Malloreon 4 - Zauberin von Darshiva
hautenges schwarzes Beinkleid, das seine dünnen Waden nicht sehr schmeichelhaft betonte. Er verbeugte sich tief. »Eure Majestät«, grüßte er, »Mylady Vella.«
»Keine Beleidigungen, Javelin!« entgegnete Vella. »Ich habe keinen Titel, also nennt mich nicht ›Mylady‹!«
»Habt Ihr es ihr denn noch nicht gesagt?« fragte Javelin die Königin. »Ich möchte bis zu ihrem Geburtstag damit warten.«
»Worum geht es?« fragte Vella heftig.
»Habt Geduld, meine Liebe«, bat Porenn sie. »Ihr werdet zur richtigen Zeit von Eurem Titel erfahren.« »Ich brauche keinen drasnischen Titel!«
»Jeder braucht einen Titel, meine Liebe – und wenn es nur ›Ma'am‹ ist.« »War sie immer so?« fragte Vella den drasnischen Geheimdienstchef.
»Sie war etwas naiver, als sie noch ihre Milchzähne hatte«, antwortete Javelin liebenswürdig. »Aber sie wurde bewundernswerter, als sich ihre Fänge entwickelten.«
»Dürfte ich um etwas mehr Respekt bitten, Khendon?« rügte Porenn lächelnd. »Wie war Rak Urga?« »Häßlich – wie die meisten murgosischen Städte.« »Und wie geht es König Urgit?«
»Er ist frisch verheiratet, Eure Majestät, das lenkt ihn verständlicherweise ein wenig ab.«
Porenn zog ein Gesicht. »Oje, ich habe kein Hochzeitsgeschenk geschickt!«
»Ich nahm mir die Freiheit, mich darum zu kümmern, Eure Majestät. Ein sehr schönes silbernes Service, das ich in Tol Honeth kaufte – zum Sonderpreis, natürlich. Ich habe ja nur einen begrenzten Etat.«
Porenn bedachte ihn mit einem langen, unfreundlichen Blick.
»Ich gab Eurem Schatzmeister die Rechnung«, fügte er ohne jegliche Verlegenheit hinzu. »Wie verlaufen die Verhandlungen?«
»Überraschend gut, meine Königin. Der König der Murgos ist ganz offensichtlich nicht vom erblichen Irrsinn der Urgas gezeichnet. Tatsächlich ist er äußerst gerissen!«
»Das hatte ich erwartet«, antwortete Porenn fast ein wenig selbstgefällig. »Ihr verheimlicht mir etwas, Porenn«, beklagte sich Javelin.
»Ja. Frauen brauchen ihre kleinen Geheimnisse. Sind die malloreanischen Agenten im Drojim auch gut informiert?«
»O ja.« Javelin lächelte. »Manchmal müssen wir ein bißchen übertreiben, um sicherzugehen, daß sie etwas Bestimmtes mitbekommen, doch im großen und ganzen wissen sie über den Verlauf der Verhandlungen Bescheid. Wir scheinen sie ein wenig zu beunruhigen.« »Ihr habt nicht lange für Eure Rückreise gebraucht.«
Javelin schauderte leicht. »König Anheg stellte uns ein Schiff zur Verfügung. Kapitän war dieser Pirat Greldik. Ich beging den Fehler, ihm zu sagen, daß ich es eilig hatte. Die Fahrt war grauenvoll!« Erneut erklang ein höfliches Klopfen. »Ja?« erkundigte sich Porenn.
Ein Diener öffnete die Tür. »Der Nadraker Yarblek ist zurück, Eure Majestät«, meldete er. »Bittet ihn einzutreten.«
Vella hatte keine Mühe, aus seiner angespannten Miene zu lesen. In vielerlei Hinsicht war ihr Besitzer ein leicht durchschaubarer Mann. Er nahm die schäbige Pelzmütze ab. »Guten Morgen, Porenn«, grüßte er formlos und warf die Mütze in eine Ecke. »Habt Ihr was zu trinken? Ich saß fünf Tage im Sattel und bin am Verdursten.«
»Da drüben.« Porenn deutete auf eine Anrichte neben dem Fenster.
Yarblek brummte, durchquerte das Gemach und schenkte sich einen großen Kelch aus einer Kristallkaraffe ein. Nach einem tiefen Schluck fragte er: »Javelin, habt Ihr Leute in Yar Nadrak?«
»Ein paar«, antwortete der Chef des Nachrichtendiensts vorsichtig.
»Habt ein Auge auf Drosta. Er führt etwas im Schild!« »Tut er das nicht immer?«
»Das möchte ich nicht bestreiten, aber das jetzt könnte sich als etwas Ernsteres erweisen. Er hat die Verbindung mit Mal Zeth wieder aufgenommen. Er und Zakath haben nicht mehr miteinander geredet, seit er bei Thull Mardu die Seiten wechselte. Aber jetzt tun sie es wieder. Es gefällt mir nicht.«
»Seid Ihr sicher? Keiner meiner Agenten hat es gemeldet.«
»Dann habt Ihr sie vermutlich im Palast. Aber Drosta erledigt dort keine wichtigen Geschäfte. Schickt sie in eine Hafenkneipe im Diebesviertel. ›Zum einäugigen Hund‹ heißt sie. Drosta besucht sie, um sich zu amüsieren. Der Gesandte von Mal Zeth hat sich bereits ein paarmal mit ihm in einer Kammer im ersten Stock getroffen – nachdem Drosta sich von den Mädchen losreißen konnte.«
»Ich werde sofort einige Leute darauf ansetzen. Habt Ihr eine Ahnung, was sie miteinander besprachen?«
Yarblek schüttelte den Kopf und
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