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Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Eines trug rosa Pompons an den Ohren und einen Damensattel aus Hirschleder.
    Rodolphe hatte lange weiche Stiefel angelegt, denn er meinte, dergleichen habe sie wahrscheinlich nie gesehen; in der Tat war Emma hingerissen von seinem Auftritt, als er am Treppenabsatz erschien, im vornehmen Samtrock und weißer Trikothose. Sie war bereit, sie erwartete ihn.
    Justin stahl sich aus der Apotheke, um sie zu sehen, und auch der Pharmazeut kam hervor. Er gab Monsieur Boulanger Ratschläge:
    »Ein Unglück ist schnell geschehen! Geben Sie Obacht! Ihre Pferde sind möglicherweise feurig!«
    Sie hörte ein Geräusch über dem Kopf: Es war Félicité, die ans Fensterglas trommelte, um die kleine Berthe zu ergötzen. Das Kind warf aus der Ferne eine Kusshand; seine Mutter winkte mit dem Knauf der Reitpeitsche.
    »Schönen Ausritt!« rief Monsieur Homais. »Vorsicht, sag’ ich! Vorsicht!«
    Und er wedelte mit seiner Zeitung und schaute ihnen hinterher.
    Sowie Emmas Pferd die Erde spürte, fiel es in Galopp. Rodolphe galoppierte neben ihr. Hin und wieder wechselten sie ein Wort. Das Gesicht leicht gesenkt, die Hand erhoben und den rechten Arm ausgestreckt, gab sie dem Rhythmus der Bewegung nach und wiegte sich im Sattel.
    Am Fuß der Anhöhe ließ Rodolphe die Zügel schießen; gemeinsam stoben sie davon, mit einem Satz; oben dann blieben die Pferde plötzlich stehen, und ihr großer blauer Schleier fiel herab.
    Es waren die ersten Oktobertage. Nebel lag über der Landschaft. Dunstfetzen zogen sich bis an den Horizont, zwischen den Windungen der Hügel; andere zerrissen, stiegen hoch, entschwanden. Manchmal, durch ein Wolkenloch, unter einem Sonnenstrahl, erblickte man in der Ferne die Dächer von Yonville, mit den Gärten am Flussufer, den Höfen, den Mauern und dem Kirchturm. Emma kniff ein wenig die Augen zusammen, um ihr Haus zu erspähen, und nie zuvor war dieses armselige Dorf, in dem sie lebte, ihr so klein erschienen. Von den Höhen, auf denen sie standen, wirkte das ganze Tal wie ein endloser fahler See, der sich in Luft verflüchtigte. Hier und da ragten Baumgruppen hervor wie schwarze Felsen; und die hohen Pappelreihen, die aus den Schwaden tauchten, glichen sandigen Uferstreifen, aufgewühlt vom Wind.
    Daneben, auf dem Gras, zwischen den Tannen, flirrte braunes Licht in der lauwarmen Luft. Die Erde, rötlich wie Tabakstaub, dämpfte das Geräusch der Schritte; und mit den Spitzen der Hufe stießen die Pferde im Gehen herabgefallene Tannenzapfen vor sich her.
    Rodolphe und Emma folgten dem Waldsaum. Sie wandte hin und wieder den Kopf, um seinem Blick auszuweichen, dann sah sie nur die Reihe der Baumstämme, und deren stete Abfolge machte sie ein wenig benommen. Die Pferde schnaubten. Das Sattelleder knarrte.
    Als sie in den Wald hineinritten, kam die Sonne zum Vorschein.
    »Gott schützt uns!« sagte Rodolphe.
    »Glauben Sie?« erwiderte Emma.
    »Vorwärts! vorwärts!« rief er.
    Er schnalzte mit der Zunge. Die beiden Tiere griffen aus.
    Lange Farnwedel am Wegrand verfingen sich in Emmas Steigbügel. Rodolphe bückte sich mehrfach im Reiten und machte sie los. Dann wieder kam er dicht heran, um Zweige auseinanderzubiegen, und Emma spürte sein Knie, das ihr Bein streifte. Der Himmel war inzwischen blau. Kein Blatt rührte sich. Heidekraut blühte in großen Flecken, und veilchenblaue Teppiche wechselten mit dem Dickicht der Bäume, die grau waren, fahlrot oder golden, je nach Art ihres Laubs. Oft hörte man im Gebüsch einen leichten, verstohlenen Flügelschlag oder das sanft-heisere Krächzen der Raben, die aufflatterten in den Eichen.
    Sie saßen ab. Rodolphe band die Pferde fest. Sie ging voraus, über das Moos, zwischen den Radspuren.
    Doch ihr langes Kleid behinderte sie, obwohl die Schleppe gerafft war, und Rodolphe, der ihr nachfolgte, blickte zwischen dem schwarzen Tuch und dem schwarzen Stiefelchen auf die Zartheit ihres weißen Strumpfes, und dieser schien ihm Teil ihrer Nacktheit.
    Sie blieb stehen.
    »Ich bin müde«, sagte sie.
    »Ein Stückchen noch, versuchen Sie’s!« erwiderte er. »Kopf hoch!«
    Doch hundert Schritt weiter blieb sie neuerlich stehen; und durch ihren Schleier, der von ihrem Männerhut schräg herabfiel auf die Hüften, sah man ihr Gesicht in bläulicher Transparenz, als schwimme sie unter Fluten von Azur.
    »Wohin gehen wir?«
    Er antwortete nicht. Sie atmete stoßweise. Rodolphes Augen schweiften umher, und er kaute an seinem Schnurrbart.
    Sie kamen zu einer breiteren Stelle, wo man

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