Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
Vom Netzwerk:
wolltest du
das nun alles wissen?«
    Judith zögerte, ihr
Kopf ruckte hoch. Es sah aus, als ob ihr innerlicher Ruck bis nach außen
vorgedrungen war.
    »An einem Ast, an
dem Fasern der Kleidung der Toten hafteten, waren auch Spuren deines Blutes.
Das legt den Verdacht nahe, dass du mit dem Tod dieser Frau mehr zu tun hast,
als sie nur gefunden zu haben.«
    »Das dürftest du mir
eigentlich nicht sagen, richtig?«
    »Nein, das dürfte
ich nicht.« Judith schlang ihre Arme um ihren Oberkörper und schaute ihn an.
Kai trat dicht vor sie, legte sein Kinn auf ihren Scheitel, löste ihre Hände
und umarmte sie.
    »Ina. Deine Chefin?«
    »Ja.« Ihre Stimme
klang gedämpft aus der Kuhle an seiner Kehle. »Ich habe ihr versprochen, so
schnell wie möglich bei ihr zu sein.«
    »Warum möchtest du,
dass ich mitkomme?«
    »Weil ich will, dass
du das, was du mir eben gesagt hast, auch ihr sagst.« Sie löste sich von ihm
und ging zur Tür des Wohnmobils.
    ***
    »Hältst du das
für eine gute Idee, ihn mitzubringen?« Ich erhob mich aus dem Sessel im
Eingangsbereich, in dem ich auf Judith gewartet hatte, und ging ihr und Kai
Rokke Hornbläser entgegen, der sich sichtlich unwohl fühlte. Er fingerte in
seiner Manteltasche herum, zog eine Packung Tabak heraus und drehte sich eine
Zigarette, ohne sie anzuzünden.
    »Es gibt eine
Erklärung für die Spuren an dem Ast, und ich wollte, dass du sie hörst.«
    »Warum? Ich bin
offiziell raus aus allem. Das hast du doch mitbekommen.«
    »Und weshalb sollte
ich dann hier erscheinen, um dich bei weiteren Ermittlungen zu begleiten?«
    »Das ist etwas
anderes.«
    »Nein, Ina. Das ist
es nicht. Keinesfalls.« Judith machte eine abwehrende Handbewegung. »Seit ich
bei dir bin, sehe ich, wie du die Regeln beugst, dich nicht an das hältst, was
vereinbart wurde, und immer wieder dein eigenes Ding durchziehst. Ich sehe, wie
du damit nicht nur durchkommst, sondern auch noch Ergebnisse erzielst. Du
widersprichst allem, was ich bisher im Polizeidienst gelernt habe, von dem ich
dachte, es wäre gut und richtig und würde mir nützen. Du bist meine Tutorin,
ich soll von dir lernen. Und das habe ich.« Sie sah mich an und grinste
zaghaft. »Ich unterstütze dich in deinem unkonventionellen Vorgehen, und du
unterstützt mich«, sie fasste nach Kai Rokke Hornbläsers Hand, »bei meinem
Anliegen.«
    Ich war beeindruckt.
Judith vertraute ihrem Instinkt, was Hornbläsers Unschuld anging. Und sie
vertraute der Sachlage. Beides zeichnete sie als die gute Polizistin aus, für
die ich sie hielt. Ich nickte.
    »Also gut. Das
hört sich alles sehr plausibel an«, bestätigte ich, nachdem Kai Rokke
Hornbläser seine Erklärung abgegeben hatte. »Trotzdem muss das noch aufgenommen
und offiziell bestätigt werden.« Judith lächelte.
    Ich betrachtete sie
nachdenklich. Sie hatte recht. Alles, was sie da eben über mich gesagt hatte,
stimmte, auch wenn ich es mir so extrem gebündelt noch nie klargemacht hatte.
Aber jetzt war keine Zeit mehr für tiefschürfende Gedanken und Disziplinfragen.
    »Begleitest du deine
unmögliche Tutorin denn auch bei ihrem nächsten Regelverstoß?«
    ***
    »Wenn es da ist,
wo du sagst, dann müssen wir zum Kermeter-Parkplatz.« Judith setzte den
Blinker, bog von der Dürener Straße in Richtung Wolfgarten ab und folgte dem
Weg. »Aber mit dem Wagen dürfen wir nicht auf die Wanderwege.«
    »Ich kann mich nicht
erinnern, dort je eine Hütte gesehen zu haben.«
    »Dein Vater meinte,
das Häuschen stand nicht allzu weit vom Weg entfernt.« Judith ging leise
murrend vom Gas. Vor uns fuhr ein Wagen mit auswärtigem Kennzeichen betont
vorschriftsmäßig über die Landstraße.
    »Wie schätzt du die
Sache ein?«, fragte ich, um ihre Ungeduld zu bremsen.
    »Mit Vorhaus?«
    Ich nickte.
    »Es wäre so«, sie
bedachte mich mit einem raschen Seitenblick, »so offensichtlich.«
    »Manchmal sind Dinge
so.«
    »Glaubst du das,
oder möchtest du es glauben, weil sonst nur noch deine Freundin Andrea als
Verdächtige übrig bleibt?«
    »Da ist es!« Ich
hatte einige Meter vor uns die Einfahrt zum Parkplatz entdeckt, und Judith
lenkte den Wagen nach links. Hier, mitten im Wald, lag ein großer Busparkplatz,
von dem aus eine schmalere Straße weiter geradeaus führte. Die Kennzeichen der Fahrzeuge
in den Parktaschen zeigten die Herkunft ihrer Besitzer. Wesel, Köln, Koblenz
und eines sogar aus Dresden. Die Menschen selbst waren nicht zu sehen. Sie
waren vermutlich auf dem Wanderweg unterwegs.
    Wir parkten,

Weitere Kostenlose Bücher