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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Marie Käfer
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öffnet sich; Geigenpaul muss meine letzten Worte mitbekommen haben. Er legt mir eine Mappe mit Werbeunterlagen auf den Tisch und er fasst sich an den Kopf.
    »Kommst du kurz mit?«
    Ich springe einen Tick zu schnell auf, denn es freut mich, dass er mich endlich wieder braucht.
    »Was kommt nach der Entbindung?« Er schiebt mich zum Fenster, sodass Bruni uns nicht im Blickfeld hat.
    »Nun, dann … kommt die nächste Schwangerschaft. Machungwa liebt Kinder. Wir wollen mindestens drei …« Ich stemme die Hände in die Hüften und hebe vielsagend die Augenbrauen.
    Er nickt langsam. »Das kann ich verstehen. Hast du eigentlich schon mal ein farbiges Baby mit roten Haaren gesehen?« Er lehnt sich lässig an den Fensterrahmen und wartet auf meine Reaktion.
    Darauf kann er warten, bis Sonne und Mond sich küssen.
    Ich drehe mich um und lasse ihn stehen.
    Den Rest des Arbeitstages schufte ich wie besessen, damit die Zeit schneller vergeht. Bruni macht es ebenso.
    Conny sitzt mit fleckigem Gesicht in der Nachmittagssonne, als ich den Garten betrete. Diese Flecken hat sie immer, wenn sie nervös ist. Ein großer Nachteil, wenn einem angesehen werden kann, dass die Nerven flattern. Das hat sie von meinem Vater. Gut, dass dieser Kelch an mir vorübergegangen ist. Ich schlage da eher nach Opa Heini, der Nerven wie Drahtseile hat. Zumindest in manchen Situationen überwiegen diese Gene. Nach einigen herzhaften Knuddlern mit meinen Eltern springt Conny auf. Ich reiche ihr unauffällig den Brustbeutel.
    Sie schielt abfällig auf das alte Lederteil, welches sie angeekelt mit nur zwei Fingern anfasst. »Sag mal, hast du ein Trauma aus deiner Kindergartenzeit? Du trägst noch einen Brustbeutel?«
    Statt zu antworten, rufe ich laut nach Opa Heini. Das Gesicht meiner Mutter hellt sich auf. »Dein Opa fährt Gundula in Oma Fines altem Rollstuhl spazieren. Er zeigt ihr die Baumsiedlung.«
    »Echt? Das finde ich aber schön!« Neugierig setze ich mich zu meiner Mutter an den Tisch, die mit einem Taschentuch die Gläser ihrer Lesebrille poliert.
    »Kind, die beiden sind ein Herz und eine Seele. Wenn du gesehen hättest, wie Opa den Rollstuhl poliert hat. Als wäre er für die alte Queen Mum. Und weil die nicht mehr lebt, darf Gundula darin sitzen.« Sie lacht. »Papa hat Gundula heute nach dem Frühstück hergeholt. Die Arme ist ja wirklich zu alleine. Sie kann sich nur schwer behelfen, eine Reha hat sie ja strikt abgelehnt.«
    »Würde mich nicht wundern, wenn der alte Haudegen sich auf seine alten Tage noch einmal verliebt hätte.« Mein Vater steht mit einem Föhn am Grill und feuert ihn ordentlich an.
    Conny verzieht das Gesicht. »Je oller, desto doller!«
    Mein Vater läuft rot an; ich lenke ab. »Wo sind denn die Kinder?«
    Meine Schwester steht auf und gähnt ungeniert, ohne die Hand vor den Mund zu halten. »Die sind wieder auf einem Kindergeburtstag.« Dann verschwindet sie in der Küche.
    Mein Vater wischt sich Schweiß von der Stirn. »Wir haben Gundula eingeladen, heute hier zu übernachten.«
    Und wieder wird mir bewusst, was ich für eine tolle Familie habe.
    »Mamaaa, wieso ist der Grill an? Im Kühlschrank liegt doch gar kein Fleisch!« Conny kommt mit einer Scheibe Wurst in der Hand aus dem Haus.
    Meine Mutter zwinkert ihr zu. »Paul hat darauf bestanden, dass er heute für das leibliche Wohl sorgt.« Verlegen wischt sie die Hände an ihrer Schürze ab. »Damit ich nicht so viel Arbeit habe.« Ihre Wangen färben sich rosa.
    Wie bitte? Der kommt auch? Ich lasse mir nicht anmerken, dass ich davon nicht die leiseste Ahnung hatte. Gleichzeitig ärgere ich mich, dass Paul sich Gedanken um meine Mutter macht. Das ist meine Mutter. Er soll sich von irgendeiner Von und zu adoptieren lassen.
    Conny schmollt. Irgendetwas scheint ihr wieder einmal gegen den Strich zu gehen.
    Opa Heini und Gundula haben ihren Siedlungsrundgang beendet. Scheppernd wuchtet mein Großvater den Rollstuhl mit der zierlichen Frau Piefke durch den schmalen Torbogen. Wie ein Vaterlandsverteidiger streckt er die Faust zum Himmel.
    »Ha! Wir sind mit fünf Heini-Stärken durch die Straßen gejuckelt, nicht wahr, Gundula?«
    Die Angesprochene nickt glücklich.
    Irgendwie scheinen die Damen heute alle im Gesicht zartes Rosa zu tragen. Gundula glüht mit meiner Mutter um die Wette.
    »Ich bin begeistert von diesem gepflegten Stadtteil … und so viel Grün! Mein Gott, hier fühlt man sich wie im Urlaub. Hallo, Karo. Sie sehen blendend aus.«
    Dieses

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