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Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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Henrikes Stimme knisterte. Trotzdem verstand ich, was
sie mir sagte.
    »In Ordnung. Ich
komme sofort. Wartet unbedingt auf mich.«
    Die Verbindung wurde
unterbrochen, und ich steckte das Telefon wieder ein.
    »Ich würde dich
natürlich sofort informieren, wenn ich wüsste, wo sie sein könnte«, sagte ich
zu Hansen, drehte mich um und ging zu dem Wagen, mit dem Judith und ich
hergekommen waren. »Das war mein Patenkind Henrike. Sie hat sich von der Schule
aus gemeldet«, rief ich über meine Schulter zurück. »Ihre Mutter hat sie
angerufen und will gleich bei ihr sein, um sie abzuholen.«
    Ich öffnete die
Fahrertür und wandte mich noch einmal um. Sauerbier und Hansen starrten mich
verblüfft an. »Was ist, meine Herren? Sie wollten doch wissen, wo Andrea
Herbstmann zu finden ist.« Ich setzte mich und ließ den Wagen an.
    »Das ist jetzt keine
Sache mehr, in die du dich einmischen wirst, Ina.« Hansen hatte nach einem
kurzen Sprint die Beifahrertür aufgerissen und hinderte mich so am Wegfahren.
    »Ich mische mich
nicht ein. Meine Patentochter hat mich angerufen und mich informiert. Nicht
dich. Sie hat nicht die Polizei angerufen. Wenn sie jetzt mitbekommt, dass ich
euch informiert habe, wird sie mir nicht mehr trauen. Willst du das?«
    »Darum geht es hier
jetzt überhaupt nicht.«
    »Sondern?«
    »Es geht darum, eine
Mordverdächtige festzusetzen.«
    »Richtig.«
    »Wir übernehmen das.
Ende der Diskussion.«
    »Es gibt zwei
Möglichkeiten, auf die wir uns gefasst machen sollten«, ignorierte ich seinen
Einwand, »entweder ist Andrea verantwortlich für die Morde, dann wird sie
fliehen wollen und ihre Tochter mitnehmen. Oder sie ist es nicht. In beiden
Fällen wird ein massives Polizeiaufgebot die Situation nur unnötig
verschärfen.« Ich machte eine Pause und wartete auf seinen Einwand, aber er
schwieg und ließ mich weiterreden. »Wenn ich mitkomme und mit Andrea spreche,
kann ich die Angelegenheit vielleicht klären. Selbst wenn sich der Verdacht
erhärten würde, wird sie mit mir am ehesten reden.«
    »Du wirst das nicht
allein durchziehen. Wir werden dabei sein und uns im Hintergrund bereithalten.«
Er setzte sich auf den Beifahrersitz. »Wo will Andrea Henrike treffen?«
    »An ihrer Schule.«
    »Mist.« Er schlug
mit beiden Händen auf das Armaturenbrett. »Dann müssen wir den Direktor
informieren. Es darf niemand gefährdet werden.«
    »Sie wird nicht
reingehen. Der Unterricht läuft noch. Henrike soll einfach rauskommen, auch
wenn die Stunde noch nicht zu Ende ist.«
    »Das gibt uns ein
wenig Luft. Trotzdem muss ich ihn warnen.«
    »Dann mach das. Aber
viel Zeit bleibt uns nicht mehr. In vierzig Minuten soll Henrike draußen sein.
Wir sollten losfahren, wenn wir nicht zu spät kommen wollen.«
    Hansen nickte. »Ich
kläre das mit Sauerbier und stelle ein kleines Team zusammen.« Er stieg aus.
»Auf welche Schule geht Henrike?«
    »Auf das
Clara-Fey-Gymnasium in Schleiden.«
    »Gut. Dadurch, dass
es auf dem Hügel liegt, wird es einfacher werden. Wir können uns unterhalb der
Schule in den Seitenstraßen positionieren und die Fluchtwege kontrollieren.«
    »Was ist mit der
Zufahrt für die Notarztwagen des Krankenhauses am Ende der Straße?«
    »Das werden wir vor
Ort entscheiden«, sagte Sauerbier, der Hansen gefolgt war und unserem Gespräch
schweigend gelauscht hatte. »Frau Weinz hat recht. Wir sollten uns beeilen.«
    ***
    Wo konnte ich
ansetzen? Was sollte ich zu Andrea sagen, wenn ich ihr gegenüberstand?
Deeskalation, Entspannung der Lage. Aber wie? Bei unserem letzten
Zusammentreffen hatte ich gesehen, wie fanatisch sie sein konnte. Aber für die
Sache einen Mord begehen?
    Ich raste durch das
Schleidener Tal, dicht gefolgt von Sauerbier und Hansen. Wir hatten vereinbart,
dass ich den Weg durch Schleiden, an der Stadtverwaltung vorbei und über die
Straße »Am Hähnchen« nehmen würde, damit alles so normal wie möglich wirkte. Sauerbier
und Hansen waren bereits in Olef abgebogen und näherten sich über Schleichwege,
sodass sie aus der anderen Richtung kommen und sich in den Seitenstraßen
verstecken konnten.
    Die Schule lag auf
einem Hügel hoch über dem Schleidener Tal. Von der Hauptstraße, über die man
auch zum Krankenhaus gelangen konnte, ging eine kleine Stichstraße steil den
Hügel hinauf und führte zunächst an einer Tür vorbei, die bis in die achtziger
Jahre hinein der Eingang gewesen war. Nachdem die Schule aus allen Nähten geplatzt
und ein neuer Trakt errichtet worden war,

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