Mach mich nicht an
öffnete die Lippen, und er ließ die Zunge dazwischen gleiten. Es fühlte sich an, als würde er nach viel zu langer Abwesenheit endlich wieder nach Hause kommen. Obwohl er wusste, dass sie sich in der Öffentlichkeit befanden und von ihrer Familie und zahlreichen Gästen umgeben waren, legte er all seine Empfindungen in diesen Kuss, der schier endlos zu dauern schien; keiner von beiden wollte ihn beenden.
Schließlich wurden sie von Lolas Stimme unterbrochen. »Entschuldigt bitte.«
Annabelle zuckte zurück und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, als wäre sie noch ein Teenager und als solcher eben dabei ertappt worden, wie sie mit ihrem Freund herumknutschte.
»Erwischt«, sagte sie lachend, während sie von Vaughn zu Lola und wieder zurück schaute.
»Allerdings, aber das ist nicht der Grund, warum ich dich störe. Ich muss dringend mit dir und deinen Schwestern reden.«
Sofort fiel Vaughn das Gespräch zwischen Yank und seiner Assistentin ein, das Annabelle belauscht hatte und das ihr so schwer zugesetzt hatte. Er wusste, sie setzte alle ihre Hoffnungen darauf, dass ihr Onkel endlich zur Vernunft kommen und Lola seine Liebe eingestehen würde, was Vaughn allerdings ernsthaft bezweifelte. Die Sturheit des alten Yank spottete jeder Beschreibung. Es bestand durchaus die Gefahr, dass Lola ihre Sachen packte und ging. Das wäre für die drei Schwestern ein ziemlicher Schlag.
Annabelle ließ in Panik den Blick durch den Raum schweifen. »Kann das nicht warten bis nach der Party?«, fragte sie, stets die professionelle PR-Beraterin.
Doch Vaughn erkannte an ihrer spröden Stimme, wie sehr sie sich am Riemen reißen musste, um Ruhe zu bewahren. Sie erwartete offensichtlich das Schlimmste.
Lola ergriff ihre Hände. »Sicher kann es das. Aber es ist wirklich wichtig.«
Annabelle nickte. »Okay«, flüsterte sie.
»Ich werde Micki und Sophie sagen, sie sollen nach der Party nicht gleich verschwinden.« Lola drückte noch einmal Annabelles Hand und nickte Vaughn zu, ehe sie sich auf die Suche nach den beiden anderen machte.
Annabelle wandte sich an Vaughn. »Lola hat mich seit jeher durchschaut. Sie hat mir hundertprozentig angesehen, dass ich mich aufrege. Trotzdem hat sie nicht wie üblich gesagt, dass alles gut werden wird.« Sie biss sich auf die Unterlippe.
»Weil sie weiß, dass du stark bist und mit allem fertig wirst, was immer kommen mag.« Vaughn dachte an Yanks Augenleiden.
»Ich werde meinen Onkel erwürgen.« Annabelle schüttelte konsterniert den Kopf.
»Du kannst an seinen Gefühlen nichts ändern.«
»Aber er liebt sie doch! Sie wird uns verlassen und er sieht tatenlos zu.« Ihre Stimme wurde zunehmend lauter, die Furcht war ihr deutlich anzumerken.
Vaughn legte ihr in einer beschützenden Geste einen kräftigen Arm um die Schulter. »Erstens liegt die Entscheidung ganz allein bei ihm und zweitens bist du keine zwölf mehr. Auch wenn Lola bei Hot Zone kündigt, wird sie nicht einfach so aus deinem Leben verschwinden. Das weißt du doch, oder?«
Annabelle nickte und zwang sich, möglichst tief und gleichmäßig zu atmen. »Ich benehme mich kindisch. Tut mir Leid.« Sie straffte die Schultern und hob den Kopf.
Er war stolz auf sie. »Das habe ich nicht gesagt. Solche Gefühle entziehen sich deiner Kontrolle, weil sie ihren Ursprung in deiner Kindheit haben. Ich bin sicher, dass deine Reaktion ganz normal ist für jemanden, dessen Eltern so früh gestorben sind. Ich möchte nur, dass du heute die Lage aus dem richtigen Blickwinkel betrachtest.«
Annabelle lächelte ihn dankbar an. »Was würde ich nur ohne dich machen?«, fragte sie und umarmte ihn spontan.
Von Gefühlen übermannt atmete er den Duft ihres Parfüms ein. Er verkniff es sich, auf ihre Frage zu antworten - er wusste genauso wenig, was er ohne sie machen würde. Aber genau wie Yank hatte er einige Entscheidungen zu treffen.
»Was meinst du, sollen wir jetzt einfach die Party genießen und uns wegen Lolas Plänen später den Kopf zerbrechen?« Oder aber über seine Pläne... Er strich ihr mit der Hand über das Haar in dem Versuch, sie zu beruhigen.
»Ich meine, du hast völlig Recht.« Sie schnappte sich noch einen Drink von einem der Tabletts, die vorbei getragen wurden, und kippte ihn in einem langen Zug hinunter.
Er wollte sie daran hindern, spürte jedoch, dass sie das brauchte für die Nacht, die ihr bevorstand. Er würde für sie da sein, wenn Lola ihre Bombe platzen ließ.
Nichts und niemand konnte ihn
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