Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mach mich nicht an

Mach mich nicht an

Titel: Mach mich nicht an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carly Phillips
Vom Netzwerk:
reinkommen und mit dir frühstücken«, sagte sie mit verdächtig wackeliger Stimme.
    Vaughn betrachtete sie aus schmalen Augen. Sie wollte mit ihm frühstücken? »Wieso? Was ist los?«
    Sie blinzelte. »Hat Annabelle dir erzählt, dass wir gestern miteinander Kaffee trinken waren?«
    Wenn seine Mutter ihn in die Magengrube geboxt hätte, wäre er wahrscheinlich nicht minder überrascht gewesen. »Nein, hat sie nicht. Wir hatten vor ihrer Abreise nicht viel Gelegenheit, uns zu unterhalten.«
    Sie hatten alles andere getan als zu reden.
    Und ich Narr war auch noch geradezu lächerlich erleichtert darüber , dachte er. Dafür hatte Annabelle offenbar gestern mit seiner Mutter, die nie viel Wert auf eine Unterhaltung mit ihm gelegt hatte, tiefgründige Gespräche geführt! Welche Ironie!
    Vaughn musterte Estelle eingehend. Ihm war, als würde er sie das erste Mal so richtig zur Kenntnis nehmen. Sie schien irgendwie offener, zugänglicher, weniger arrogant. Er konnte sich nicht vorstellen, was den plötzlichen Wandel verursacht hatte. Aber irgendetwas bewog ihn dazu, zur Seite zu treten und sie hereinzulassen.
    Er konnte sich nicht erinnern, als Teenager auch nur ein Mal mit ihr gefrühstückt zu haben. Ungelenk schenkte er Orangensaft in zwei Gläser - etwas anderes gab es nicht, da Annabelle ihr Versprechen, einkaufen zu gehen, nicht mehr hatte einlösen können. Dann setzte er sich seiner Mutter gegenüber an den Tisch.
    »Nach dem Brand sind mir ein paar grundsätzliche Dinge aufgegangen«, begann Estelle schließlich.
    Vaughn hob schweigend eine Augenbraue.
    »Wir - und damit meine ich wirklich wir - waren in heller Aufregung. Wir konnten dich telefonisch nicht erreichen. Dein Vater fuhr zum Gästehaus, aber da warst du nicht. Und die Feuerwehrleute konnten uns nicht sagen, ob du dich im Gebäude befunden hattest oder nicht.« Ihre Stimme klang leise, fast schon unterwürfig.
    »Ich war gar nicht in der Stadt. Annabelles Schwestern hatten eine Firmenfeier in Manhattan organisiert, zu der ich eingeladen war.«
    Seine Mutter nickte. »Ja, das hat sie mir erzählt. Und mir fiel bei der Gelegenheit auf, dass ich nicht einmal deine Handynummer habe. Was bin ich nur für eine Mutter?« Sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen.
    Vaughn wusste nicht recht, was er darauf sagen sollte. »Nun, wir sind eben nicht auf derselben Wellenlänge. Das lässt sich nicht leugnen. Und ich weiß nicht einmal, ob du dir je die Mühe gemacht hast, mich verstehen zu wollen. Oder zu akzeptieren, dass ich nicht der Sohn war, den du dir gewünscht hast.«
    Die Worte brannten ihm in der Kehle, aber er sprach sie trotzdem aus - nicht voller Hass und Wut diesmal, sondern vielmehr, um ihr seine Gefühle zu offenbaren und die negativen Emotionen loszuwerden, die sich so lange in ihm aufgestaut hatten.
    »Du hast völlig Recht«, gab sie zu, was ihn einigermaßen schockierte. »Dein Vater hatte beschlossen, sein Leben der akademischen Laufbahn zu widmen, und ich hatte mein Leben ihm gewidmet. Ein Sportler war nicht... passte nicht...«
    »In eure Pläne«, vervollständigte er ihren Satz. »Genauso wenig wie ein Kind mit Leseschwäche. Aber die hatte ich nun mal; das war ich nun mal«, fuhr er mit erhobener Stimme fort. »Es ist bei Gott nicht so, als hätte ich mir das selbst ausgesucht, nur um euch das Leben damit schwer zu machen.« Er ließ die Faust auf den Tisch donnern und wollte sich gerade erheben, da fiel ihm auf, dass seine Mutter feuchte Augen bekommen hatte.
    Er hörte förmlich, wie Annabelle flehte: Gib ihr eine Chance! Also zwang er sich, sitzen zu bleiben.
    »Ich habe Fehler gemacht«, stellte Estelle fest. »Wir haben Fehler gemacht. Wir wussten es nicht besser. Ich versuche ja gar nicht, mich zu rechtfertigen, Brandon. Dein Vater wurde von seinem Vater so erzogen, und meinen familiären Hintergrund kennst du ja. Ich hatte Glück, dass ich aus diesem Milieu raus kam und nicht wie meine Mutter die Toiletten anderer Leute putzen musste, um zu überleben.« Sie langte nach einer Serviette und tupfte sich die Augen trocken. »Aber wie gesagt, wir haben Fehler gemacht und du musstest dafür büßen. Wir auch, indem wir es wegen unserer Kurzsichtigkeit verabsäumt haben, all deine Begabungen und Leistungen mit dir zu feiern.«
    Er massierte sich mit den Fingern die Schläfen. »Na ja, ich habe es euch ja auch nicht gerade einfach gemacht«, räumte er ein. Er hatte sich in dem Augenblick, als ihm aufging, dass er in der Schule versagte

Weitere Kostenlose Bücher