Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi
sie kurz darüber nachgedacht hat, aber dann entwickelte sich das Gespräch mit einer solchen Geschwindigkeit, dass Sven und sie nur noch reagieren und nicht mehr agieren konnten. Dass Bastian über diese Panne mehr als wütend ist, sieht Silja an der Hektik, mit der er den Kaffee in sich hineinschüttet. Sie kennt diese Angewohnheit zur Genüge aus der Zeit ihrer Beziehung und weiß mit großer Sicherheit, dass die Entladung seines Zorns nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. Doch noch hält sich Bastian zurück und gibt den wohlwollenden Vorgesetzten. Irgendwo in seinem Inneren muss aber der wütende Boss schon bereitstehen.
»Okay, so weit, so gut«, fährt der Hauptkommissar fort. »Habt ihr denn wenigstens im Nachhinein irgendwelche Unstimmigkeiten ermitteln können? Immerhin habt ihr die beiden jetzt fast zwei Stunden lang getrennt vernommen.«
Silja räuspert sich, bevor sie zögernd zu reden beginnt. »Der Knackpunkt ist dieser mysteriöse Typ, der gegen Mitternacht bei den Mönchingers vor der Tür gestanden haben soll.«
»Behauptet die Schwester«, fällt Sven ein.
»Das weiß ich«, schnauzt Bastian. »Ich leide nicht an Alzheimer.«
Silja wirft dem Kollegen einen kühlen Blick zu, verzichtet aber darauf, ihn durch eine direkte Reaktion noch weiter zu provozieren. Stattdessen erklärt sie: »Wir haben uns also überlegt, unsere Vernehmung um diesen Vorfall herum zu intensivieren. Wann kam Mönchinger genau nach Hause? Hat er den mysteriösen Besucher gesehen? Hat seine Schwester vielleicht sogar von ihm erzählt?«
»Das wissen wir doch alles schon«, unterbricht sie Bastian unwirsch. »Mönchinger hatte keine Ahnung von diesem Besucher, denn die Schwester ist ja erst bei unserer ersten Vernehmung mit der Neuigkeit herausgerückt.«
»Ja, schon, aber damals hat er auch noch behauptet, gar nicht nach Hause zurückgekommen zu sein.«
»Stimmt auch wieder. Also weiter.« Bastian füllt seinen Becher noch einmal, verzichtet aber darauf, den Kaffee gleich hinunterzustürzen, sondern betrachtet den Inhalt des Bechers lediglich mit finsterem Blick. Silja beschließt, das als gutes Zeichen zu sehen, und redet eifrig weiter.
»Es war natürlich ziemlich mühsam. Sven und ich mussten uns immer wieder absprechen und austauschen, deswegen haben die Vernehmungen auch so lange gedauert, aber am Schluss hatten wir die beiden am Haken.«
»Und?« Bastian blickt mit drohend gerunzelten Brauen von seinem Kaffee auf.
»Der Kniff war, dass sie sich ja nach Hubert Mönchingers Rückkehr begegnet sein müssen, sonst kann die Schwester dem Bruder schlecht ein Alibi geben. Sie sagt, sie hätten sich getroffen, als sie sich in der Küche ein Glas Wasser geholt habe. Er sagt, es war im Bad, als er sich die Zähne putzen wollte …«
»… und sie sich ein Glas Wasser geholt hat«, vervollständigt Sven triumphierend den Satz.
»Das war knapp, oder?« Bastian grinst jetzt unverhohlen.
»Kannst du wohl sagen.« Sven lächelt erleichtert. »Die beiden sind ziemlich aufeinander eingespielt, sie kennen sich sehr gut, und die wenigen Hinweise, die diese Christa ihrem Bruder noch beim Vierergespräch gegeben hat, hätten fast ausgereicht, um ein astreines Alibi zu konstruieren.«
Bastian Kreuzer nickt nachdenklich. »Wo sind die beiden Vögelchen jetzt?«
»Noch in den Vernehmungszimmern. Wir wollten nur schnell mit dir besprechen, wie es weitergeht.«
Der Hauptkommissar stößt sich vom Fensterbrett ab, geht die paar Schritte zur Spüle und kippt den Inhalt seines Kaffeebechers mit angewidertem Gesichtsausdruck hinein. »Ekelhaft, diese Brühe. Wir sollten dringend die Sorte wechseln. Und Mönchinger buchten wir ein. Verdunkelungsgefahr. Ich telefoniere gleich mit der Bispingen und kümmere mich um den Haftbefehl.«
»Okay. Wie du meinst.« Sven Winterbergs Stimme klingt zögerlich.
»Habt ihr sie jetzt am Haken, oder nicht?«
»Ja, schon. Aber ein Widerspruch ist noch keine Mordmotiv«, gibt Silja zu bedenken.
»Leo ist vor zwei Stunden mit der Speichelprobe abgezogen. Bis wir kein eindeutiges Ergebnis haben, lassen wir diesen Mönchinger in der Zelle schmoren. Mal sehen, was ihm noch alles zu der Nacht einfällt.«
»Und seine Schwester?«
»Schickst du nach Hause, Silja. Hast du nicht gesagt, sie wird bei dem Gedanken daran, dass ihrem Bruderherz etwas zustoßen könnte, fast hysterisch?«
Silja nickt.
»Na siehst du. Dann lassen wir’s doch mal darauf ankommen. Willst du ihr die frohe Botschaft
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