Magazine of Fantasy and Science Fiction 19 - Welt der Illusionen
geworden«, sagte er zu sich selbst. »Einfach übergeschnappt, weil sie den Schock nicht ertragen konnte.«
Himmel über der Erde
(Kingdom Come, Inc.)
Robert F. Young
Aus irgendeinem Grund fällt mir dieser Kerl erst auf, als er den Siebenten-Himmel-Baromat betritt, was tatsächlich merkwürdig ist, denn am frühen Abend beziehe ich aus alter Gewohnheit am Perlentor Position, wenn wieder eine neue Fähre von der Erde heraufkommt, damit ich alle Gäste gleich persönlich begrüßen kann. Deswegen nennt mich auch jeder Pete, obwohl ich doch eigentlich auf den Namen Charley getauft bin. Es ist außerdem merkwürdig, weil er nicht zu den Leuten gehört, die irgend jemand ohne weiteres übersieht. Nicht nur deshalb, weil er groß und hager ist und gut aussieht und wirklich Format hat, sondern weil sein Gesicht so traurig ist. Ich sage Ihnen, Sie haben noch nie einen Mann mit einem so unglaublich traurigen Gesichtsausdruck gesehen. Man hat unwillkürlich den Eindruck, er sei davon überzeugt, daß die Welt demnächst untergeht, und bedauert einfach alle, die darauf leben müssen, sich selbst natürlich eingeschlossen.
Er durchquert den Raum, nimmt auf einem Barhocker ganz in meiner Nähe Platz, während ich an der Theke lehne und mit Henry, unserem Rausschmeißer, ein Bierchen ausknoble, wirft einen ängstlichen Blick über die Schulter und bestellt sich ein Glas Sarsaparilla. Das ist natürlich das erstemal, daß der Baromat ein Gesöff dieser Art liefern soll, seine bunten Lämpchen gehen reihenweise aus und an, bis ich schon glaube, das verdammte Ding bekommt einen elektronischen Anfall, aber dann beruhigt es sich schließlich doch wieder, öffnet die Klappe vor dem Fremden und schiebt den Drink hinaus. Der Mann trägt einen ganz normalen grauen Anzug, der offenbar schon bessere Tage gesehen hat, eine schmale dunkelblaue Krawatte und schlichte schwarze Schuhe. Der ganze Aufzug ist durchaus nicht übermäßig eindrucksvoll oder gar auffallend, aber das ist für mich nur ein weiterer Beweis dafür, daß der Mann wirklich Format hat. Wie ich darauf komme, wollen Sie wissen? Nun, das läßt sich natürlich nicht so einfach definieren, aber wer Augen im Kopf und nicht nur Grütze zwischen den Ohren hat, muß zu dem gleichen Schluß kommen. Ich gehöre selbst zu den Leuten, die andere Leute als ›Kleidernarren‹ bezeichnen, und mir würde es nicht im Traum einfallen, eine Krawatte zu tragen, die nicht zu meinen Socken paßt. Aber damit täusche ich niemand, nicht einmal mich selbst. Ich habe einen großen Spiegel in meinem Appartement, und wenn ich mich zum Dienst umziehe, der von acht Uhr abends bis fünf Uhr morgens dauert, betrachte ich mich kritisch darin und bleibe lange davor stehen, ohne jemals mehr als einen Raumklub-Manager im Spiegel zu erkennen, der jede Woche ein dickes Gehalt einsteckt und für Bourbon und große Blondinen schwärmt.
Jedenfalls ist es das offensichtliche Format dieses Burschen, das mich zu der innerlichen Frage veranlaßt, was er in einer Kneipe wie dem Siebenten Himmel zu suchen hat, wo er aus den übrigen Gästen wie ein Glas Champagner aus einer Theke voller Biergläser herausragt. Big Tony, überlege ich mir, hat insgesamt sieben Himmel hier oben im Raum hängen, mit denen er massenhaft verdient, aber schließlich gehört ihm das Universum nicht, so daß eigentlich jeder andere auch auf die Idee kommen könnte, ein paar eigene Raumklub-Stationen um die Erde kreisen zu lassen. Vielleicht ist dieser Kerl also ein Milliardär, der hier oben unsere Geschäftsmethoden auskundschaften will, weil er selbst die Absicht hat, in die gleiche Branche einzusteigen, und wenn er einer ist, muß ich ihm rechtzeitig auf die Schliche kommen, weil Big Tony mich sonst achtkantig 'rausschmeißt, sobald er davon erfährt.
Ich gehe also zu ihm hinüber, wo er an der Theke hockt, stelle mich vor und sage: »Willkommen im Siebenten-Himmel-Klub. Darf ich Ihnen einen Drink auf Kosten des Hauses anbieten, nachdem Sie unser himmlisches Etablissement zum erstenmal mit Ihrem Besuch beehren und nachdem übermorgen Weihnachten ist?«
Er sagt, daß er Mike heißt, und nein, danke, im Augenblick möchte er keinen zweiten Sarsaparilla. Er hat eine sanfte traurige Stimme, die mich unwillkürlich an Porzellanglocken erinnert. Aus irgendeinem Grund ist er mir sofort sympathisch. »Haben Sie unsere übrigen Himmel schon besucht?« erkundige ich mich höflich.
»Nein«, sagt er und schüttelt den Kopf,
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