Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele
Racine sein würde, die ihr Frühstück wieder hochbrachte.
„Agent Tully.“ Maggie wollte seine Aufmerksamkeit vom Leichnam ab- und wieder auf den Fall lenken. „Wurde am Tatort bestimmt kein Ausweis entdeckt?“
Sie sah ihn zu Racine blicken, die eifrig und ausgiebig nach der richtigen Größe der Schutzkleidung für sich suchte. Dabei gab es nichts anderes als groß, zu groß und riesengroß. Wenn sie so weitermachte, würde sie noch zehn Minuten brauchen, bis sie ausstaffiert war. Als Tully sah, dass Racine nicht auf ihn achtete, ließ er seine nassen Sachen an der Tür, nahm sich einen sauberen Kittel vom Wäschestapel und zog ihn über.
„Man hat ihre Handtasche gefunden, aber keinen Ausweis. Ihre Kleidung war gefaltet und mit der Tasche zusammen ein Stück entfernt abgelegt.“
Das Fehlen eines Ausweises überraschte Maggie nicht. Die Täter entfernten oft alles, was zu einer schnellen Identifizierung des Opfers führte, um damit die eigene Identifizierung zu verschleppen. Und dann gab es noch die Freaks, die Ausweise als Trophäen sammelten.
„Ihre Kleidung war gefaltet? Was für ein adretter und ordentlicher Vergewaltiger“, sagte Maggie, damit Racine es hörte. Die warf ihr nur einen finsteren Blick zu. Also hörte sie doch mit.
„Der Slip des Mädchens war im Schritt zerrissen“, konnte sich Racine nicht verkneifen hinzuzufügen. Sie kam an den Tisch und schob die Schutzbrille auf ihre kurzen blonden Stoppelhaare hinauf.
Maggie wartete, dass Stan es bemerkte und sie zurechtwies. Er war jedoch damit beschäftigt, das Madennest aus dem Schamhaar des Mädchens zu entfernen. Dann ermahnte sie sich zur Konzentration. Sie durfte sich nicht durch Racine ablenken lassen. Sie schabte weiter Fingernägel sauber, tütete das Abgeschabte ein und vermerkte auf dem Etikett, von welchem Finger es stammte.
Außerdem, was interessierte es sie, ob Racine auf ihrer Theorie beharrte, es handele sich um eine Vergewaltigung mit anschließendem Mord. Wenn die Washingtoner Polizei noch nichts von der Inkompetenz ihres Detective bemerkt hatte, war das wohl kaum ihr Problem. Allerdings machte es schon etwas aus, weil sie selbst an diesem Fall mitarbeitete, und wenn auch nur beratend. Ihr letzter gemeinsamer Fall hinterließ immer noch einen schlechten Geschmack bei ihr. Racines Fehler hätte sie fast die Verurteilung des Täters gekostet.
Maggie wischte sich mit der Rückseite des Handknöchels Schweißperlen von der Stirn, um ihre Latexhandschuhe nicht zu kontaminieren. Sie ertappte Racine dabei, sie zu beobachten, und wandte den Blick rasch ab.
Abgesehen von dem fast missglückten gemeinsamen Fall wusste sie, bis auf das, was gerüchteweise verlautete, nichts über Julia Racine. Sie hatte vielleicht kein Recht zu urteilen, aber wenn die Gerüchte stimmten, dann repräsentierte Julia Racine genau den Typ Frau, den sie verabscheute. Dumme Spielchen konnten besonders bei Polizei und Justiz großen Schaden anrichten, schlimmstenfalls jemandem das Leben kosten.
Seit dem ersten Tag ihrer Assistenzzeit im forensischen Labor hatte sie großen Wert darauf gelegt, genau wie die Männer behandelt zu werden. Frauen wie Racine spielten ihre Weiblichkeit aus, um sich Vorteile zu verschaffen. Das ärgerte sie umso mehr, weil sie merkte, wie Racine sie ansah. Offenbar glaubte die immer noch, mit dieser Taktik käme sie auch bei ihr weiter. Nach ihrer letzten Zusammenarbeit hätte sie eigentlich wissen müssen, dass Flirten bei ihr nicht zog. Als Maggie aufsah, fing sie Racines Blick auf. Die senkte ihn jedoch nicht, sondern lächelte sie an.
25. KAPITEL
Ben Garrison hängte in der engen Dunkelkammer die tropfenden Aufnahmen auf ein kurzes Stück Wäscheleine. Die ersten beiden Filmrollen waren enttäuschend. Aber diese Rolle war unglaublich. Er saß wieder im Sattel. Vielleicht erreichte er sogar, dass die Redakteure sich gegenseitig überboten. Allerdings konnte er sich keine lange Verzögerung leisten. Seine Fingerspitzen kribbelten vor Aufregung. Trotz seiner Ungeduld brauchte er eine Pause.
Er nahm eine Aufnahme mit, schloss wegen der Dämpfe die Tür hinter sich und ging zum Kühlschrank. Der war natürlich leer, bis auf das übliche Durcheinander von Zutaten, einer verschrumpelten Kiwi, einem Behälter mit geheimnisvoller dickklebriger Flüssigkeit und vier langhalsigen Flaschen Budweiser. Er nahm sich eine Flasche, drehte die Kappe ab und kehrte an den Küchentresen zurück, um im schmutzigen fluoreszierenden Licht
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