Luc - Fesseln der Vergangenheit
wusste. Auf den Rest bin ich gespannt.«
»Und da bist du dir nach einem kurzen Trip über den Pazifik sicher?«
»Nein, das war nur mein persönlicher Eindruck. Nach meinem Gespräch mit Chris hatte ich ein sehr interessantes Telefonat mit Mark Rawlins, Daniels Teamchef.«
»Du hast … was?«
»Na komm, da ich sowieso schon mit Daniel gesprochen habe und er offensichtlich mit Andi befreundet ist, lag es doch nahe, dass Mark ohnehin über alles informiert ist. Er hat mir jedenfalls versichert, dass Joss in Ordnung ist. Und er muss es schließlich wissen.«
»Und wieso bist du da so sicher?«
Luc verdrehte die Augen über seine unglückliche Formulierung, die weitere Nachfragen provozierte. Ausnahmsweise gab es einen Punkt, den er Scott verschweigen musste, weil Mark ihn ausdrücklich darum gebeten hatte. »Glaub es mir einfach. Himmel, er ist Captain und reif für den Admiralsstern. Sorry, aber mehr kann ich dir dazu nicht sagen.«
»Sag es ihm ruhig, du weißt ja offensichtlich auch Bescheid«, erklang Joss’ amüsierte Stimme hinter ihnen und schickte die Erklärung gleich hinterher: »Mark ist mein Bruder, aber unsere Verwandtschaft gehört eigentlich zu den Sachen, über die wir nicht sprechen. Das war’s dann auch zu dem Thema.«
Scott zeigte seine Verwirrung offen und Luc konnte es ihm nicht verdenken, da es ihm bei dem Telefonat ähnlich gegangen war. Er hatte keine Vorstellung, wie die afghanische Herkunft von Joss dazu passte, dass Marks Vater als Admiral ebenfalls bei der Navy war und sogar entgegen der üblichen Gepflogenheiten als oberster Boss der Spezialteams auch Marks direkter Vorgesetzter. Aber es war offensichtlich, dass sie keine weiteren Erklärungen bekommen würden. Wenigstens reagierte Joss auf die Nachforschungen nicht beleidigt, sondern musterte hungrig den Grillrost. »Dauert es noch lange? Ich bin kurz vorm Verhungern. Ich muss verrückt gewesen sein, ausgerechnet mit einem SEAL schwimmen zu gehen.«
Erst nach dem Essen kam der DEA -Agent auf ihr eigentliches Thema zurück. »Allmählich wird’s Zeit, aber ich wollte uns vorher die Stimmung nicht verderben. Fangen wir mit dem Einfachen an. Die Bundeswehr hat eine Gefahrens- und Situationsanalyse über die Region um Kunduz herum erstellt. Ausnahmsweise haben diese Schreibtischhelden die richtigen Rückschlüsse gezogen, denn ihr Fazit lautet, dass Männer wie Hamid eher gut für die weitere Entwicklung sind, während Warzai verschwinden muss. Zufällig sehen mein Boss und ich das genauso, wenn auch aus anderen Gründen. Warzai finanziert mit dem Verkauf von Rohopium Waffenkäufe in Millionenhöhe und heuert für sich und einige Gefolgsmänner ausländische Söldner an. Das macht ihn sehr gefährlich, vor allem, weil er außerdem den Schutz einiger interessanter Gestalten aus dem Umfeld der russischen Mafia genießt. Wir haben Warzais Hintermänner durch ein paar nicht ganz saubere Hilfsmittel identifizieren können. Für Beweise, die vor Gericht verwertbar wären, reicht es noch nicht, aber darum ging es auch nicht. Wir sind sicher, dass das ganze Geflecht um Warzai herum zusammenbricht, wenn er verschwindet.«
Joss leerte seine Bierdose und zeigte seinen Frust offen. »Sechs Monate lang haben wir versucht, an Warzai heranzukommen. Es war aussichtslos. Am Ende waren wir nicht nur ziemlich sauer, sondern auch komplett ratlos, warum jede Taktik fehlschlug. Der einzige positive Punkt unserer Jagd war, dass Warzai ständig auf der Flucht war und an Einfluss verlor. Zahlreiche seiner Anhänger sind abgesprungen und haben sich Männern wie Hamid angeschlossen. Das Land ist müde und der Wunsch nach Frieden steigt in der Bevölkerung. Wenn sie die Gelegenheit haben, wenden die Menschen sich von den Extremisten ab, und Warzai weiß das.«
Scott schob dem Agenten eine volle Dose Bier zu. »Das erklärt die Feindschaft zwischen Warzai und Hamid.«
»Exakt. Wenn Warzai nicht weiter an Einfluss verlieren will, muss er gegen Hamid vorgehen. Offen kann er das nicht tun, weil die Brüder dafür zu beliebt sind. Hamids geschicktes Taktieren hat ihm Zeit verschafft, aber jetzt steht er mit dem Rücken an der Wand.« Nichts war von Joss’ bisheriger Lässigkeit geblieben.
Luc ließ sich die Worte durch den Kopf gehen, fand aber keinerlei Unstimmigkeiten, nur einen offenen Punkt. »Wieso ist Hamid in Schwierigkeiten? Ich dachte, ich hätte die Sache so gedreht, dass er keine Folgen meiner Flucht befürchten muss.«
»Hast du auch und dafür
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