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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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irgendeine Veränderung vorge gangen. Für die Zeit nach dem Jahreswechsel waren Lesun gen an Hochschulen in Texas, Oklahoma, New Mexico und Arizona geplant – eine Lesereise, die er The Scott Landon 1996 Western Yahoo Tour nannte –, aber er rief seinen Lite raturagenten an und ließ ihn alles absagen. Die Buchungs agentur schrie zetermordio (was keine Überraschung war, weil er damit Lesetermine im Wert von dreihunderttausend Dollar das Klo runterspülte), aber Scott ließ sich nicht um stimmen. Er erzählte ihnen, dass er unmöglich reisen könne, dass er krank sei. Das war er allerdings; als jener Winter sei ne Eiskrallen tiefer ins Land schlug, war Scott Landon tat sächlich ein kranker Mann. Lisey wusste schon im Novem ber, dass etwas
    2 Sie weiß, dass irgendetwas mit ihm nicht in Ordnung ist, und es ist keine Bronchitis, wie er behauptet hat. Er hat keinen Husten, und seine Haut fühlt sich kühl an, sodass sie ziemlich sicher sein kann, dass er kein Fieber hat, obwohl er seine Temperatur nicht messen, sich nicht mal einen die ser Fiebermessstreifen auf die Stirn legen lässt. Das Problem scheint eher mental als körperlich zu sein, und das jagt ihr eine Heidenangst ein. Als sie einmal den Mut findet, ihm vor zuschlagen, zu Dr. Bjorn zu gehen, reißt er ihr fast den Kopf ab und wirft ihr vor, sie wäre ein Arzt-Junkie, »genau wie deine hirnverbrannten Schwestern«.
    Und was soll sie darauf erwidern? Wie sehen seine Symptome eigentlich aus? Würde irgendein Arzt – auch ein verständnisvoller wie Rick Bjorn – sie ernst nehmen? Er hat aufgehört, beim Schreiben Musik zu hören, das ist eine Sache. Und er schreibt kaum etwas, das ist eine andere, weit wichtigere Sache. Das Tempo bei seinem neuen Roman – von dem Lisey Landon, zugegebenermaßen keine große Literaturkritikerin, begeistert ist – hat sich von seinem gewohnt energischen Spurt zu einem mühsamen Kriechen verlangsamt. Und noch wichtiger … du lieber Gott, wo ist sein Sinn für Humor geblieben? Seine lärmende Wohlgelauntheit kann anstrengend sein, aber ihr plötzliches Verschwinden, als der Herbst in die kalte Jahreszeit übergeht, ist geradezu unheimlich; wie in alten Dschungelfilmen, wenn die Trommeln der Eingeborenen plötzlich verstummen. Er trinkt auch mehr und bis tiefer in die Nacht hinein. Sie ist schon immer vor ihm ins Bett gegangen – manchmal sehr viel früher –, aber sie weiß fast immer, wann er endlich ins Bett kommt, und riecht, was er getrunken hat. Sie weiß auch, was sie in den Papierkörben oben in seinem Büro sieht, und als ihre Besorgnis wächst, sieht sie bewusst alle zwei bis drei Tage nach. Sie ist es gewohnt, Bierdosen zu sehen – manchmal große Mengen, denn Scott hat schon immer gern Bier getrunken –, aber im Dezember 1995 und Anfang Januar 1996 entdeckt sie immer häufiger Jim-Beam-Flaschen. Und Scott ist oft verkatert. Aus irgendeinem Grund macht ihr das mehr Sorgen als alles andere. Manchmal streift er bis nachmittags durchs Haus – blass, schweigsam, leidend –, bevor er wieder etwas munterer wird. Mehrmals hat sie schon gehört, dass er sich im Bad übergeben musste, und die Geschwindigkeit, mit der das Aspirin zur Neige geht, zeigt ihr, dass er schlimme Kopfschmerzen haben muss. Weiter nichts Ungewöhnliches, könnte man sagen; wer von 21 Uhr bis Mitternacht einen Kasten Bier oder eine Flasche Bourbon trinkt, muss eben die Folgen tragen. Vielleicht steckt wirklich nicht mehr dahinter, aber Scott war schon immer ein starker Trinker – an dem Abend, an dem sie ihn in der Maine Lounge der Universität kennengelernt hat, hatte er in seiner Jacke eine Flasche versteckt (die er sich mit ihr teil te) –, ohne jemals mehr als leicht verkatert zu sein. Wenn sie jetzt das Leergut in seinen Papierkörben sieht und feststellt, dass das Manuskript von Outlaw's Honeymoon auf dem gro ßen Schreibtisch nur um ein bis zwei Seiten länger geworden ist (an manchen Tagen kommen überhaupt keine neuen Seiten dazu), fragt sie sich unwillkürlich, wie viel mehr er wohl trinkt, als sie weiß.
    Bei den Besuchen, die zum Jahresende gemacht und empfangen werden, und im Trubel der Weihnachtseinkäufe gelingt es Lisey vorübergehend, ihre Sorgen zu vergessen. Scott hat nie gern eingekauft, selbst wenn kein Andrang herrschte und die Geschäfte leer waren, aber dieses Jahr stürzt er sich hektisch wohlgelaunt ins Gewühl. Er ist jeden gottverdammten Tag mit ihr unterwegs und kämpft sich durch die Auburn Mall oder die

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