Macabros Neu 02 - Athkrala - Seuchengezuecht des Molochos
losließ.
Was er danach tat, war jedoch Antwort genug – er kletterte an dem dicken Seil die Schiffswand nach oben.
»Da lassen wir uns doch nicht lange lumpen.« Rani packte das Seil und hangelte sich dem Jungen hinterher. Für ihn war das eine der leichtesten Übungen, und er wusste, dass Danielle ebenfalls keine Schwierigkeiten damit haben würde.
Der Junge rief ihnen von oben etwas entgegen und klang äußerst überrascht – auf diese Art hatten wohl noch keine Fahrgäste die Santa Johanna betreten.
Wenig später schwang sich Rani auf Deck, reichte Danielle die Hand, zog sie über das Sicherungsgeländer und zückte dann die beiden Tickets. Die hielt er den drei Männern entgegen, die auf die Rufe des Jungen hin herbeieilten und wahrscheinlich mit bitterbösem Ärger rechneten.
»Wir waren nur ein paar Minuten zu spät«, sagte Rani locker.
Nachdem die drei das Ticket begutachtet hatten, brachen sie in Gelächter aus. Auch sie sprachen Englisch nur sehr notdürftig, konnten sich aber immerhin verständigen. Sie warfen Danielle Blicke zu, die sie halb auszogen, und luden die beiden ein, im Mannschaftsquartier am Abend etwas zu trinken – die Nacht sei lang, so einsam auf dem Meer, behaupteten sie.
Danielle zog sich mit wenigen Worten aus der Affäre und wandte sich ab. Die drei ließen sich jedoch nicht so leicht abwimmeln und erboten sich, die beiden Fahrgäste wenigstens zu ihrer Unterkunft zu begleiten … in den Luxury-Room, der sich als riesiger, eiskalt temperierter Schlafraum erwies, in dem zweistöckige Bettgestelle in Reih und Glied etwa zwei-bis dreihundert Schlafkojen schufen.
Überall waren Leute dabei, Gepäckstücke an den Fußenden der ohnehin kurzen Matratzen zu deponieren und die winzigen Kissen zu überziehen. Andere hatten sich längst hingelegt; hin und wieder schnarchte jemand. Neben dem Eingang hing ein Fernseher an der Wand und dröhnte viel zu laut seinen blechernen Ton – ein Priester war darauf zu sehen, der unablässig plapperte, während eine hübsche Asiatin ebenso unablässig mit Yes, yes bestätigte.
Der Koloss von Bhutan fand die Bezeichnung Luxury Room zwar reichlich übertrieben, doch er war schließlich nicht an Bord, um eine bequeme Überfahrt zu genießen. Sie mussten Anthony Wilson finden, den Anführer des Dämonenkultes, der womöglich mehr wusste über die ›Chronik der Totenpriester‹ – oder unter Umständen sogar das Original dieser todbringenden Schrift besaß! Außerdem bestand wohl kein Zweifel, dass das schreckliche Seuchengezücht des Molochos auch Wilson auf der Spur war und ihn ebenso aushöhlen und fressen wollte wie alle Mitglieder des ehemaligen Kultes …
Sie mussten Wilson finden, ehe diese letzte Spur zur Chronik der Totenpriester versiegte und die Schrift unauffindbar sein würde! Und sie wussten nur, dass sich Wilson an Bord dieser Fähre befand … zumindest hofften sie es. Zwar hatte Wilson es an der Rezeption seines Hotels behauptet – doch falls er nur ein Ablenkungsmanöver gestartet hatte, waren ihm Rani und Danielle voll in die Falle getappt. Dieser fatale Gedanke kam Rani in diesem Augenblick zum ersten Mal.
Er schaute durch ein Bullauge, das trotz der Verschmutzungen immerhin einen Blick nach draußen zuließ. Die Fähre hatte längst abgelegt, die Hafengebäude wurden zunehmend kleiner. Unter den Füßen spürte Rani leichtes Vibrieren, ausgelöst zweifellos durch das Wummern der Antriebsmaschinen.
»Willkommen an Bord«, sagte Danielle und küsste ihn.
Sie ahnten in diesem Augenblick noch nicht, was ihnen auf dem Schiff bevorstand.
Es sollte eine wahre Horror-Kreuzfahrt werden …
7. Kapitel
Im Hotel hatte Danielle noch erfahren, dass die Rezeptionistin für Wilson die letzte Einzelkabine auf der Santa Johanna reserviert hatte, die noch zur Verfügung gestanden hatte. Sie wussten also, wo sie suchen mussten.
Ihre Plätze im Luxury Room beachteten sie nicht; sie rechneten nicht damit, in dieser Nacht genügend Ruhe zu finden, um sich hinzulegen. Stattdessen verließen sie diese Schlafhalle und waren froh, die drei Matrosen wieder losgeworden zu sein.
Ein verwittertes Schild wies ihnen den Weg zu den Einzelkabinen – immer in Richtung des Bordbistros.
»Das ist alles?«, entfuhr es Rani Sekunden später, als sie vor einer Reihe von nur vier schmalen Türen standen.
Hinter ihnen kicherte jemand. »Die Einzelkabinen sind nicht gerade sonderlich beliebt!«
Rani drehte sich um; ein braungebrannter Mann in einem leichten
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