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Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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Vereinbarungen hält, wenn ich es ihr
selbst nicht vorlebe?« Dabei hatte ich nur mit ihr ins Kino gehen wollen, aber
sie war bereits mit Henrike verabredet gewesen.
    Ich schaute auf
meine Armbanduhr. Vier Uhr. Mitten in der Nacht. »Hast du den Anrufbeantworter
abgehört?«
    Henrike nickte.
    »Hat sie dir
vielleicht eine SMS geschickt?«
    »Nein.«
    »Hast du versucht,
sie anzurufen?«
    »Ja, klar. Aber es
geht nur ihre Mailbox ran.«
    Ich ging zu meiner
Handtasche und suchte nach meinem Handy. Das Freizeichen tönte laut durch den
Flur, bis es schließlich im Hörer kurz knackte, die Mailbox ansprang und
Andreas Stimme uns aufforderte, eine Nachricht zu hinterlassen.
    »Ruf an, wenn du das
abhörst. Wir machen uns Sorgen um dich!«, sagte ich und legte auf. Henrikes
Gesicht spiegelte meine Enttäuschung und meine Sorge. »Wann bist du von Nina
nach Hause gekommen?«, fragte ich sie.
    »So gegen sieben.«
    »Gegen halb vier
habe ich sie …« Gehen lassen, wollte ich sagen, verkniff es mir aber. Henrike
war schon verwirrt genug. Da musste sie nicht auch noch von der vorübergehenden
Festnahme ihrer Mutter erfahren. »Ich habe sie noch gesehen und mit ihr gesprochen«,
fuhr ich stattdessen fort. »Sie wollte danach nach Gemünd zurückfahren.« Ich
legte Henrike eine Hand auf die Schulter. »Meinst du, sie könnte vielleicht
doch noch mal in der Wohnung gewesen sein?«
    Henrike zuckte mit
den Schultern. »Weiß nicht.«
    »Hast du eigentlich
einen Zettel dagelassen, wo du bist?«, warf Steffen ein. »Wenn sie jetzt nach
Hause kommt, und du bist verschwunden, wird ihr das ansonsten einen riesigen
Schrecken einjagen.«
    »Ja, hab ich
gemacht.« Henrike stand auf, quetschte ihre Hände in die Taschen ihrer engen
Jeans und zog die Schultern hoch. In ihrem Gesicht erkannte ich den Konflikt
zwischen dem ängstlichen Kind, das Schutz suchte, und der jungen Frau, die sehr
gut auf sich selbst aufpassen konnte. Sie war sehr groß für ihre zwölf Jahre,
und ich erwischte mich oft dabei, dass ich sie wie die Erwachsene behandelte,
die sie eigentlich noch lange nicht war. Müdigkeit und Anspannung ließen jetzt
das Kind in ihr die Überhand gewinnen. Tränen standen in ihren Augen, aber sie
kämpfte dagegen an.
    »Wir drei«, ich sah
Steffen an und hob eine Augenbraue, »fahren jetzt in eure Wohnung und schauen
dort nach dem Rechten.« Er nickte, nahm Henrike in den Arm und drückte sie
kurz. Ich sah ihm an, wie leid sie ihm tat und wie gerne er ihr helfen und sie
beruhigen wollte. »Vielleicht ist Andrea ja schon wieder zu Hause, und wir
machen uns unnötige Sorgen«, schob ich nach.
    Steffen griff nach
seinem Wagenschlüssel.
    Schweigend gingen
wir die Treppe hinunter. Mit keinem Wort und mit keiner Geste hatte er unseren
kurzen Streit vom Nachmittag erwähnt, und ich fragte mich, ob er ihn einfach
vergessen hatte.
    ***
    »Ihr Rucksack
ist nicht da.« Henrike stand vor der Garderobe und schob Mäntel und Jacken
auseinander. »Normalerweise hängt er hier.« Sie zeigte auf den äußeren linken
Haken.
    »Was ist mit den
Autoschlüsseln?« Steffen ging in die Küche und schaltete das Licht ein. Seine
Stimme klang gedämpft durch den Flur.
    »Auch weg.« Henrike
lehnte sich gegen die Wand und ließ den Kopf hängen. »Vielleicht hatte sie
einen Unfall?«
    »Warte.« Ich nahm
den Hörer auf, rief den wachhabenden Kollegen in Schleiden an und schilderte
ihm kurz die Situation.
    »Nichts. Keine
Meldung über irgendwelche Unfälle«, sagte ich, als ich wieder auflegte und
lächelte Henrike an. »Mach dir mal keine Sorgen. Du wirst sehen, morgen früh
steht sie mit einer Tüte frischer Brötchen vor der Tür.«
    »Wir schreiben jetzt
einen neuen Zettel, du packst ein paar Sachen und dann gehst du mit zu Ina.«
Steffen griff nach einem Kugelschreiber und öffnete mehrere Schubladen, bis er
einen Notizzettel gefunden hatte. »Ich klebe die Nachricht an den Briefkasten
im Hausflur, dann sieht sie sie direkt, wenn sie kommt.«
    »Lass, ich mach
schon selbst.« Henrike nahm ihm Stift und Zettel aus der Hand. »Mama kennt
deine Handschrift nicht. Dann macht sie sich vielleicht sogar noch Sorgen um
mich.«
    Sie kritzelte einige
Sätze auf den Zettel, und ich hörte, wie sie die Treppe hinunterlief. Nach
wenigen Minuten war sie wieder da.
    »Hier«, sagte
Henrike und hielt mir einen dicken weißen Umschlag hin, »das steckte in unserem
Briefkasten. Vorhin ist es mir wohl nicht aufgefallen, weil ich nicht darauf
geachtet habe. Das Kuvert war

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