Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum
dachte er verwirrt. Er hatte schon viele Frauen gekannt, aber so eine wie Nina war ihm noch nie begegnet. Er verspürte den Wunsch, mit jemand darüber zu reden. Bedford kam nicht in Frage, und so dumm, Joan einzuweihen, war er nicht. Für ihn war der Genuß eines außergewöhnlichen Erlebnisses erst dann vollkommen, wenn er mit jemand darüber sprechen konnte. Aber warum sich aufregen? Hatte er es nicht immer noch besser als Bedford mit seinen Komplexen? Was würde ein Mann wie Bedford wohl mit einer Frau wie Nina anstellen können? Nina, heiß wie glühendes Eisen und explosiv wie Dynamit! Fast hätte Collins laut gelacht, als er sich das vorstellte.
Er sah an Nina vorbei auf Joan. Sie ging direkt hinter Bedford.
Nina oder nicht Nina, dachte Collins, Joan ist es, die ich haben will! Die Ninas konnte man überall haben, ohne sich besonders anzustrengen. Nach den Joans aber hungerte man sein ganzes Leben, träumte davon, sie zu besitzen, bekam sie aber nie ganz. Nun, diesmal würde es wohl eine Ausnahme geben. Zwar hatte sie ihm bisher die kalte Schulter gezeigt, wenigstens seit gestern. Warum wohl? Wegen seiner abfälligen Bemerkung über klassische Musik? Sie schien beleidigt gewesen zu sein. Na, welche Rolle spielte das jetzt schon? Auf jeden Fall würde sie die Ausnahme sein, von der er träumte Bedford zählte nicht. Als er sich weigerte, um die Mädchen zu losen, hatte er das Unvermeidliche nur hinausgeschoben.
Plötzlich sah Collins, daß Joan nicht mehr hinter, sondern neben Bedford ging. Eifersucht packte ihn. Wahrscheinlich reden sie über den Mond, dachte er wütend. Oder über die Sterne. Sie ist genauso verrückt in diesen Dingen wie er.
Seine Aufmerksamkeit wandte sich wieder Nina zu ihrem Rücken, ihren Hüften, ihren Beinen. Wieder begannen seine Pulse zu hämmern. Vielleicht sollte man einfach mit Nina ein wenig zurückbleiben. Es gab genug Büsche, und das Gras wuchs hoch.
Er ging etwas schneller, holte sie ein und drängte sie vom Weg.
Genau in diesem Augenblick fiel ihm plötzlich auf, daß er auf allen vieren lief.
Bedford sah geradeaus und sprach kein Wort. Um sie herum war das Schweigen des Waldes, und Joan machte keinen Versuch, es zu brechen. Es begann, Bedford auf die Nerven zu gehen, bis er es nicht mehr aushielt.
»Wenn die Stadt ein Maßstab für die hier herrschende Zivilisation ist, werden wir vielleicht auf Menschen treffen. Einige der Gebäude erinnerten mich an irdische Kunstwerke.«
»Architektur hat wenig mit Kunst zu tun«, antwortete Joan. »Sie ist zu veränderlich. Streng genommen ist es unmöglich, die Begriffe ›Kunst‹ und ›Künstler‹ auf einen Architekten oder Ingenieur anzuwenden. Doch die Bedeutung derartiger Begriffe hat sich im Lauf der Geschichte verändert. Definitionen verwirrten sich. Wenn heute zum Beispiel noch jemand Gräben ziehen würde, um seine Felder zu entwässern, würde man ihn bestimmt einen ›Spatenkünstler‹ nennen.«
»Oder einen praktischen Archäologen.«
Sie lachte.
Ihre Zähne sind wie Elfenbein, dachte er, ohne es zu wollen. Man kann sich mit ihr unterhalten. Mit Nina wüßte ich nichts zu reden. Sie ist schön, aber dumm. Joan ist nicht dumm.
Er hätte gern gewußt, welchen Beruf sie auf der Erde ausgeübt hatte. Aber sollte er sich wirklich in ein Gespräch mit ihr einlassen? Allzuleicht konnte aus einer geistigen Verbundenheit ein physisches Verbinden werden – der Schritt bis dorthin war nur ein kleiner. Intimität auf intellektueller Ebene. Sie würde das sicher ablehnen, aber er kam dann in den Verdacht, es gewollt zu haben. Sein Stolz ...! Lieber nichts riskieren, das war besser.
Dann aber fragte er doch.
»Ich war Sopranistin.« Ihre Stimme klang plötzlich bitter und enttäuscht. »Ein Anachronismus in unserer Zeit, ich weiß. Früher oder später mußte ich die wohlgefällige Selbsttäuschung meiner kunstbeflissenen Bewunderer durchschauen ...«
Ihre starke Brust, ihr Nacken, ihr Haar ...
»Wagner?« fragte er.
»Freia. Brunhilde. Isolde.«
Lieber Himmel, dachte er. Dann hat sie auch den »Liebestod« gesungen. Er entsann sich, wie er das Lied zum erstenmal gehört hatte. In einer kleinen Bar, dessen Besitzer alte Tonbänder besaß und vor Freunden abspielte. Er war damals leicht angetrunken gewesen, aber als die Arie erklang, war die Trunkenheit wie weggewaschen. Erschrocken und ernüchtert hatte er da in seiner Nische gesessen und den Hauch der Unsterblichkeit gespürt.
Joan sprach noch immer, aber er
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