Lucifer - Traeger des Lichts
schließlich. Viele Leute, ob auf der Suche nach einem Verbündeten oder um seine Stärke als Feind zu kennen, hatten ihn gefragt, wozu er imstande wäre. Er hatte sofort begonnen, seine Magie argwöhnisch zu hüten. Es war das einzige Geheimnis, das ihm noch blieb.
»Jetzt komm, einem Schurken wie mir kannst du es doch sagen«, sagte Seth. »Tatsächlich bin ich wohl der Letzte, dem du es sagen solltest. Ich muss dich warnen - alle meine Freunde lernen mich sehr bald hassen.«
»Ich werde es mir merken.«
»Jetzt komm!« Sein Lächeln funkelte, und er stieß Sam in die Rippen, als er sprach. »Ich weiß, du traust mir ungefähr so weit, wie du einen Blitz schleudern kannst. Doch das ist der Punkt, nicht wahr? Denn du könntest durchaus imstande sein, Blitze zu schleudern, nach allem, was man weiß.«
»Ich furchte, ich kann dir wirklich nicht helfen.«
Für einen Moment sah es so aus, als wollte Seth nachsetzen, doch dann wurde sein Lächeln breiter, und er hob die Hände, als gäbe er sich geschlagen. »Nun, ich kann deine Haltung verstehen. Doch wenn ich noch eine weitere Frage stellen darf - du musst sie nicht beantworten, wenn du nicht willst -, aber was ist es? Dieses ... Ding in dir, das freigesetzt wurde, als du das erste Mal die Krone aufsetztest?«
»Ich weiß es nicht.«
»Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit?«
»Ja. Unser Vater gebot mir, die Krone aufzusetzen, und ich gehorchte. Welches Geheimnis darin liegt, welche Absicht Vater Zeit damit verband, sie mir zu geben, weiß ich nicht. Ich nehme an, es ist eine Art Bestrafung.«
»Meinst du? Aber er bezeichnete dich als das notwendige Kind.«
Sam sagte nichts. Seine Augen waren auf einen fernen Punkt gerichtet Sein Gesicht hatte einen Ausdruck von beinahe heiterer Entrücktheit. Auch Seth schwieg: ein brüderliches Schweigen geteilten Leids oder was immer Sam seiner Meinung nach in diesem Augenblick fühlen mochte.
Schließlich sprach Seth mit seiner leisesten, ruhigsten Stimme: »Schau, ich will dir helfen - wir sind schließlich Brüder. Es hat Gerüchte gegeben. Gerede. Ich hatte das Gefühl, ich sollte es dir sagen, das ist alles.«
Sam wandte sich um, sein Gesicht unlesbar. »Sag's mir.«
In seinem verschwörerischsten Tonfall fuhr Seth fort: »Man hat Nachforschungen angestellt. In den Bibliotheken, bei den Mächten, den Elementen. Es hat eine Menge Ideen gegeben, doch die im Augenblick favorisierte ist die, dass dieses... Licht eine Art Waffe ist. Zum mindesten wird es ein Opfer blenden oder betäuben, wenn es entfesselt wird. Niemand ist sicher, wie es funktioniert, aber man glaubt, das Grundprinzip ist, dass das Licht, wenn es losgelassen wird ... alle Gedanken, alles Bewusstsein, alle Gefühle in sich hineinzieht. Um die Waffe auszulösen, bedarf es nur eines genauen Ziels, auf das der Zauber gerichtet ist.«
»Sprich weiter.«
»Stell es dir nur mal vor. Alle aggressiven Gedanken, die je gedacht wurden, alles Böse, jede Sünde, kondensiert in einem Lichtimpuls. Stell dir vor, was mit den Zielpersonen passieren würde. Ihnen würde der Kopf explodieren.«
Sam sagte nichts. Er starrte wieder in die Ferne und lauschte auf die ungesagten Worte. Schließlich wurde Seth klar, dass er aus seinem Bruder nichts herausbekommen würde.
Er stand auf. »Es ist nur eine Theorie. Doch es gibt Leute da draußen, die es glauben - die sogar Angst davor haben. Die ultimate Waffe, so nennen sie es. Sie furchten sich vor dir. Ich denke, du solltest das wissen.«
In einem Wirbel von maßgeschneiderter Seide wandte er sich um und war schon im Begriff zu gehen, als Sams Stimme ihn innehalten ließ.
»Du hast den Rest nicht erwähnt«, sagte Sam. Seine Stimme schien seinem Geist folgen zu wollen, so losgelöst klang sie. »Die Gedanken und Gefühle von allem, was das Licht berühren kann, gebündelt auf ein einziges Ziel, würden nicht nur
das Ziel vernichten, sondern auch die Person, die diese Kraft trägt. Das heißt, wenn man es in großem Maßstab verwendet. Wenn eine Entladung nur die Gedanken von zehn oder zwanzig Menschen aufgreifen würde, wäre das kein Problem. Der Träger könnte vermutlich mit dem Lärm jener Geister fertig werden, selbst wenn er sie zu Schrecken oder Hass oder Liebe anstacheln würde.
Doch in großem Maßstab - eine Million, eine Milliarde, zehn Milliarden Geister zu bündeln?« Er schüttelte den Kopf. »Der Träger würde in einem Meer von Gedanken ertrinken, seine eigene Identität verlieren. Wenn der Schock
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