Männer unerwünscht (German Edition)
er bot mir, nein, dir natürlich, eine Lehrstelle in seinem Betrieb an. Die ursprüngliche Bewerberin hat sich kurzfristig anders en t schieden und – jetzt kommt’s:“ Mama machte eine dramatische Pause, wohl um die Spannung zu steigern. Mir standen die Schweißperlen auf der Stirn.
„Du kannst am Ersten anfangen!“
Am ersten September! Das waren nur noch ... nur noch fünf Tage!
„Heute Nachmittag um drei erwartet Herr Ehrenbrecht dich. Da erklärt er dir den Ausbildungsvertrag, du unterschreibst - und schon ... Ach Kind, ich bin ja so glücklich!“
Ich - Doris Sack - in blauweiß-gestreifter Kittelschürze und gleichfarbigem Häubchen inmitten von Sülzfleisch und Zungenwurst an der Seite der rotgesichtigen, fetten Trulla, die immer „Darf’s sonst noch etwas sein?“ schnarrte. Das durfte bitte , bitte nicht wahr sein. Ich war den Tränen nahe. Aber ich hatte keine Wahl. Oh, wie ich mich ärgerte, mir nicht mehr Mühe mit den Bewerbungsschreiben gegeben zu haben. Luschig hingekritzelt in der Hoffnung auf eine Absage. Alles hätte ich jetzt für eine Stelle als Bürogehilfin, Zahnarzthelferin oder sonst was gegeben. Alles – nur nicht an die Fleischtheke. Ich hasste rohes Fleisch, ekelte mich vor blutiger Leber und Schweineschwänzen und würde diese niemals mit bloßen Händen anfa s sen.
Herr Ehrenbrecht empfing mich mit einem gewinnend en Lächeln und bot mir einen Platz in seinem kleinen Büro an. Emotionslos sah ich dem Treiben in seinem Laden zu, denn man konnte durch eine Gla s wand fast die gesamte Verkaufsfläche überblicken. Ganz hinten rechts erblickte ich ein rotes, breites Gesicht unter einem blauweißen Häubchen ...
Während ich so vor mich hinstierte, erläuterte Herr Ehrenbrecht die Bestandteile des Vertrags. Ich hörte gar nicht zu und zuckte zusammen, als er mir einen Kugel schreiber in die Hand drückte. Langsam hob ich den Kopf und sah ihn wie durch dichten Nebel hindurch an. Zuvorkommend wies er auf das Kreuz, das er an der Stelle gemacht hatte, wo ich zu unterschreiben hatte.
I ch wankte in Trance aus seinem Büro, und er rief mir ein „Bis Montag dann!“ hinterher.
Ich weiß nicht wie ich es schaffte, aber ich arbeitete anderthalb Jahre als Auszubildende hinter besagter Fleischtheke. Meine miserablen Berufsschulleistungen und das Fehlen auch nur einer Spur von Elan und Interesse an der Arbeit machten schließlich eine weitere Zusammenarbeit mit mir unmöglich.
Herr Ehrenbrecht hatte wirklich Nachsicht mit seiner unmotivierten Auszubildenden walten lassen, auch was Pünktlichkeit und Ordnung am Arbeitsplatz betraf. Als ich aber eines Samstagmorgens total verk a tert nach einer durchzechten Nacht den unbändigen Zorn einer Kundin auf mich lenkte, war’s mit seiner G e duld vorbei.
Tranig und missgelaun t hatte ich besagter Kundin ein Pfund gemischten Aufschnitt zusammeng e stellt, ich hatte Fonduefleisch für ihre Party abgewogen und in Folie eingeschweißt, hatte Kochwürste für ihren Eintopf eingetütet und dann – wollte sie Leberwurst. Ich schnitt ein großzügiges Stück ab, beugte mich nach vorn und legte das restliche Ende zurück in die Kühlung. Als ich mich wieder aufrichtete, war die L e berwurst weg. Ich sah mich suchend um – nichts. Die Kundin unterhielt sich gerade angeregt mit einem Herrn und hatte offensichtlich nichts bemerkt. So suchte ich weiter, zu faul, ein neues Stück abzuschneiden. Meine trüben Augen entdeckten schließlich das entschwundene Wurststück: zu meinen Füßen.
Nun ist ja Hygiene oberstes Gebot in Sachen Lebensmittel. Und in Ehrenbrechts Fleischabteilung erst recht. Deshalb hatte man mir vom ersten Tag an einge trichtert : was auf dem Boden liegt, gehört in den Müll. Ich weiß nicht, welcher Teufel mich ritt, aber ich sammelte die Leberwurst von den Fliesen, wog sie ab, tütete sie ein, heftete den Bon dran und reichte der Kundin den Beutel. Das war’s dann.
Die Kundin hatte mein Missgeschick nämlich sehr wohl bemerkt, und der Herr, mit dem sie sich so angeregt unterhalten hatte, war mein Chef.
Meine anfängliche Freude über die Wiederaufnahme des lausigen Lebens vom vorletzten Jahr wich recht bald bloßem Frust. Mit neunzehn Jahren war ich wieder auf Mamas knapp bemessenes Taschengeld angewiesen, und sämtliche Freunde und Freundinnen arbeiteten irgendwas und hatten dementsprechend wenig Zeit für mich, die gelangweilte und unausgelastete Arbeitslose.
Mama versicherte mir, dass sie mir nie wieder eine n
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