Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
Vom Netzwerk:
vermutete, dass wahrscheinlich drei ausgewachsene Männer in diesen Kühlschrank hineingepasst hätten.
    »Bei so einem Kühlschrank geht das Essen nie aus, oder?«, sagte Lola.
    Mick Jagger lachte und sagte: »Irgendwann schon.«
    Lola dachte, dass es lange dauern würde, bis Mick Jagger das Essen ausginge. Er sah nicht so aus, als wäre er ein großer Esser.
    Der Küchenherd und der Backofen hatten mehr Schaltuhren und Knöpfe und Griffe als jeder andere Herd, den Lola je gesehen hatte. Er sah sagenhaft aus. Eher wie ein Weltraumlabor als ein Kochgerät, fand Lola.
    Mick Jagger schenkte ihnen Tee ein und trug die Tassen zurück zum Sofa. Lola hoffte, dass sie ihn nicht ermüdet hatte. Anderer Leute Unglück oder Elend oder Tragödien konnten erschöpfend sein. Mick Jagger sah nicht einmal müde aus.
    Er schien nicht über Brian Jones oder Keith Richards sprechen zu wollen, obwohl er sagte, dass er und Keith zusammen zur Schule gegangen waren. »Wir freundeten uns in der Wentworth-Grundschule in Dartford in Kent an, als ich sieben oder acht war«, sagte er. »Aber ich kenne ihn schon fast mein ganzes Leben. Wir wohnten eine Straße voneinander entfernt, und meine Mutter kannte seine Mutter.«
    »Dann wart ihr also enge Freunde«, sagte Lola.
    »Eng ja, aber keine engen Freunde«, sagte Mick Jagger.
    Eine feine Unterscheidung, dachte Lola.
    »Waren deine Eltern erfreut über deine Berufswahl?«, fragte Lola.
    »Nein. Mein Vater war stinksauer. Er hätte nicht wütender sein können, wenn ich gesagt hätte, ich würde in die Armee
eintreten. Und ich nehme es ihm nicht übel. Wer weiß, wie lange das hier anhält.«
    »Du bist sehr erfolgreich«, sagte Lola. »Sind sie immer noch nicht zufrieden?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er.
    »Aber du bist sehr erfolgreich«, sagte sie.
    »Erfolg bedeutet für jeden etwas anderes«, sagte Mick Jagger. »Ich weiß nicht, was meine Eltern unter Erfolg verstehen. Viele Menschen verstehen unter Erfolg, dass sie heiraten, ein eintöniges Leben in einer Vorortsiedlung führen und eine sichere Rente haben. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass ich nicht sehr alt werde.«
    »Warum denn?«, fragte Lola. »Du isst keine Kartoffeln und trinkst keine Milch.«
    »Ich versuche, auf mich zu achten«, sagte er. »Aber ich möchte sowieso nicht alt werden. Es gibt nicht viele glückliche alte Menschen.«
    Lola wusste nicht, ob er damit recht hatte oder nicht. Sie kannte niemanden, der älter war als ihre Eltern.
    Sie war beunruhigt darüber, dass Mick Jaggers Eltern vielleicht immer noch nicht zufrieden waren. »Deine Eltern müssen doch zufrieden sein«, sagte sie. »Du hast diese schöne Wohnung, du bist weltberühmt.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich will meine Eltern nicht zufriedenstellen. Warum sollte ich meine Eltern zufriedenstellen wollen?«
    »Möglicherweise ist das ein natürlicher Impuls«, sagte Lola. Sie wusste nicht, warum sie so besorgt darüber war, was seine Eltern dachten.
    Mick Jagger lachte. »Ich möchte sie nicht zufriedenstellen«, sagte er. »Ich möchte sie auch nicht unzufrieden machen. Möchtest du deine Eltern zufriedenstellen?«, fragte er sie.
    »Ich glaube schon«, sagte sie. »Obwohl, vielleicht auch nicht. Wenn ich meine Mutter wirklich zufriedenstellen wollte, würde ich abnehmen. Ich plane ständig neue Diäten.«
    »Deine Mutter dreht durch, weil du mollig bist, nicht wahr?«, sagte Mick Jagger.
    »Durchdrehen beschreibt gut, wie sie dazu steht«, sagte Lola. »Wenn man im Ghetto oder im Vernichtungslager auch nur ein Gramm Fett am Körper hatte, bedeutete das, dass man etwas Ungehöriges tat, um an Essen zu kommen. Die Kapos, die jüdischen Polizisten, waren immer gut genährt, ebenso wie die Sonderkommandos, die die Leichen aus der Gaskammer schafften und auf die Loren luden, die in die Öfen geschoben wurden.«
    »Scheiße«, sagte Mick Jagger. »Etwas Ungehöriges ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck.«
    Lola schaltete das Aufnahmegerät aus. Sie dachte, dass sie Mick Jagger alles gefragt hatte, was sie hatte fragen wollen. »Vielen Dank für das Interview«, sagte sie. Mick Jagger brachte Lola durch den holzgetäfelten Flur zur Tür. Er öffnete die Tür und sah sie an. »Würdest du gerne Paul McCartney kennenlernen?«, fragte er. »Er kommt um vier hierher.«
    Lola war überrascht. Sie zögerte. Sie war hin und her gerissen. Sie wollte Paul McCartney wirklich gerne kennenlernen. Sie hatte es nicht geschafft, mit einem der

Weitere Kostenlose Bücher