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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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eine wuchtige Ohrfeige versetzt.
    »Du hast doch etwas gelernt«, sagte sie.
    »Ja. Du erinnerst dich sicher daran, daß ich den Kreis nie betreten ha-
    be. Weil mir klar war, wohin er führte. Deshalb mußte ich lernen. Mein ganzes Leben lang. Mir blieb nichts anderes übrig, als diesen steinigen
    Weg zu beschreiten – der jedoch nicht ganz so schwer ist wie der leichte.
    Ja, ich habe gelernt. Von den Trollen, Zwergen und Menschen. Selbst
    von den Steinen.«
    »Wir töten dich nicht.« Die Königin flüsterte nun. »Das verspreche ich
    dir. Du bleibst am Leben, um zu sabbern und zu geifern, um dich selbst
    zu beschmutzen, um von Haus zu Haus zu gehen und zu betteln. Und
    die Leute werden sagen: Seht nur, da kommt die alte Irre.«
    »Das sagen sie jetzt schon«, erwiderte Oma Wetterwachs. »Sie glauben
    nur, daß ich es nicht höre.«
    Die Königin schenkte diesem Hinweis keine Beachtung. »In meinem
    Innern behalte ich einen Teil von dir, der durch deine Augen blickt und
    weiß, was aus dir geworden ist.
    Und erwarte keine Hilfe«, sagte die Königin. Sie kam näher, und Haß
    loderte in ihren Pupillen. »Es wird keine Barmherzigkeit geben für die
    alte Irre. Wenn du am Leben bleiben willst, mußt du auf jeden Bissen
    achten, den du ißt. Und immer sind wir bei dir, in deinem Kopf, um dich

    an dein Los zu erinnern. Du hättest mächtig sein und viel erreichen kön-
    nen. Tief in deinem Innern wirst du’s wissen und dir nichts mehr wün-
    schen als Dunkelheit und das Schweigen der Elfen.«
    Oma Wetterwachs hatte eine Überraschung für die Königin parat. Seil-
    fasern der Fesseln fielen zu Boden, als sie plötzlich die Hand hob und
    zuschlug.
    »Damit drohst du mir?« fragte die Hexe. »Wo ich schon weiß, was es
    bedeutet, alt zu sein?«
    Die Königin fuhr sich mit den Fingern über das deutlich sichtbare Mal
    auf der Wange, während die Elfen ihre Bögen hoben und auf einen Be-
    fehl warteten.
    »Kehr in deine Welt zurück«, sagte Oma Wetterwachs. »Du glaubst, ei-
    ne Art Göttin zu sein, aber du hast nichts begriffen, überhaupt nichts.
    Was nicht stirbt, kann auch nicht leben. Was nicht lebt, kann sich nicht
    verändern. Was sich nicht verändert, kann nicht lernen. Das kleinste
    Geschöpf, das irgendwo im Gras stirbt, weiß mehr als du. Ja, es stimmt,
    ich bin alt. Ich bin älter als du. Du hast länger gelebt als ich, aber ich bin trotzdem älter. Und besser. Und das, werte Dame, ist gar nicht schwer.«
    Die Königin öffnete ein Ventil für ihren Zorn.
    Die Wucht des mentalen Hiebs veranlaßte Nanny Ogg, sich zusam-
    menzukrümmen. Oma Wetterwachs blinzelte.
    »Nicht schlecht«, krächzte sie. »Aber ich stehe noch immer. Ich sinke
    nicht auf die Knie. Und ich habe noch immer Kraft…«
    Ein Elf verlor das Gleichgewicht. Die Königin schwankte.
    »Ach, ich habe keine Zeit für solchen Unsinn«, sagte sie und schnippte
    mit den Fingern.
    Einige Sekunden verstrichen, ohne daß etwas geschah. Die Königin
    sah sich um, blickte zu ihren Untertanen.
    »Sie können ihre Waffen nicht einsetzen«, sagte Oma. »Und eigentlich
    entspricht das auch gar nicht deinen Wünschen, oder? Es wäre zu ein-
    fach.«
    »Du bist nicht in der Lage, meine Krieger zu kontrollieren! Soviel Kraft
    hast du nicht!«

    »Möchtest du herausfinden, wie groß meine Macht ist, werte Dame?
    Hier, auf dem Boden von Lancre?«
    Sie trat vor. Magie knisterte in der Luft. Die Königin wich zurück.
    »In meinem eigenen Revier?« fügte Oma hinzu.
    Erneut ohrfeigte sie die Königin, fast sanft und zärtlich.
    »Nun?« fragte sie. »Kannst du mir nicht widerstehen? Was ist mit deiner
    Macht, werte Dame? Fehlt sie dir jetzt?«
    »Du dummes altes Weib!«
    Alle lebenden Wesen in einem Umkreis von fast zwei Kilometern spür-
    ten es. Kleinere Geschöpfe starben. Vögel fielen tot vom Himmel. Elfen
    und Menschen sanken ins Gras und hielten sich den Kopf.
    Im Oma Wetterwachs’ Garten starteten die Bienen.
    Wie Dampf kamen sie aus den Stöcken heraus, hatten es dabei so eilig,
    daß sie gegeneinanderpral ten. Dem dumpfen, kanonenbootartigen
    Brummen der Drohnen gesel te sich das hektische Sirren der Arbeiterin-
    nen hinzu.
    Noch lauter war das Pikkolopfeifen der Königinnen.
    Die Schwärme stiegen in weiten Spiralen über der Lichtung auf, teilten
    sich und flogen los. Sie blieben nicht al ein. Weitere Schwärme kamen,
    aus Weidenkörben in Hinterhöfen, aus hohlen Bäumen. Sie bildeten eine
    dunkle Wolke am Firmament.
    Nach einer Weile bildete sich

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