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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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zumindest einen Magier in ganz London gibt, der mir für diese Tat nicht den Hals umdrehen will.«
    Holmes erwiderte den Blick mit unvermitteltem Ernst. »Sie haben getan, was Sie tun mussten … was Sie für richtig hielten, um uns Eingekerkerte zu befreien.«
    »Ich habe getan, was mir in den Sinn kam«, brummte Randolph mit einem Anflug von Bitterkeit. »Elegant war der Plan sicher nicht. Aber ich bin eben eine einfache Natur.«
    »Es hat geklappt, oder nicht?«, hielt Holmes ihm entgegen.
    Der Kutscher sah den Magier nur wortlos an.
    »Nun ja«, schränkte dieser ein. »Es hat überwiegend geklappt.«
    Erneut senkte sich Stille über den Raum, während beide Männer ihren Gedanken nachhingen. Randolph hätte zu gerne gewusst, weshalb Wellington sie beide nicht hatte umbringen lassen. Der Lordmagier hatte gesagt, dass er sie noch brauche. Es war sicher kein angenehmes Schicksal, das er für sie vorgesehen hatte. Hoffentlich findet Watson einen Weg, wie wir uns aus dieser misslichen Lage befreien können. Ich glaube, ich wäre lieber nicht mehr an Bord, wenn dieses Tauchboot die Insel der Wahren Quelle erreicht , dachte er.
    »He, Randolph«, unterbrach Holmes seine Überlegungen.
    »Hm?«
    »Wenn ich es mir recht überlege, würde ich doch die Wohnung mit Ihnen teilen – also, wenn die Umstände anders wären, meine ich.«
    »Nun werden Sie bloß nicht sentimental«, brummte der Kutscher.
    »Das werde ich nicht«, erwiderte Holmes. »Sie sind einfach ein feiner Kerl, das ist alles.«
    Obwohl ihm wahrhaftig nicht danach war, spürte Randolph, wie sich ein mattes Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete. »Danke, Holmes. Das sind Sie auch.«
    23. April 1897, 9:32 Uhr GMT
England, London, in der Kanalisation unweit des University College
    Zu sechst bewegten sie sich durch die feuchte, kalte und dunkle Kanalisation unterhalb der Gower Street. Jonathan ging voraus, hinter ihm folgten Kendra, ihr Großvater, Cutler, Reynolds und Boyd. Die Damen Blackwood und Morland, die beiden Anwälte und Professor Filby hatten sie zurückgelassen, da keiner von ihnen sonderlich erpicht darauf gewesen war, erneut in die Kanäle unterhalb der Stadt zu steigen, um – wie Jonathan aus den Erinnerungen Drummonds wusste – einen Ort aufzusuchen, der Kendras Großvater bei seinem Ritual höchst dienlich sein mochte. Randolphs Rabe Nevermore hatte sich bei ihrem Aufbruch wieder verabschiedet und war flügelschlagend im nebligen Londoner Morgen verschwunden.
    Im Gänsemarsch liefen sie durch den breiten Tunnel in Richtung Norden. Neben ihnen floss Brackwasser gurgelnd die ovale Rinne zur Themse hinab. Die gewölbten Klinkermauern glänzten schmutzig nass im unsteten Licht ihrer hochgehaltenen Öllampen. Der warme Atem der Magier bildete in der kühlen Luft weiße Wölkchen.
    »Ich bin wirklich gespannt, was Sie uns hier unten zeigen wollen, junger Mann«, sagte McKellen
    »Diesmal müssen Sie mir vertrauen«, erwiderte Jonathan. Während er mit der Rechten die Öllampe vor sich hielt, tätschelte er mit der Linken den Kopf von Rupert, der in einer alten Umhängetasche aus dem Schrank von Old Man saß und mit verkniffenem Reptilienblick die gluckernden Abwässer beäugte. Der Minialligator hatte sich mit erstaunlicher Schnelligkeit an Jonathan als seinen neuen Besitzer gewöhnt, und schon jetzt fraß er ihm metaphorisch gesprochen aus der Hand – wenngleich er bisweilen versuchte, Jonathans Hand mit zu fressen.
    Vor ihnen teilte sich der Tunnel. Jonathan wählte die rechte Abzweigung und führte die kleine Gruppe bis zu einer Stelle, an der sich der Kanal zu einem kleinen unterirdischen Raum ausweitete. In der Mitte floss das Abwasser, das aus einem kreisrunden Fallrohr in der rückwärtigen Wand kam. Neben dem Fallrohr befand sich eine eiserne Tür im Mauerwerk, die durch drei Stufen zu erreichen war. Zur Rechten öffnete sich ein schmaler Gang, in dem eine Treppe steil nach oben führte.
    »Wo sind wir?«, wollte Cutler wissen.
    »Unter den Kellerräumen des University College«, entgegnete Jonathan, während er sich der Tür näherte. Er öffnete sich der Wahrsicht und musterte selbige. Ihre Fäden waren magisch mit denen der Wand verwoben und verwehrten damit jedem Normalsterblichen den Zutritt in den dahinterliegenden Raum. Nicht, dass häufig jemand hier heruntergekommen wäre. Jonathan wusste, dass dieser Ort schon vor Jahren vergessen worden war, nachdem Drummond die Regale in dem Lagerraum über ihren Köpfen dezent umgestellt

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