg präsentieren
Stephanie zu Guttenberg und der Fernsehsender am selben Tag erste Ausschnitte.
Die »Bild«-Zeitung mit ihrem eigenen Konterfei hält Stephanie zu Guttenberg
werbewirksam in die Höhe. »Wir brauchen solche Schlagzeilen!«, ruft sie den
Reportern zu. Ihr Ehemann sagt, dass er von ihrem Engagement für RTL II nichts
gewusst habe. In dieser Frage sei seine Frau von anderen beraten worden.
In der Sendereihe geht es vor
allem um Cyber-Grooming, also darum, wie sich Erwachsene an Kinder und
minderjährige Jugendliche im Internet heranmachen, um sich dann mit ihnen zu
verabreden. »Tatort Internet« versucht, solche potenziellen Täter zu
überführen. Dafür chattet eine Journalistin, Beate Krafft-Schöning, im Netz,
gibt sich als 13 Jahre alte Jugendliche aus und
verabredet sich dann mit den Männern. Eine 18 Jahre alte
Schauspielerin mimt anschließend bei den Treffen in Cafés oder Wohnungen die
Dreizehnjährige, bevor dann die strenge Journalistin auftaucht und den Täter in
Verhörmanier zur Rede stellt. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes werden
die Täter verpixelt, also unkenntlich gemacht. Vorbild des Formats ist eine
Serie aus Amerika - »To catch a predator«. Dort wartete oft schon der Sheriff
auf die Überführten. Einer, der in dieser amerikanischen Serie zu sehen war,
brachte sich um.
Mehrfach wird in der
Öffentlichkeit moniert, dass gerade RTL II für eine solche Sendung mit
Aufklärungsanspruch der falsche Sender sei. Schließlich lief die erste Folge
von »Tatort Internet« zwischen der Sendung »Frauentausch« und dem Beitrag
»Grenzenlos geil - Sexsüchtige packen aus«. Stephanie zu Guttenberg
rechtfertigt die Senderauswahl damit, dass RTL II besonders gut auf die
Zielgruppe passe, die man ansprechen wolle: »Wir wollten nicht nur Menschen
erreichen, die sonst ausschließlich Dokumentationen auf Arte schauen.« Wichtig
sei, dass man sich am Publikum orientiere und die Botschaften so sende, dass
sie verstanden würden. Das klingt nach einer bewussten Auswahl von Format und
Sender. Im gleichen Interview sagt sie allerdings, dass sie jahrelang nur
Absagen von den öffentlich-rechtlichen wie privaten Sendern bekommen hätten -
RTL II scheint dann doch wie eine Notlösung.
Neben der Auswahl des Senders
kritisierten Medien und Politiker, dass die Täter an einen »neuzeitlichen
Pranger« gestellt würden. Zudem sei die Verfolgung von Straftätern Sache von
Polizei und Justiz. Stephanie zu Guttenberg solle
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