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Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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dass ich die beste Story bekam, die ich kriegen konnte«, sagte Lola. Doch danach machte sie sich stundenlang Gedanken darüber, wo ihre Sexualität geblieben war.
    »Ich bin sexuell ziemlich aufgeschlossen. Man muss nur auf den Geschmack kommen«, sagte Janis Joplin. Lola war sprachlos. Sie hatte bei Geschmack noch nie an Sexualität gedacht. Geschmack, dachte Lola, hatte mit Essen zu tun. Schokoladenkuchen. Käsekuchen. Mohnstrudel. Nicht mit Männern oder Frauen.
    »Wie ist das bei dir mit Sex?«, fragte Janis Joplin. »Was macht dich an? Machst du mit Chicks rum?« Lola hatte das Gefühl, dass sie Janis Joplin kaum erzählen konnte, dass ihr bei dem Gedanken daran, das Geschmack etwas mit Sex zu tun hatte, schwindlig wurde.
    »Eigentlich nicht«, sagte sie. »Aber ich mache allgemein nicht viel herum. Mit dreizehn oder vierzehn habe ich ein bisschen mit Mädchen rumgemacht«, sagte Lola.
    »Das tun alle in dem Alter«, sagte Janis Joplin.
    Lola fiel auf, dass Janis Joplin sehr selbstsicher wirkte, wenn sie über Sex redete. Sie sprach freizügig und mit der Autorität einer Expertin. Als handle es sich um irgendein Alltagsthema, das jeden beschäftigte. Vielleicht war es auch so, dachte Lola.
    »Ich finde, ich bin mehr ich selbst, wenn ich mit Chicks zusammen bin«, sagte Janis Joplin. »Wahrscheinlich bin ich dann lockerer. Andererseits machen mich auch viele Typen an. Ich vögle gern.« Lola hatte gehört, dass Janis Joplin, als sie von jemandem gefragt wurde, warum sie Heroin nicht lieber schnupfe, anstatt es zu spritzen, gebellt habe: »Warum soll ich mir einen runterholen, wenn ich auch ficken kann?«
    »Ich freue mich darauf, dich morgen singen zu hören«, sagte Lola.
    »Ich bin so nervös deswegen«, sagte Janis Joplin und klopfte mit dem Fuß auf den Boden. »Das hier ist das größte Publikum, vor dem wir je gespielt haben. Was, wenn sie mich nicht leiden können?«
    »Hier ist nicht Port Arthur«, sagte Lola.
    »Hier ist eindeutig nicht Port Arthur«, sage Janis Joplin, während ein Mann mit nacktem Oberkörper, ungefähr zwanzig Perlenketten und einem Kranz aus Gänseblümchen auf dem Kopf über sie hinwegstieg, um an seinen Platz zu gelangen.
    »Und es ist nicht Melbourne«, sagte Lola. Sie lachten beide.
    Ein hochgewachsener Mann mit langen, glatten Haaren rief etwas und gab Janis Joplin ein Zeichen. »Das ist Sam Andrew, einer von der Band«, sagte Janis Joplin zu Lola. »Ein super Gitarrist.« Lola erkannte Sam Andrew von Fotos. »Ich komme«, formte Janis Joplin mit den Lippen. Sie stand auf.
    »Ich freue mich so, dass wir nebeneinandergesessen haben«, sagte Janis Joplin zu Lola.
    »Ich mich auch«, sagte Lola.
    Lola blickte sich um. Sie sah Brian Jones im Schneidersitz auf der Erde sitzen. Er wartete anscheinend darauf, dass das Konzert anfing. Der Zuschauerbereich war total überfüllt.
Lola dachte, dass es Brian Jones wahrscheinlich nicht gelungen war, einen Platz zu finden. Er wirkte entspannt und glücklich. Lola war froh, ihn wach zu sehen. Und am Leben.
    Die erste Band, die spielte, waren The Association. Ihre bisherigen Hits »Along Comes Mary« und »Cherish« hatten Lola nicht gefallen. The Association spielten ihren Hit »Windy«. Lola war von »Windy« genervt. Sie fand, es war ein lahmer Song mit einem abgeschmackten Text. Ein Text, wonach Windy einen stürmischen Blick hatte und Flügel, mit denen sie davonfliegen konnte. »Windy« hätte nicht uninteressanter sein können, wenn der Song von Magenschmerzen und Flatulenz gehandelt hätte, dachte sie.
    Lola beobachtete in erster Linie das Publikum und machte sich Notizen. Ein Gefühl des Friedens lag in der Luft, ein Gefühl der Freude. Lola hatte noch nie kollektives Glück erlebt. Sie dachte, dass wahrscheinlich die wenigsten Menschen so etwas je erlebt hatten. Die meisten hatten schon mal Fotografien von leidenden oder angsterfüllten Menschen gesehen, doch ihr fielen nicht viele Gelegenheiten ein, bei denen Bilder zahlreicher glückstrahlender Menschen entstehen konnten. Es war nicht das Glück einer siegreichen Menge beim Fußball, weil das mit der Niederlage anderer verbunden war. Dieses Glück hier, so kam es Lola vor, hatte den Anschein reinen Glücks. Vielleicht erlebte sie tatsächlich eine Revolution?
    Es war schon dunkel, als Eric Burdon and the Animals zu spielen begannen. Lola hatte sie schon früher gehört. Sie mochte Eric Burdon. Er strahlte etwas Draufgängerisches aus. Es lag in seiner Stimme, in seinem Gesang und

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