Lukes Verwandlung (German Edition)
junge Frau, auch wenn sie dabei seinem Blick auswich. Mehr war wohl mitten in der Nacht nicht zu erwarten, wenn sich ein halbnackter Mann in das Schlafzimmer einer Frau drängte. Darum gab Luke auch schnell das Baby weiter, sobald sich Melissa aufgesetzt hatte, und wandte sich selbst zur Tür.
„Ich hol ihn wieder ab, wenn du fertig mit ihm bist“, erklärte Luke möglichst neutral. Und dann schickte er noch eine kleine Warnung an das Baby. „Mach keinen Unsinn, Junge.“
Dass Luke die Tür zum Schlafzimmer nur anlehnte als er es verließ, und draußen im Gang stehen blieb, entzog sich bereits Melissas Beobachtungen. Johnny nahm all ihre Aufmerksamkeit gefangen. Wann immer sie in die dunklen Babyaugen sah, dann konnte sie alles um sich herum ausblenden.
„Ich glaube, er wird uns gut behandeln, was meinst du Johnny“, begann sie ein Gespräch mit dem zufrieden nuckelnden Baby, um die Stille zu durchbrechen. Der Blick aus den dunklen Augen schien diese Annahme zu bestätigen.
„Weißt du Johnny, ich möchte nämlich, dass du ein friedliches Heim bekommst. Niemand soll dich je schlagen oder dir den Tod wünschen. Du sollst ein glücklicher kleiner Junge werden. Und dich nie, niemals daran erinnern was geschehen ist.“
Melissa strich zärtlich über das kahle Köpfchen.
„Du bist mein kleiner Engel. Du hast nichts von dem Monster, das deine Mami verprügelt hat. Und wenn er es war, der all das gemacht hat was wir gesehen haben, dann bete ich zu Gott, dass wir ihn nie wieder begegnen müssen.“
Es dauerte viel länger bis Luke Johnny wieder abholte, als Melissa brauchte den kleinen Kerl zu stillen. Aber Luke kostete es große Überwindung, das Schlafzimmer zu betreten nachdem er das leise Gespräch zwischen Mutter und Kind mitverfolgt hatte. Sein ganzer Körper stand vor Abwehr unter Spannung. Und diese Spannung übertrug sich dann auch auf das Baby.
Solange Luke innerlich kochte, konnte sich auch Johnny in seinen Armen nicht entspannen, und darum dauerte es ausgesprochen lange, bis er die ersten Anzeichen zeigte einzuschlafen. Aber Luke konnte sich dennoch nicht dazu durchringen, den Kleinen in sein Bettchen zu legen. Sein Beschützerinstinkt war geweckt, und ließ sich nicht so einfach in den Schlaf lullen wie ein Säugling.
Luke wollte die beschützen, die zu ihm gehörten. Nur wäre es dazu angebracht zu wissen, was Melissa und dem Jungen widerfahren war, und von wem sie davongelaufen waren.
Sie hatte von Schlägen gesprochen, und dass sie etwas Schreckliches gesehen hatte. Und auch das jemand dem Baby den Tod wünschte. Das waren erschreckende, aber auch zu spärliche Informationen, um etwas damit anzufangen. Konnte er Melissa direkt darauf ansprechen?
Der Wunsch war da, doch sein Verstand sagte ihm, dass die junge Frau niemandem so sehr trauen würde, den sie nicht einmal vierundzwanzig Stunden kannte. Aber ohne konkrete Informationen wusste er auch nicht ob die Gefahr, vor der sie geflohen war, noch aktuell war. Und solange er nicht wusste, wen Melissa als Monster bezeichnet hatte, stand er blind vor einer unbekannten Gefahr.
Schutz bot nur sein Name. Und diesen Schutz würde Luke auf Johnny und Melissa übertragen. Ganz egal, wie es der jungen Frau am Morgen ging, bis zum Abend würden sie miteinander verheiratet sein.
* * *
Das Baby in dem geräumigen Haus zu finden, war für Melissa nicht wirklich schwierig. Ihr Instinkt führte sie in den kleinen Schlafraum, dessen Tür nur halb geschlossen war. Und hier bot sich ihr ein Bild, das ihrem Herz einen bittersüßen Stich versetzte.
Luke Donavan, der Mann, der sich eine Frau bestellt hatte wie andere Menschen eine Lebensmittellieferung, lag mit dem Baby auf dem viel zu schmalen Bett. Beide schliefen, wobei der kleine Johnny mit leicht geöffnetem Mund auf die nackte Brust des Ranchers sabberte.
Es hatte etwas zu Herzen gehendes, wie der große starke Mann, das kleine Wesen sicher auf sich festhielt. Und Melissa wurde klar, dass es das war, was sie sich gewünscht hatte. Einen Mann, der zart sein konnte, auch wenn er sonst unnahbar wirkte. Und ein Mann, der die Kraft und Willensstärke besaß, sich um sie beide zu kümmern.
Sie und Johnny hatten so viel Schreckliches erlebt. Und jetzt nicht mehr alleine für das Baby stark sein zu müssen, nahm Melissa eine große Last von den Schultern. Sie hatte so viel verloren, so viel von dem, was sie noch vor kurzem ausgemacht hatte.
Der Kosename Molly war für sie jetzt nur noch eine Erinnerung. Aus
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