Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
angesehen. Kleinigkeiten wurden hervorgeholt und aufgebauscht, der Ton wurde schärfer und das Schweigen breitete sich aus. Die Krankschreibung kam erst, als Johan schließlich einsah, dass ihm niemand helfen würde, den Prozess zu stoppen. Niemand würde in der Klinik an seiner Seite stehen. Es gab niemanden, der sich traute, einmal mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, der sich traute, wirklich Widerstand zu leisten. Im Schweigen ist alles erlaubt.
Johan hatte ihr nicht mehr in die Augen gesehen, sein Gesicht war ausdruckslos und grau geworden.
Lena kniff den Mund zusammen, dort, wo sie stand, sie schloss fest die Augen, um das Unbehagen zurückzuhalten, das langsam in ihr aufstieg, wenn sie an diese schwere, freudlose Zeit dachte.
Jetzt wollte sie ins Leben zurück. Manchmal hatte sie sich gewünscht, sie hätte sich getraut, sich scheiden zu lassen, sie wäre so mutig gewesen, Johan zu verlassen, obwohl sie ihn doch liebte. Sie hatte sich danach gesehnt, ein eigenes Leben zu führen und nicht nur im Schatten seines Elends leben und mit ihm gemeinsam die anderen hassen zu müssen. Jahr für Jahr war vergangen, lange Zeiträume, in denen sie ihn nicht richtig erreichen konnte. Lange Abende und Nächte, in denen sie schweigend nebeneinander lagen, sich vielleicht einmal umarmten. Aber zu mehr kam es nicht. Sie konnten nichts miteinander anfangen. Was hätte sie denn tun sollen, hatte sie doch tagsüber ihre Bibliothek und abends einen Mann, dem seine Verfolger übel mitspielten. Alles, was sie gemeinsam planten: Reisen, Ausflüge und Kinder, zerrann im Sand, zerplatzte wie Seifenblasen.
Er müsse nur erst frei sein, hatte er gesagt, und sie wartete und sehnte sich und merkte ganz deutlich, dass er in letzter Zeit aus der Dunkelheit langsam wieder hervorkam. Er wurde weicher, fast wie in alten Tagen. Er scherzte wieder, hatte Ideen, umarmte sie, und sie schliefen wieder miteinander, immer häufiger, und das fühlte sich wie früher an, voller Hitze und Behutsamkeit, und er nahm sie wahr, schaute ihr in die Augen, genoss und hielt sie hinterher in den Armen, und sie war selig und kuschelte sich an seinen Körper. Er hatte sie wieder aufgenommen.
Die Tränen brachen hervor. Johan war ein großartiger Mann gewesen, und sie liebte ihn.
Verdammte alte Hexe! Sie wünschte, sie könnte sie töten. Sie zu Brei zerquetschen. Sie sollte es am eigenen Leibe spüren!
Lena stand in der Dunkelheit auf der Straße zwischen zwei Laternen und ließ die Tränen fließen, gleichzeitig verspürte sie eine innere Leichtigkeit und eine kurze Befriedigung. Sie fischte ein Taschentuch aus der Tasche hervor und stieß dabei auf ein Papier und etwas Hartes. Sie holte ein Pfefferminzbonbon heraus, putzte sich die Nase und wickelte das Bonbon aus. Der Pfefferminzgeschmack erfüllte ihren Mund, die Tränen versiegten, und sie sah, dass diese Laura an ihrem Küchentisch im Erker saß. Eine kleine, magere Frau in einem dunklen Morgenrock, die etwas aus einer Tasse trank. Ihr dunkles Haar lag platt am Kopf, eine knochige Elster mit scharfem Schnabel. Die Lampe über dem Küchentisch schwebte wie eine riesige Untertasse aus mattem Glas über dem Tisch, an mehreren Drähten aufgehängt, ein ungewöhnliches, sicher sehr teures Objekt, vielleicht italienisch oder von einem modernen Lampendesigner aus den Glasbläsereien von Småland. Im Wohnzimmer war nur eine Stehlampe eingeschaltet und warf einen schwachen, gelblichen Schimmer. Das Zimmer lag größtenteils im Dunkel, die Wandbilder waren kaum zu erkennen, nur das Glitzern eines Kronleuchters funkelte ein wenig. Eine Wandlampe an der Treppe nach oben schien hell, und Lena konnte dort ein großes grünes Bild mit dicken, dunklen diagonalen Strichen darin erkennen. Von hier aus gesehen sehr effektvoll, aber sie konnte nicht sagen, ob es ihr gefiel oder nicht. Es war überhaupt schwer auszumachen, ob Laura ein geschmackvoll eingerichtetes Haus hatte oder nicht. Hübsche und sicher sehr teure Sachen. Nur schade, dass Laura das alles in einem nur halb modernen Haus ohne besonderen Stil hatte, dachte sie säuerlich. Nur so ein normales, in Serie gebautes Reihenhaus mit einem Handtuch von Garten auf der Vorderseite und einem etwas größeren auf der Rückseite, die übrigens auf ein Waldstück zeigte, und das war ja trotz allem von Vorteil, da so kein Nachbar bei Laura hineingucken konnte. Laura hätte eines der Holzhäuser in der Altstadt haben sollen, aber nicht einmal sie konnte offenbar alles
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