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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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der Menschen anzubetteln brauchst. Spare die Piaster, so hast du Pflaster! Und auch hier wieder habe ich einen Dichter sagen hören:
    Hab ich kein Geld, so hab ich auch keinen Freund zum Gefährten;
    Hab ich aber viel Geld, so find ich Freunde in allen.
    Wie mancher Genosse wollte beim Geldausgeben mir helfen!
    Wie mancher Gefährte ließ beim Mangel des Geldes mich fallen!”
    So gab Nur Edin seinem Sohn Bedir Edin Hassan viele weise Ermahnungen, bis ihn das Leben verließ. Da herrschte die Trauer in seinem Hause und auch der Sultan und alle Emire trauerten um ihn und sie bestatteten ihn. Bedir Edin aber blieb in Trauer um seinen Vater zwei Monate lang, während derer er nicht aus- ritt, nicht zur Ratsversammlung ging noch auch dem Sultan nahte. Da wurde der Sultan zornig über ihn, ernannte an seiner Stelle einen seiner Kammerherren und machte den zum Wesir, indem er zugleich Befehl gab, Beschlag auf alles zu legen, was dem Nur Edin gehört hatte, sein Vermögen, sein Haus und seine Landgüter. So zog der neue Wesir aus, um dies zu tun und um Bedir Edin Hassan, den Sohn des Verstorbenen, zu ergreifen, damit er ihn vor den Sultan brächte, der dann nach seinem Gutdünken mit ihm verfahren sollte. Nun war unter den Soldaten ein Mameluck des verstorbenen Wesirs; als der diesen Befehl vernahm, trieb er sein Pferd an und ritt in aller Eile zu Bedir Edin Hassan. Er fand ihn, am Tore sitzend, mit gebeugtem Haupte, trauernd und gebrochenen Herzens; rasch sprang er ab, küsste ihm die Hand und sagte: “O mein Herr und Sohn meines Herrn, rasch, mache dich auf; sonst ereilt dich des Verderben Lauf!” Da begann Hassan zu zittern und fragte: “Was ist geschehen?” Jener erwiderte: “Der Sultan zürnt dir und hat einen Haftbefehl gegen dich erlassen; das Unheil kommt dicht hinter mir her auf dich zu. Drum spring auf, um dein Leben zu retten!” Hassan fragte weiter: “Bleibt mir noch Zeit, in mein Haus hineinzugehen und mir ein wenig weltliches Gut zu holen, zu dem ich auf der Wanderschaft meine Zuflucht nehmen kann?” Aber der Sklave rief: “O mein Herr, steh augenblicklich auf, lass das Haus hinter dir und beeile dich!” Dann sprach er die Verse:
    Rette dein Leben, wenn dir vor Unheil graut;
    Lasse das Haus beklagen den, der es erbaut!
    du findest schon eine Stätte an anderem Platz;
    Für dein Leben findest du keinen Ersatz.
    Lass dich in wichtiger Sache auf Boten nicht ein;
    In Wahrheit hilft die Seele sich ganz allein.
    Des Löwen Nacken ist so kräftig nicht,
    Solange es ihm an Selbstvertrauen gebricht.
    Bei diesen Worten des Mamelucken bedeckte Bedir Edin sich das Haupt mit dem Saum seines Gewandes und ging auf und davon, bis er vor den Toren der Stadt stand; und dort hörte er die Leute sagen: “Der Sultan hat den neuen Wesir in das Haus des verstorbenen Wesirs geschickt, um auf sein Vermögen und seinen Besitz Beschlag zu legen und seinen Sohn Bedir Edin Hassan zu ergreifen und vor ihn zu führen, damit er ihn töten lasse”; und alle riefen: “Wehe um seine Schönheit und Anmut!” Als er diese Reden der Leute hörte, floh er davon aufs Geratewohl, ohne zu wissen, wohin er ging; und er eilte ohne Aufenthalt weiter, bis ihn das Schicksal zu seines Vaters Grube führte. Er trat auf den Totenacker und suchte sich den Weg durch die Gräber; schließlich setzte er sich nieder am Grabe seines Vaters und nahm von seinem Haupte den Saum seines Gewandes herab, das eine goldbestickte Borte hatte, worauf diese Verse standen:
    O du, des Antlitz hell erstrahlt,
    Den Sternen gleich, wie der Tau so klar:
    Auf ewig daure deine Macht,
    Dein hoher Ruhm währe immerdar!
    Während er so bei seines Vaters Grabe saß, siehe, da kam ein Jude zu ihm, der aussah wie ein Geldwechsler und der ein Paar Satteltaschen trug, in denen viel Gold war. Der Jude trat an Hassan heran und sprach zu ihm: “O Herr, warum sehe ich dich so verändert?” “Ich schlief vor noch nicht einer Stunde”, erwiderte Hassan, “da erschien mir mein Vater und schalt mich, weil ich sein Grab noch nicht besucht hatte; sofort machte ich mich auf, zitternd vor Furcht, der Tag verstreiche, ohne dass ich ihn aufgesucht hätte, denn das wäre mir unerträglich gewesen.” “Junger Herr”, versetzte der Jude, “dein Vater hatte viele Kauffahrer auf See und da jetzt einige fällig sind, so ist es mein Wunsch, dir die

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