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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein verlockend beherrschter Earl
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ungezählte Generationen so prächtig gediehen, weil sie es
ganz fabelhaft verstanden, ihre Mitmenschen zu durchschauen und einzulullen.
    »Wahrscheinlich
sollte ich dankbar sein, dass sie mir nicht schon früher den Geldhahn zugedreht
haben«, meinte er lakonisch.
    »Hätten sie
es getan, wäre Lord Rathbourne für dich aufgekommen«, sagte sie.
    »Dein
Stiefvater hat schon mehr als genug für mich getan«, sagte Lisle. »Zudem muss
er jetzt auch an dich und deine Geschwister denken.«
    »Wenn ich
könnte, würde ich dir mein Geld geben«, meinte sie. »Du weißt, dass ich das
sofort täte.«
    »Das wäre
höchst ungehörig«, sagte er. »Ein Glück, dass es nicht geht.« Er wusste, dass
ihr stattliches Vermögen sicher angelegt war – nicht nur, um es vor
Mitgiftjägern zu schützen, sondern auch vor ihr selbst. Wie widersprüchlich sie
war: ihr Verstand so berechnend, ihr Herz so freigiebig. Dass sie gestern dem
Straßenjungen beigesprungen war, war typisch für sie.
    Sie kam
näher und streckte ihre behandschuhte Hand aus, um die seine zu berühren. »Ich
werde nicht zulassen, dass man dich hier festhält«, versprach sie ihm. »Wir
werden uns etwas ausdenken.«
    Da war es
wieder, dieses Funkeln in ihren großen blauen Augen.
    »Nein, das
werden wir nicht«, erwiderte er.
    Sie war
seine Freundin, seine Verbündete und Vertraute, aber ihre Impulsivität, ihre
moralischen blinden Flecken und ihr leidenschaftliches, unberechenbares Wesen
ließen ihm bisweilen die Haare zu Berge stehen – ihm, der sich tagtäglich mit
Schlangen, Skorpionen und Krokodilen, mit Dieben und Halsabschneidern
herumzuschlagen hatte. Ganz zu schweigen von Amts- und Würdenträgern. Ihr
Urteilsvermögen als zweifelhaft zu bezeichnen, war noch wohlmeinend. Vor neun
Jahren hatte sie ihn auf eine abenteuerliche Reise nach Bristol gelockt, um
einen legendären Piratenschatz zu suchen. Es war eine ihrer Ideen gewesen.
Die Sache hätte schlimm für ihn enden können – beispielsweise in besagter
sadistisch-spartanischen Schule –, hätte Lord Rathbourne nicht interveniert.
    Lisle war
sich sehr wohl bewusst, dass das Privileg, statt auf ein schottisches Internat
geschickt zu werden, nach Ägypten reisen zu dürfen, gänzlich Rathbourne zu
verdanken war. Lisle wusste auch, dass man sich nicht immer auf derlei Wunder
verlassen konnte. Zudem war er jetzt ein Mann, kein kleiner Junge mehr. Er war
erwachsen, was hieß, dass er nicht länger erwarten konnte – und wollte –, dass
Freunde und Verwandte ihm aus jeder Schwierigkeit heraushalfen.
    »Nein,
Lisle, hör mir zu«, sagte sie eifrig. »Ich habe eine ganz wunderbare Idee.«
Olivia hatte eine Idee.
    Eine
Vorstellung, die blankes Entsetzen im Herzen eines jeden Mannes schürte, der
auch nur ein Mindestmaß an Intelligenz und Selbsterhaltungstrieb besaß.
    »Bitte«,
sagte er. »Keine Ideen. Unter gar keinen Umständen.«
    »Lass uns
nach Schottland fahren«, sagte sie. »Wir beide.«
    Das Herz pochte ihr so laut, dass man
es gewiss bis zum Kensingtonpalast hörte. Seit Samstag
hatte sie andauernd an dieses schottische Spukschloss denken müssen.
    »Hast du
den Verstand verloren?«, fragte er.
    »Ich
wusste, dass du das sagen würdest«, entgegnete sie.
    »Ich fahre
nicht nach Schottland.«
    »Aber wir
fahren doch zusammen «, sagte sie eindringlich. »Das wird bestimmt
lustig.
    Ein
richtiges Abenteuer.«
    »Sei doch
nicht albern«, sagte er. »Wir sind keine Kinder mehr. Nicht mal du kannst es
dir leisten, mit einem Mann einfach so nach Schottland zu fahren. Deine Eltern
werden es niemals erlauben.«
    »Sie müssen
es ja nicht wissen.«
    Mit großen
Augen sah er sie an. »Olivia!«
    »Morgen
früh brechen sie nach Derbyshire auf«, sagte sie. »Ich bleibe mit Urgroßmama in
London.«
    Er sah
beiseite. »Das wird ja immer schlimmer.«
    »Ich habe
mir alles ganz genau überlegt«, sagte sie.
    »Wann
denn?«, fragte er erstaunt und richtete seinen allzu aufmerksamen Blick wieder
auf sie. »Ich habe dir doch eben erst erzählt, was geschehen ist.«
    »Ich habe
mir wegen Gorewood Castle Gedanken gemacht«, sagte sie. Und das stimmte sogar.
Bei Lisle war es immer besser, sich so nah wie möglich an der Wahrheit zu
halten. Er war nämlich nicht nur ganz schrecklich vernünftig und undiplomatisch
direkt, sondern schien – so kam es ihr zumindest vor – auch manchmal ihre
Gedanken lesen zu können. »Ich wollte mir einen Plan überlegen, um dich vor der
Burg zu bewahren.«
    »Du musst
mich nicht vor

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