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Luegensommer

Titel: Luegensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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gut Glück.
    »Davon hat sie dir erzählt?« Herr Prigge schüttelt den Kopf. »Ich dachte, sie sei pfiffig genug, es nicht an die große Glocke zu hängen.«
    »Hat sie auch nicht«, sagt Marit und eine Mischung aus Enttäuschung und Erschöpfung fließt durch ihren Körper, lähmend wie Schlangengift. Das Geld war ihr Ass im Ärmel, der einzige Anhaltspunkt dafür, dass in Zoés Leben noch etwas anderes aus dem Ruder gelaufen sein könnte als ihr Verhältnis zu Männern. Sie ist drauf und dran aufzugeben.
    »Und wieso weißt du dann von dem Geld?«, fragt der alte Mann, Misstrauen im Blick.
    »Ich habe es bei meinen Recherchen gefunden, versteckt in einer Bibel.«
    Zufriedenes Nicken. »Die ist auch von mir. Ich wollte nicht, dass Zoé sich ziert, also habe ich es einfach in der Bibel versteckt und ihr diese zu Weihnachten geschenkt, hübsch verpackt und natürlich mit dem dringenden Hinweis, schnellstens darin zu lesen.«
    »Herrje«, sagt Marit und schlägt die Hand vor den Mund. »Vielleicht hatte sie es noch gar nicht entdeckt. Herr Prigge, hat Zoé sich jemals bei ihnen bedankt?«
    Nach kurzem Überlegen verneint er. »Nicht direkt, aber sie hat sich immer auffällig viel Zeit für mich genommen. Und ich habe auch kein Dankeschön erwartet, wirklich nicht.«
    Marit seufzt. Je länger sie darüber nachdenkt, desto wahrscheinlicher erscheint es ihr, dass die zehntausend Euro unentdeckt blieben. Warum sollte ein Mädchen wie Zoé auch in der Bibel lesen, bloß weil ein alter Knacker ihr dringend dazu rät? Vermutlich hat sie geglaubt, Herr Prigge wolle sie auf den Pfad der Tugend zurücklocken.
    Auch ihr alter Sportlehrer ist ins Grübeln gekommen und starrt vor sich hin. Es ist drückend heiß auf dem Balkon, zwar sitzen sie unter einem Sonnenschirm, doch es weht kaum ein Lüftchen. Das Flimmern der Luft über dem Parkplatz: wie Benzindampf. Marit kommt sich vor, als würde ihr Hirn allmählich schmelzen. Sie weiß einfach nicht mehr weiter.
    Herrn Prigge plagen ähnlich trübselige Gedanken: »Ich bin ein alter Narr«, sagt er, worauf Marit verspricht, ihm das Geld zurückzugeben. Das ist zwar nicht das, was er ursprünglich gewollt hat, dennoch bessert sich seine Laune ein wenig.
    »Die Kekse sind übrigens von Zoé«, erklärt er unvermittelt. »Da ist Haschisch drin. Glaubst du, deswegen ist sie umgebracht worden? Wegen der Drogen? Ich hab ihr immer gesagt, sie soll damit aufhören, aber sie versicherte mir, sie würde sich das Zeug aus Holland mitbringen. Ganz legal.«
    Fassungslos blickt Marit auf den angebissenen Keks in ihrer Hand und wirft ihn über das Geländer in ein Gebüsch. Daher die Übelkeit. Das sieht Zoé ähnlich, den alten Leutchen Haschplätzchen zu backen. Einen Knall hatte die, daran ist nichts zu beschönigen. Dennoch dürfte die Holland-Geschichte stimmen, so gern sie Ansgars Freundin auch eine Verstrickung in Machenschaften der Drogenmafia unterstellen würde.
    »Legal ist es nur, wenn man die Drogen in Holland konsumiert, sie einzuführen ist strafbar«, belehrt sie Herrn Prigge und fügt nach kurzem Zögern hinzu: »Aber das hat sicher nichts mit Zoés Tod zu tun. Sie war keine Dealerin oder so, sie hat bloß ab und zu gekifft.«
    Der Alte wiegt den Kopf hin und her, wirkt erleichtert. »Ja, da hast du bestimmt recht.« Nach kurzem Nachdenken fügt er hinzu: »Weißt du, ich glaube, bei dem Mord ging es um Liebe. Sie war ein so hinreißendes Geschöpf, hat die jungen Männer reihenweise um den Finger gewickelt. Ach, was rede ich da? Nicht nur die Jungen. Uns alle.« Er verstummt, seine verhärmten Züge werden weich und lüstern, während er sich, wie Marit vermutet, einem Tagtraum hingibt, in dem er mit Zoé wer weiß was anstellt – um Jahrzehnte verjüngt. Abgestoßen und fasziniert zugleich, denkt sie darüber nach, dass sie niemals in der Lage wäre, Männer reihenweise in einen vergleichbaren Taumel zu versetzen. Diese Bereitschaft, sich für jedes noch so kleine Häppchen Aufmerksamkeit zum Hornochsen zu machen. Genau genommen hatten sämtliche Liebhaber von Zoé ein Mordmotiv, besaß doch keiner von ihnen das Mädchen für sich allein. Insgeheim hält Marit an Grischa als Täter fest.
    »Bei Zoé drehte sich alles um Liebe«, bekräftigt Herr Prigge und kehrt widerwillig zurück in die Gegenwart.
    »Oder um das, was sie dafür hielt.«
    Mehr ist nicht zu bereden. Marit steht auf und klopft sich die Hände am Jeansrock ab, bevor sie sich verabschiedet. Zum Schluss hat Herr

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