Macabros 003: Attacke der Untoten
ganz in sich selbst versunken saß er eine
Zeitlang in dem dämmrigen Zimmer und starrte auf einen
imaginären Punkt.
Plötzlich erhob Rox sich.
Er ging zu dem massigen Bücherschrank, nahm einen speckigen
Folianten heraus und drückte auf einen kleinen aus der Wand
ragenden Hebel.
Die Holzwand neben dem Schrank glitt auseinander und gab einen
quadratischen Wandtresor frei, in dem es einen mit schwarzem Tuch
abgedeckten ovalen Behälter gab.
Vorsichtig, als trüge er eine Kostbarkeit, nahm Howard Rox
den Behälter heraus, stellte ihn auf den Tisch und zog das
schwarze Tuch herunter.
Unter einer gläsernen Kuppel befand sich ein kopfgroßer
Stein, der aufgeschnitten war wie ein Laib Brot.
Unter der rauhen, grauen und krustigen Oberschicht enthüllte
sich streifenförmig das rote Innere des seltsamen Steins.
Der rote glasartige Kern glühte in einem geheimnisvollen
Licht, als wäre der Stein von innen beleuchtet. Deutlich waren
die verschiedenfarbig roten Ringe zu sehen, die zur Mitte hin immer
dunkler und glühender wurden. In der Mitte dann befand sich ein
Loch, eine rundum mit glitzernden Kristallen besetzte Druse. Wer dort
hineinschaute, hatte das Gefühl, in einen glühenden Krater
zu sehen. Unter einem Mikroskop war dieser Blick ein Erlebnis, wie
ihn sich jeder Steinsammler nur wünschen konnte.
Howard Rox nahm die gläserne Schutzhülle herab.
Rox setzte sich davor und starrte in die Druse.
Das Glühen schien stärker zu werden.
»Der Stein kommt aus der Erde – und bleibt«,
murmelte Rox, »der Mensch aber kommt in die Erde – und
vergeht.«
Jahrmillionen, Jahrmilliarden mochte dieser Stein schon alt sein.
So alt wie die Erde. Vielleicht noch älter. Er existierte schon,
als Götter und Dämonen, Zauberer und Ungeheuer auf der Erde
weilten. Die Geheimnisse der Vorzeit hätte dieser Stein
erzählen können, wenn er sprechen könnte.
Merilla, seine Mutter, war als junges Mädchen in den Besitz
dieses Steins gelangt.
Ihm selbst hatte Merilla die Geschichte erzählt, auf welche
Weise sie zu dem rätselhaften Stein gekommen war.
»Ein Dämon hat ihn mitgebracht, aus dem Mittelpunkt der
Erde«, glaubte er ihre wispernde Stimme zu vernehmen.
Seine Umgebung versank, er sah nur noch das geheimnisvolle Glasen,
das einen glutrot wogenden Lichtschleier vor seine Augen wob. Im
Innern der Druse war dieses Glühen am stärksten. Die
Ungeheuerlichkeit der Farbintensität wirkte hypnotisch.
Das Licht aus der Tiefe der Erde drang in sein Hirn ein.
In dem Glühen und Glosen nahm er Schatten und Nebel wahr.
Sein Blickwinkel veränderte sich. Er nahm alles verzerrt,
vergrößert und intensiver wahr, als hätte er eine
Droge genommen.
Es war nicht mehr die daumennagelgroße Druse, in die er
blickte, der Eingang in ein unbekanntes Abenteuer lag vor ihm.
Die Öffnung war so gewaltig, daß er sich krampfhaft an
der Tischplatte festhielt, um nicht in diesen riesigen,
gähnenden Krater zu stürzen, der so gewaltig war, daß
ein Elefant in diesem titanischen Trichter wie eine Laus gewirkt
hätte.
»Ich bin gekommen…«, wisperte die Stimme Merillas
in ihm. Eine sanfte, betörende Stimme.
Sie war in ihm und um ihn. Der heiße Odem des Erdinneren
wehte ihm entgegen. »Ihr habt mich gerufen. Mehrmals habe ich
deine Stimme gehört…, nun sage mir, was du mir zu sagen
hast.«
In diesem Moment schlug sein Bewußtsein um. Er wurde
Merilla, sah mit ihren Augen, empfand mit ihren Sinnen.
Merilla verfügte über seltsame Anlagen und Talente.
Schon als kleines Kind griff sie die Erwachsenen an, beschimpfte und
bespuckte sie. In der Kirche war sie einmal auf den Altar zugerannt
und hatte dem Priester einen Schubs in den Rücken gegeben, so
daß der arme Mann gestürzt war.
Die Gerüchte um Merilla verstärkten sich. Sie ist
besessen! hieß es.
In ihrer Nähe ereigneten sich Unfälle und Menschen
erschraken, weil sie plötzlich Schreckgestalten zu erkennen
glaubten, die sich in Merillas Nähe austobten.
Zum erstenmal zeigten sich die Dämonen.
Aber sie waren nicht immer körperlich sichtbar.
Oft waren auch nur ihre Werke zu erkennen.
War Merilla irgendwo zu Besuch, dann wackelten die Lampen.
Glühbirnen zersprangen und seltsames Rumoren erfüllte das
Haus.
Man sperrte Merilla ein, beobachtete sie. Ärzte und
Psychiater, Priester und Erzieher.
Man behandelte sie.
Umsonst.
Merilla war auf unerklärliche Weise mit der Dämonenwelt
verbunden.
Eines Tages sperrte man Merilla ein. In ein Kloster. Sie entkam.
Man
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