Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
die Luft anhielt. Sein Finger strich an der Seite ihre Körperform nach und ließ den Druck auf ihrer Hüfte eine Sekunde länger wirken. »Hast du den Mut zu atmen, Priesterin?«
Er ging so dicht an ihr vorbei, dass sich ihre Körper berührten und das seidene Tuch fiel wie ein duftendes Rosenblatt zu Boden.
Barshim blieb nicht stehen, er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass sie immer noch dort stand. Ihre Brust hob und senkte sich wieder, doch die Fingerknöchel traten weiß hervor, während der Wind mit ihren Locken spielte. Sie war wie eine Blume, die es im Inneren nach Wasser dürstete. Deren Knospen sich fest geschlossen hielten. Die die Welt nicht an ihren Farben teilhaben ließ. All das wusste er, ohne dass sie es ihm gesagt hatte. Ihr akkurates Leben war eine Fassade und Barshim reizte es, diese Fassade nieder zu reißen.
Seit sie in die Hallen zurückgekehrt waren, gab sich Mineshka nicht mehr ganz so abweisend wie vorher. Doch mit der Rückkehr war in Barshim der Hunger zurück gekehrt. Tamin hatte ihm gezeigt, dass er nicht ruhen durfte, sonst würde ihn der Feind überholen.
So änderte er seinen Kurs wieder, von dem er abgekommen war.
In der Halle angekommen blieb er stehen. Barshims Blick fiel auf die mit buntem Glas verzierten Fenster, die oberhalb der Treppe lagen.
Direkt vor dem Treppenabsatz stand der Kreisführer zusammen mit einem der Lehrer und unterhielt sich leise. Ein bisschen schämte er sich, wenn er den Magier so betrachtete. Savinama war ihm gegenüber immer freundlich gewesen und nun wollte er ihn bestehlen und dabei kam Mineshka ins Spiel. Keiner hatte solchen Zugang zu den Räumlichkeiten wie sie und keiner wusste besser darüber Bescheid, wann er länger fort blieb.
Barshim sah ein helles Licht, das sich langsam über die Fensterfront ausbreitete und ein buntes Farbenspiel auf den weißen Marmor warf. Ein Lichtermeer, das lebte und sich bewegte. Die Sonne brach weiter durch die Wolken und traf nun voll auf die Scheiben. Direkt in der Mitte erhob sich ein schwarzer Drache in die Luft, umgeben von Sternen und blauen Steinen.
Schillernd berührten sie das weiße Gewand des Kreisführers und Barshim beobachtete, wie der Mann das Gesicht dem Licht entgegen hob und die Augen schloss. Leise Stimmen flüsterten die Stufen hinunter und kamen auf ihn zu.
Barshim konnte fühlen, wie sich jedes Haar auf seinen Armen aufrichtete. Es war so wunderschön, dass sogar er den Atem anhielt. Für Sekunden glaubte er, ein weißes Licht die Stufen hinab laufen zu sehen, ehe die Wolken zurück kehrten und alles wieder verblasste.
Erst jetzt wurde sich Barshim bewusst, dass Savinama ihn ansah, während sein Begleiter immer noch mit ihm sprach. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt erloschen die letzten Farben auf seinem Gewand, doch für Sekunden glaubte Barshim, der Magier konnte bis auf den tiefsten Grund seiner Seele blicken. Er kam sich vor wie eine Kristallkugel, die sich uneingeschränkt offenbarte. Ein Lächeln wurde unter dem gepflegten, kurzen Vollbart sichtbar, ehe der Kreisführer seine Aufmerksamkeit wieder ganz dem Magistratero widmete.
Barshim eilte durch den linken Flur davon. Er wollte weg von diesem Blick, der ihm erneut das Gefühl gab, etwas Unrechtes zu tun.
Wie konnte das sein? War das Magie? Welch ein Magier war Savinama überhaupt? Manche munkelten, er wäre ein Elementarmagier, aber das konnte sich der junge Mann nicht vorstellen. Das müsste gerade er spüren können. Und damit wurde ihm ebenfalls klar, dass er bei diesem Mann nicht fühlen konnte, welche Magie ihn umgab, was ihm bei anderen nie schwer viel. Dies verunsicherte ihn zutiefst und dieses Gefühl konnte Barshim nicht leiden. Es klang nach Schwäche. Er? Niemals! Der Zorn flutete in seine Venen und vermischte sich mit den Gedanken, um sie in neue Richtungen zu lenken. Seine Fäuste wurden feste Mauerwerke. Gewissensbisse? Wegen einem Stab, den ein Mann bei sich versteckte, wo er doch allen zustand? Dass er nicht lachte! Seit wann nahm er Rücksicht auf andere?
Vertieft in seiner Gedankenwelt rempelte Barshim jemanden an. »Kannst du nicht aufpassen?«, wogte es ihm empört entgegen, während Bücher auf den Boden purzelten. Barshim starrte Mineshka ins Gesicht. »Du schon wieder.« Doch ihre Worte klangen nicht ganz so fest wie sonst. Seine Augenbrauen zogen sich nach unten und seine schwarzen Augen funkelten. »Barshim?« Mineshka wich irritiert einen Schritt zurück. Barshim packte sie
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