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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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Allwiss. »Und wohin wollt Ihr so eilig, wenn ich fragen darf?«
    »Dem Schandkerl auf den Leib rücken, der das geschrieben hat, ihm den Hals umdrehen.«
    »Und wenn nun eben das bezweckt wäre, daß Ihr dem Boten nachrennt? Wenn am Ende des Weges in der Höhe Euer Mörder wartete und sich diesmal kein rettendes Wolfsrudel zeigte?« »Meint Ihr, so könnte es kommen?«
    »Ich meine es nicht nur, ich weißes. Ihr werdet mir vielleicht nächst keinen Glauben schenken, wenn ich Euch sage, daß ich eil les weiß.«
    Madru musterte den Zwerg von Kopf bis Fuß.
    »Ja«, sagte der kleine alte Mann und deutete eine Verbeugung »ich bin Allwiss. Jener Allwiss … nun Ihr wißt schon.« Er mach eine Pause, um Madru Zeit zu lassen, sich von seinem Erstaunen zu erholen und sprach dann weiter: »Mit dieser Begegnung in fru- hester Zeit verhielt es sich übrigens etwas anders als man immer sagen hört. Mir war damals ein entscheidender Umstand nick klar. Ich war der Meinung, wenn ich den Menschen sagen würde, was ich weiß, würde das Schlimmste nicht eintreten. Ich dachte, sie seien dann gewarnt … hätten eine Möglichkeit, sich anders zu entscheiden. Aber das war ein Irrtum.«
    »Wieso?«
    »Weil alles ein Traum ist, und er ist schon geträumt. Ein langer, unendlich verwickelter, höchst komplizierter Traum von Zeit. Verstehst du, was das heißt: die Möndin ein Traum, Bri und Bru ein Traum, eure Welt ein Traum, die Menschen ein Traum – und eines Nachts wird ein anderer Traum geträumt werden, und auch von ihm weiß ich schon den Inhalt. Es macht ziemlich melancholisch,
    soviel zu wissen und nichts daran ändern zu können. Aber was blase ich dir da die Ohren voll. Du hast andere Sorgen.« »Nein«, sagte Madru, »was du da erzählst, scheint mir wichtiger zu sein.«
    »Kannst du mir folgen?«
    »So in etwa. Aber wenn alles schon entschieden ist, wäre es ja für den Einzelnen sinnlos, überhaupt noch etwas zu tun.«
    »Im großen und ganzen entschieden. Und woher willst du wissen, ob das Leben des Einzelnen viel Einfluß auf das Endergebnis hat?« »Der einzelne Mensch«, rief Madru empört, »bedeutungslos?« »Lassen wir das«, sagte Allwiss, »in diesen Dingen bekomme ich
    190 n n den Leuten immer Streit. Soviel jedenfalls ist sicher: Weil träumend alles erschaffen und bestimmt worden ist, darum ist das I ,numen selbst etwas Heiliges. Man kann sagen: wer gut träumen lernt, ist den Göttern nahe. Hat dir schon einmal jemand gesagt, t1.11; du eine große Begabung dafür hast? Nein? Nun gut, dann erfährst du es jetzt. Bru hat mich herübergeschickt. Sie möchte sich deiner Fähigkeit, gut zu träumen, bedienen. Sie läßt dich grüßen lind versichert dich ihrer Huld und Zuneigung.«
    »Soll das heißen, daß Ihr aus der Anderswelt herübergekommen seid?«
    »So ist es.«
    »... und auch wieder hinübergeht?«
    »Tatsächlich hat sie mir erklärt, ich solle mich beeilen, sie werde mich bald zu einer anderen Mission brauchen.«
    »Dann wißt Ihr auch, wie man von dieser Welt in die Anderswelt gelangt?«
    »Erinnere dich daran, daß ich leider alles weiß.«
    »Und die Übergänge?« fragte Madru begierig. »Sind es Löcher im Boden, kann man an einer bestimmten Stelle über die Mauer klettern? Ist sie irgendwo eingestürzt?«
    »Nicht doch«, sagte der Zwerg, »das sind so Vorstellungen, wie sie diese Druiden den Sterblichen aufgeschwatzt haben, um sich wichtig zu machen. Tatsächlich sieht es ganz anders aus. Du wirst es ja selbst bald erleben. Und jetzt, leb wohl, mein junger Freund. Wir sehen uns bald wieder. Du wirst dann in einer etwas verzweifelten Stimmung sein. Deswegen verspreche ich dir schon jetzt: Du sollst einen Wunsch frei haben ... einen Wunsch für etwas, das dir Freude macht.«
    »Ein merkwürdiger Mann seid Ihr«, sagte Madru kopfschüttelnd, »wie kommt es, daß Ihr mir so ohne weiteres einen Wunsch schenkt?«
    »Es war Brus Einfall, und der Wille meiner Herrin ist mir Befehl. Vielleicht sollte ich dich daran erinnern, daß sie dir gewogen ist.« Damit wandte er sich um und ging eilig fort. Madru sah ihm nach. Einen Moment wurde der Zwerg von einem Baumstamm verdeckt. Ein Stück weiter, und er mußte wieder zu sehen sein. Aber er tauchte nicht wieder auf.
    Madru rannte zu dem Baum hin. Da gab es nichts Besonderes zu sehen. Keine Höhle im Wurzelwerk, kein Kaninchenloch. Aber elri nen Steinwurf weiter sah er Haselnußsträucher. Die Blätter meh rerer Zweige senkten sich wie ein grüner Vorhang. Es

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