Malcolm, Prince of Bannister: Das Geheimnis einer wahren Liebe/Die Rache des Magiers/Der Sieg der Liebe (German Edition)
Meinung. Wenn dem aber so ist, muss er jetzt nur noch Geduld zeigen und abwarten.
Zwischen hohem Farnkraut macht er es sich gemütlich und richtet sich auf eine längere Wartezeit ein. Seine Geduld wird dann auch tatsächlich auf eine harte Probe gestellt, sodass er seine Warterei bereits aufgeben will, denn es dauert mehr als zwei Stunden, bis sich am Fuße des Turmes etwas tut. Die alte hölzerne Tür knarrt entsetzlich, als sie langsam aufgedrückt wird, sodass er es sogar noch in seinem Versteck hört und sofort hinüberspäht.
Doch die alte, gebückt gehende Frau, die sich auf einen knorrigen Ast als Stock stützt, macht auf den Prinzen absolut keinen gefährlichen Eindruck. Doch ihre Augen suchen forschend die Umgebung ab, bevor sie endlich hervortritt und schneller, als er das erwartet hat, den Trampelpfad entlangläuft. Sie kommt genau auf ihn zu, anscheinend sicher, ganz allein zu sein. Nur Sekunden noch, dann tritt ihr Michael so plötzlich in den Weg, dass sie einen erschrockenen Schrei ausstößt und ihren Stock fallen lässt. Mit großen Augen starrt sie zu dem viel größeren jungen Mann auf, sodass dieser jede Runzel in ihrem vom Alter gezeichneten Gesicht erkennen kann. Wirr hängen ihre viel zu langen grauen Haare um den Kopf herum, da sie sie nicht einmal zu einem Knoten geschlungen hat.
„Was … was wollt Ihr?“, bringt sie stammelnd hervor.
Doch Michael setzt sein freundlichstes Lächeln auf, sieht ihr unverwandt in die Augen und fragt schließlich seinerseits: „Was habt Ihr in dem Turm dort zu verbergen, Mütterchen? Warum verriegelt Ihr von innen die Tür?“
„Das geht Euch gar nichts an!“, faucht ihn die Alte an, die ihren Schrecken so langsam überwunden hat. „Verschwindet von hier! Ihr habt hier nichts verloren!“
Sie zischt diese Worte geradezu zwischen ihren zahlreichen Zahnlücken hervor, bückt sich nach ihrem Knüppel und will sich wieder in Richtung Turm wenden, als Michael sich ihr in den Weg stellt. Und da sie begreift, dass sie keine Chance gegen ihn hat, versucht sie, in der entgegengesetzten Richtung zu fliehen, doch er greift noch schnell zu, will sie an ihrem schmutzigen Gewand packen, erwischt aber nur das Gürteltuch, das sie sich um die Taille geschlungen hat, und reißt es ihr ab. Klirrend fällt dabei ein Schlüsselbund auf die Erde, was sie aber gar nicht zu bemerken scheint, sondern nur schleunigst das Weite sucht.
Prinz Michael schaut der Alten kopfschüttelnd nach, hebt jedoch die Schlüssel auf, die an einem Eisenring hängen. Neugierig, was er wohl vorfinden wird, begibt er sich zurück zum Turm, dessen Tür jetzt nur angelehnt ist. Sie aufziehend, tritt er in das Halbdunkel dahinter. Tatsächlich kann die Tür von innen durch einen verrosteten Riegel verschlossen werden, was Michael jetzt auch tut, um keine böse Überraschung zu erleben. – Was hat die Alte in diesem Turm getrieben? Hat man sie nur ausgestoßen, weil sie wunderlich geworden ist, oder hat sie hier eine Aufgabe zu erfüllen gehabt? – Beides scheint ihm möglich zu sein, und so will er der Sache auf jeden Fall auf den Grund gehen.
Diese Fragen beschäftigen Michael, während er jetzt langsam die sich im Inneren des Turmes befindlichen Steinstufen nach oben steigt, die sich um eine meterdicke Mittelsäule hinaufschrauben und von dem wenigen Licht, das durch die Löcher fällt, erhellt werden. Außer Spinnweben findet er auf seinem Weg allerdings nichts vor. Sein Atem geht etwas schneller, als er endlich oben ankommt und auf die Brüstung hinaustritt, die er bereits von unten gesehen hat. Ein unangenehmer Wind pfeift ihm hier oben um die Ohren. Doch was soll dieser Turm für einen Sinn haben, wenn hier oben nichts zu finden ist?
Neugierig geht er auf dem balkonartigen Vorsprung um die Mittelsäule herum und hat sie fast umrundet, als er eine weitere hölzerne Tür erreicht, an der allerdings ein schweres Schloss hängt. Also muss dieser Turm doch ein Geheimnis bergen! – Er denkt an den Schlüsselbund der Alten und besieht sich die einzelnen Schlüssel in verschiedenen Größen genauer. Der eine macht auf ihn ganz den Eindruck, als ob er das Vorhängeschloss öffnen könne. Er probiert ihn aus, und tatsächlich springt das Schloss auf! Wird ihm der Turm jetzt sein Geheimnis offenbaren? –
Eine gewisse Aufregung hat ihn ergriffen, als Prinz Michael jetzt langsam mit der Linken die Tür nach innen drückt, jederzeit bereit, sich mit dem gezogenen Dolch zu wehren, falls er
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