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MacBest

Titel: MacBest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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benutzt, um sich ein interessantes und blasses Aussehen zu geben. Angesichts der üppig aufgetragenen Wimperntusche gewann der Wächter den Eindruck, zwei Fliegen zu beobachten, die in eine Zuckerschüssel gefallen waren. Nur mit Mühe widerstand er der Versuchung, die Hand zu heben, um den bösen Fluch des Lidschattens abzuwehren.
    »In Ordnung«, murmelte er zaghaft. Die eingerosteten Zahnräder seines Verstands gerieten langsam in Bewegung. Sie ist eine Hexe. Seit einiger Zeit erzählt man sich, Hexen seien schlecht für die Gesundheit. Ich habe den Befehl, keine Hexen passieren zu lassen, aber niemand hat mich aufgefordert, Apfelverkäuferinnen fortzuschicken. Apfelverkäuferinnen stellen überhaupt keine Gefahr dar. Ganz im Gegensatz zu Hexen. Diese Frau behauptet, eine Apfelverkäuferin zu sein, und ich werde mich hüten, eine Hexe als Lügnerin zu bezeichnen.
    Der Wächter lächelte, zufrieden über diese spezielle Version der Logik. Er trat zur Seite, verbeugte sich tief und winkte.
    »Du kannst passieren, Apfelverkäuferin.«
    »Vielen Dank«, sagte Magrat zuckersüß. »Möchtest du einen Apfel?«
    »Nein, danke. Ich muß erst noch den aufessen, den mir die andere Hexe gegeben hat.« Der Wächter rollte mit den Augen. »Nein. Nein, es war keine Hexe. Eine Apfelverkäuferin. Nur eine harmlose alte Apfelverkäuferin. So wie du. Ich meine, älter.«
    »Wann kam sie hierher?«
    »Vor einigen Minuten …«
     
    Oma Wetterwachs hatte sich nicht verirrt. Sie gehörte nicht zu den Personen, die dazu neigten, sich zu verirren. Auch jetzt, wußte sie ganz genau, wo sie sich befand, aber leider blieb ihr der Aufenthaltsort aller anderen Personen verborgen. Sie war gerade in der Küche eingetroffen, und ihr Erscheinen führte beim Koch, der Stangensellerie briet, zu einem Nervenzusammenbruch. Der Umstand, daß mehrere Personen versucht hatten, Äpfel von ihr zu kaufen, verbesserte Omas Stimmung nicht.
     
    Magrat erreichte den Großen Saal, der um diese Zeit leer war – abgesehen von zwei Wächtern, die mit Würfeln spielten. Sie trugen die Wappenröcke von Lord Felmets persönlicher Leibgarde und unterbrachen ihr Spiel sofort, als sie die junge Frau sahen.
    »Na, wen haben wir denn da?« brummte einer von ihnen und grinste anzüglich. »Bist gekommen, um uns Gesellschaft zu leisten, nicht wahr, hübsches Schätzchen?« 12
    »Ich suche das Verlies«, erwiderte Magrat, für die der Ausdruck ›sexuelle Belästigung‹ nur eine sinnlose Folge von Silben war.
    »Ach«, sagte einer der Wächter und zwinkerte dem anderen zu, »da können wir dir vielleicht helfen.« Die Gardisten standen auf, blieben rechts und links neben Magrat stehen. Sie sah Kinne, an denen man Streichhölzer entzünden konnte, und außerdem bemerkte sie den fast überwältigenden Geruch von abgestandenem Bier. Einige besonders aufmerksame Teile ihres Bewußtseins schickten Alarmsignale aus undkratzten an der eisenharten Überzeugung, üble Dinge stießen immer nur üblen Menschen zu.
    Die Wächter führten sie mehrere Treppen hinunter und in ein Labyrinth aus dunklen gewölbten Gängen. Magrat glaubte allmählich, daß sich etwas Unangenehmes anbahnte, und sie suchte nach einem höflichen Ausweg.
    »Ich sollte euch warnen«, sagte sie. »Ich bin nicht die harmlose junge Apfelverkäuferin, für die ihr mich vielleicht haltet.«
    »Tatsächlich nicht?«
    »Nein, in Wirklichkeit bin ich eine Hexe.«
    Dieser Hinweis schien die Wächter nicht zu beeindrucken. Sie wechselten einen kurzen Blick.
    »Na schön«, brummte einer. »Ich habe mich immer gefragt, wie es sein mag, eine Hexe zu küssen. Angeblich verwandelt man sich dadurch in einen Frosch.«
    Der andere Gardist gab ihm einen Stoß. »Ich glaube«, begann er in dem vollen, reifen Tonfall eines Mannes, der glaubt, daß seine nächsten Worte unglaublich komisch sind, »du hast vor einigen Jahren schon eine geküßt.«
    Das schallende Gelächter verklang, als Magrat an die Wand geschleudert wurde und Gelegenheit bekam, sich die Nasenlöcher eines Wächters aus unmittelbarer Nähe anzusehen.
    »Jetzt hör mir mal gut zu, Schätzchen«, grollte er. »Falls du unbedingt eine Hexe sein willst, so bist du nicht die erste, die wir hier unten hatten. Aber vielleicht hast du Glück. Vielleicht kannst du diesen Ort wieder verlassen. Wenn du nett zu uns bist, verstanden?«
    Irgendwo in der Nähe erklang ein kurzer schriller Schrei.
    »Das ist – oder war – eine Hexe, die Widerstand zu leisten versuchte«,

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