Luc - Fesseln der Vergangenheit
dämpfen.
»Ich hätte sie erschießen sollen.« Scott ließ offen, ob er Jasmin oder die Schafe meinte, und Luc zog es vor, nicht nachzufragen.
31
Auf seinem Palm verglich Luc ihre Position mit ihrem Ziel und schätzte die Entfernung bis zur Abbiegung. Auf den Satellitenfotos erkannte man ein flaches, teilweise verfallenes Gebäude und Überreste von Mauern, die ursprünglich Felder eingezäunt hatten. Eigentlich ein völlig uninteressantes Objekt. Aber es musste einen Grund geben, warum Meltons Männer den Ort aufgesucht hatten.
Über seine Schulter hinweg blickte Jasmin auf das Display von Lucs Palm. »Was können die dort gewollt haben?«
Luc zog es vor, seine Befürchtungen vor Jasmin nicht laut auszusprechen. Es gab nur wenige Gründe, die Meltons Männer veranlasst haben konnten, in dieser Umgebung zu übernachten, wenn ihnen wenige Kilometer weiter das Feldlager deutlich besseren Komfort bot. Aber auf dem Militärgelände war es fast unmöglich, eine Leiche verschwinden zu lassen oder einen Mann ungestört zu foltern. In der Wüste hingegen, kilometerweit von jeder Ansiedlung entfernt, gab es keine Zeugen. Da Jasmin dies sowieso ahnen würde, brauchte er ihre Angst nicht noch zu verstärken. »In wenigen Minuten werden wir hoffentlich klüger sein. Noch gut zweihundert Meter, Scott.«
Trotz Lucs Warnung hätte Scott den schmalen Pfad beinahe übersehen. Er verließ die Piste mit blockierenden Reifen. Luc konnte es seinem Freund nicht verdenken. Der Weg war von der Wüste kaum zu unterscheiden. »Gut zwei Kilometer, aber halt vorher an, damit wir uns umsehen können.«
Scott brummte eine Zustimmung und passte die Geschwindigkeit den schlechten Straßenverhältnissen an. »Zu Fuß wären wir nicht wesentlich langsamer. Wer baut denn ein Haus in solcher Entfernung zur Piste? Da stimmt was nicht. Und hier ist auch nichts außer Sand und Staub.«
Wenige Minuten später kannten sie die Antwort zumindest teilweise. Das, was sie auf dem Satellitenfoto für einen willkürlich aufgeschichteten Steinhaufen gehalten hatten, entpuppte sich als Brunnen. Fahrzeuge waren nicht zu sehen, aber deutliche Spuren im Sand vor dem Gebäude wiesen darauf hin, dass der Ort nicht so verlassen war, wie es den Anschein hatte.
Luc überließ es Scott und Chris, sich als Erste umzusehen. Obwohl seine Männer nach einer kurzen Inspektion signalisierten, dass sie alleine waren, hatte er weiterhin ein ungutes Gefühl. Er ließ den Wagen langsam anrollen, stoppte aber abrupt wieder. Nur durch Zufall hatte er eine Bewegung in einiger Entfernung vom Gebäude wahrgenommen. Dank der Satellitenaufklärung wusste er, dass neben dem Weg, den sie gekommen waren, ein anderer Pfad in einem weiten Bogen zurück zur Piste führte. Auch durch das Fernglas konnte er keine Einzelheiten ausmachen, aber aufgewirbelter Sand zeigte, dass er sich nicht geirrt hatte.
Jasmin und seine Männer hatten bereits ihre Headsets aufgesetzt und eingeschaltet. »Passt auf. Wir sind nicht alleine. Gut einen Kilometer entfernt, auf neun Uhr ist irgendwas.«
Selbst ein Scharfschütze hätte auf diese Distanz Probleme, einen sicheren Schuss abzugeben, trotzdem verstärkte sich Lucs Unbehagen. Er fuhr an und hielt direkt vor dem Haus. Das Mauerwerk wies faustgroße Löcher auf, aber das Dach war noch unbeschädigt. Jasmin brauchte keine Aufforderung. Sie hatte die Schutzweste übergezogen und hielt ihre Waffe in der Hand. Dennoch hätte Luc ihr am liebsten befohlen, in Deckung zu bleiben.
Nach wie vor rührte sich nichts im Gebäude, aber Luc hielt das Gewehr im Anschlag. Außer einem leisen Ticken aus dem Motorraum drang kein Geräusch an sein Ohr.
»Verteilt euch und seht euch um. Scott und ich gehen rein.«
Jasmin hatte sich dicht hinter ihm gehalten und setzte zu einem Widerspruch an. Luc rechnete es ihr hoch an, dass sie dann doch nichts sagte, sondern stumm nickte. Er verstand ihre Ungeduld und ihre Angst um Kalil, aber in einer so angespannten Situation hatten sie keine Zeit für Diskussionen.
Sich gegenseitig absichernd arbeiteten sie sich durch jeden der vier Räume. Außer einigen Abfällen, die eindeutig westlichen Ursprungs waren, fanden sie bei der ersten Untersuchung nichts. Dann atmete Scott scharf ein. »Luc. Hier rüber.«
Ungefähr in Höhe ihrer Oberschenkel waren die groben Steine blutverschmiert. Prüfend fuhr Scott mit dem Finger über die Flecken. »Noch relativ frisch.«
»Von der Höhe her käme eine Kopfverletzung in Frage, wenn er auf
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