Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
waren aufgrund ihrer
gegensätzlichen Politik Feinde, zumal der Gründer des Lux ein medial
begabter Ordensmann gewesen war, der das erste katholische Institut für
medial Hochbegabte gegründet hatte. Für Leo stand jedenfalls fest, dass
sowohl das Lux als auch das Opus aufgrund ihrer Macht mit Vorsicht zu
genießen waren, auch wenn er selbst mit dem Lux sympathisierte.
»Nun denn, wenn die üblichen Verdächtigen ausscheiden«, stellte
Massini fest, »werden wir wohl auf Monsignore Hawletts
Ermittlungsergebnisse warten müssen«.
Ciban nickte. »So sieht es aus.«
Leo wusste, dass es so ganz und gar nicht aussah. Hawletts Mission war
zwar ein wichtiger Punkt, gleichzeitig aber auch nur ein kleiner Teil in Cibans gesamter Ermittlung. Längst hatte der Präfekt seine Fühler in alle möglichen Richtungen ausgestreckt, schöpfte aus Quellen, die der Papst
lieber nicht genauer kennen wollte. Das Lux Domini mochte dabei eine
seiner Hauptquellen sein. Auch wenn Leo bezweifelte, dass der Kardinal
ein aktives Mitglied des Lux war, so unterstand der Orden unter
Gasperettis Leitung dennoch der Glaubenskongregation und somit
Ciban.
Es existierte eine Namensliste, die von den letzten fünf Inquisitoren über die anonymen Kongregationsmitglieder des Lux bis hin zu den
vergangenen sechs Päpsten reichte. So waren, neben Ciban, die
Kardinäle Sarcina, Castelli, Leone, deRossi und Monti als
Großinquisitoren über das Geheimnis im Bilde.
Was die Päpste betraf, die nicht nur um das Geheimnis wussten, sondern
auch um die Identitäten der Kongregationsmitglieder …
»Sie forschen bis zu Pius zurück?«, hatte Leo ungläubig während ihres
letzten Vieraugengesprächs gefragt.
»Es könnte bereits unter Pius eine undichte Stelle gegeben haben. Doch
um ganz offen zu sein, weit mehr interessiert mich in diesem
Zusammenhang das Pontifikat Johannes Pauls.«
»Johannes Paul? Sein Pontifikat währte gerade mal dreiunddreißig
Tage.«
Ciban nickte, dann fing er an, von einem gewissen Dr. Thomas Kleier zu
erzählen, der mit seinem Assistenten Sebastiano Luca eine erstaunliche
Entdeckung in den Grotten unter dem Petersdom gemacht habe. Im
Auftrag Johannes Pauls. Die von dem Archäologen gesichtete Höhle sei
zwar unmittelbar danach eingestürzt, und man habe weitere Grabungen
auf Anweisung Kardinal deRossis eingestellt, allerdings habe der
Wissenschaftler einen Band über das Geheimnis retten können und mit
an die Oberfläche gebracht. Dieser werde noch heute in einer
Stahlkassette in den geheimen Archiven aufbewahrt.
»Denken Sie, Kleier hat die Schrift gelesen?«
Ein pfeilschnelles, amüsiertes Lächeln war über Cibans Lippen gehuscht.
»Noch bevor deRossi es ihm hätte verbieten können. Kleier hat zwar
einen heiligen Eid darauf geschworen, sein Wissen für sich zu behalten,
doch ich bin mir nicht sicher, ob er ebenso willensstark ist wie Sie,
Heiligkeit.« Ein kleiner Seitenhieb, der trotz seiner Sanftheit seine
Wirkung auf Leo nicht verfehlte.
»Was ist mit dem Assistenten?«
»Er scheint über den Inhalt des Buches nichts zu wissen. Aber wir sind
gerade dabei, das noch einmal zu überprüfen. Er lebt und arbeitet in
Mailand.«
»Und Kleier?«
»Ist seit acht Jahren im Ruhestand und in seinen Heimatort
zurückgekehrt, eine idyllische Stadt mit dem poetischen Namen
Saarbrücken, die Landeshauptstadt des Saarlandes, eine der katholischen
Hochburgen Deutschlands, Heiligkeit.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Archäologe oder sein Assistent
etwas mit den Morden zu tun hat.«
»Mit den Morden vielleicht nicht, aber sie könnten unwissentlich als
Informationsquelle gedient haben …«
Ciban hatte kurz innegehalten, seine schlanke, stattliche Gestalt in dem hohen Sessel gegenüber von Leos Schreibtisch etwas zurechtgerückt und
dann wie beiläufig auf die Liste mit den durchnummerierten Namen
gedeutet, die auf dem mächtigen Tisch zwischen ihnen lag. Eigentlich
waren es mehr Nummern als Namen, zumindest was die Namen der
päpstlichen Kongregation anging. Hinter den Ziffern der drei
Ermordeten befand sich ein schlichtes Kreuz.
»Nun rücken Sie schon raus damit, Marc. Was geht Ihnen durch den
Kopf?« Leo hatte den Kardinal bisher nie zögerlich erlebt.
»Ich habe mich gefragt, ob Ihnen in der letzten Zeit wohl irgendetwas
Verdächtiges aufgefallen ist. Diese spirituelle Verbindung zwischen
Ihnen und …«
»Ja?«
»Könnte es sein, dass einer Ihrer speziellen
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